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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Galle

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Galle.

erboten, als außerordentlicher Gesandter nach Petersburg und nachher, da England die direkte Verhandlung mit den Vereinigten Staaten verlangte, nach Gent, wo der Friede von ihm mit unterzeichnet wurde. 1815 erhielt er eine diplomatische Mission nach England und bekleidete 1816-23 den amerikanischen Gesandtschaftsposten zu Paris. Nachdem er 1826 nochmals in einer außerordentlichen Sendung in London gewesen, lebte er zu New York vorzugsweise den Wissenschaften. Als eifriger Freihändler aus Adam Smiths Schule beteiligte er sich daneben bei der Freihandelskonvention in Philadelphia und wurde Präsident der Nationalbank, welche Stelle er bis 1839 bekleidete. Er starb 12. Aug. 1849 in Astoria bei New York. Von seinen politischen Schriften, meist kleinern Umfanges und durch die Gelegenheit hervorgerufen, behandeln die bedeutendsten finanzielle Fragen. Mit großem Eifer widmete er sich in den letzten Jahrzehnten dem Studium der Altertümer und der Ethnographie Amerikas und errang sich durch seine Werke, wie: "Synopsis of the Indian tribes within the United States and in the British and Russian possessions in North America" (Worcester 1836) und "Semi-civilized nations of Mexico, Yucatan and Central America" (New York 1845), den Rang einer der ersten Autoritäten auf diesem Gebiet der Forschung. Seine Schriften wurden gesammelt herausgegeben von E. Adams (Philad. 1879, 3 Bde.). Vgl. Adams, Life of A. G. (Philad. 1879); Stevens, A. G. (Boston 1884).

Galle (Bilis, Fel), eigentümliche tierische Flüssigkeit, das Absonderungsprodukt der Leber, aus welcher sie teils direkt in den Zwölffingerdarm abfließt, teils in die Gallenblase (s. d.) übergeht, um von hier aus in den Darm zu gelangen. Normale G. ist vollkommen flüssig und frei von geformten Beimengungen. Frische G. reagiert neutral oder schwach alkalisch; letztere Reaktion scheint von dem ihr reichlich beigemengten Schleim herzurühren, welcher von den in der Wand der größern Gallengänge gelegenen Schleimdrüsen abgesondert wird. Stetig abfließende G. ist dünnflüssig; ist ihr Abfluß gehindert, so wird sie durch Wasserresorption dickflüssiger und zugleich reicher an Schleim. Ihr spezifisches Gewicht schwankt zwischen 1,026 und 1,032. Die Farbe der G. in der Gallenblase ist gelb, grün, braun bis schwarzbraun. An der Luft färbt sich die G. grün, welche Farbe der G. der Vögel und Pflanzenfresser schon während des Lebens eigentümlich ist. Die charakteristischen Bestandteile der G. sind die Gallensäuren und die Gallenfarbstoffe. Die Gallensäuren, nämlich die Glykocholsäure und die Taurocholsäure, sind sogen. gepaarte Säuren; beide sind stickstoffhaltig und die Taurocholsäure (Choleinsäure) wegen ihres Gehalts an Taurin außerdem reich an Schwefel (3,21 Proz.). Diese Säuren sind in der G. an Natron gebunden. Die Glykocholsäure kommt besonders in der G. der Pflanzenfresser vor. Sie geht aus einer Paarung des Glykokolls mit der Cholalsäure hervor und steht in ihrer Konstitution, wie übrigens auch die Taurocholsäure, der Hippursäure nahe. Wird sie mit Salzsäure gekocht, so zerfällt sie in Glykokoll und Cholalsäure. Die Taurocholsäure wird sehr leicht in Taurin und Cholalsäure zerlegt. Die Gallensäuren sind die Ursache des bittern Geschmacks der G. Hyocholsäure stellt einen der Cholalsäure sehr nahestehenden Körper dar, der in Paarung mit Glykokoll sowohl als mit Taurin in der G. des Schweins angetroffen wird. Die G. der meisten Wirbeltiere enthält zwei Farbstoffe, von denen der eine, das Biliverdin, durch Einwirkung des Sauerstoffs aus dem andern, dem Bilirubin, dargestellt werden kann. Von sonstigen Bestandteilen der G. sind neben dem Wasser (ca. 90 Proz.) zu nennen: Mucin, Fette, Cholesterin, Lecithin, Cholin, Glycerinphosphorsäure, außerdem eine nicht unerhebliche Menge von Salzen, unter denen das Eisen eine besondere Wichtigkeit hat. Die Absonderung der G. in der Leber erfolgt stetig, unter sehr geringem Druck und wird durch anhaltendes Hungern wohl verringert, nicht aber unterdrückt. Die G. wird gebildet durch die Thätigkeit der Leberzellen, und das Material, aus welchem sie bereitet wird, ist hauptsächlich das Blut, welches durch die Pfortader in die Leber einströmt, also das aus dem Magen, dem Darmkanal und der Milz stammende Venenblut. Die spezifischen Bestandteile der G. sind nicht als solche im Blut enthalten, sondern sie werden durch die Thätigkeit der Leberzellen in diesen letztern erst gebildet, indem die Leberzellen aus dem Pfortaderblut gewisse Bestandteile in sich aufnehmen, chemisch umwandeln und schließlich an die Gallenwege abgeben. Leber sowohl als Lebervenenblut besitzen eine sehr hohe Temperatur, ein Beweis, daß in der Leber lebhafte Oxydationsprozesse verlaufen. Der Gallenfarbstoff bildet sich höchst wahrscheinlich durch die vermittelnde Thätigkeit der Leberzellen aus dem Farbstoff der roten Blutkörperchen heraus. Die Gallenbildung in der Leber ist zwar stetig, aber in Bezug auf ihre festen Bestandteile am reichlichsten, wenn die Verdauung der Eiweißkörper auf ihrer Höhe angekommen ist, also etwa 3-8 Stunden nach einer Mahlzeit. Versuche haben ergeben, daß die Menge der abgesonderten G. wächst mit der Menge von Eiweißstoffen, welche in der Nahrung gegeben wird, während reine Fettkost die Gallenmenge herabsetzt. Die Größe des in einer gewissen Zeit abgesonderten Gallenvolumens ist abhängig von der Flüssigkeits- oder Blutmenge, welche in dieser Zeit durch die Blutgefäße der Leber strömt. Eine blutarme Leber sondert wenig, eine blutreiche Leber viel G. ab. Die Menge G., welche ein erwachsener Mensch durchschnittlich in 24 Stunden absondert, scheint nach neuern Beobachtungen etwa 550-650 g zu betragen, welchen etwa 20 g feste Bestandteile (darunter 54 Proz. Gallensäuren) entsprechen. Die physiologische Bedeutung der G. bezieht sich vorzugsweise auf die Resorption der Fette im Darm. Eine chemische Einwirkung übt die G. auf neutrale Fette nicht aus; dagegen vermag sie die im Darm vorhandene Fettsäure, indem sie dieselbe an ihre Alkalien bindet, zu verseifen. Freilich wird auf diese Weise kein großer Effekt erzielt, weil nur verhältnismäßig wenig Fettsäuren, welche aus der Fettzerlegung durch den Bauchspeichel hervorgehen, im Darm vorhanden sind. Die Wirkung der G. bei der Fettresorption ist vielmehr eine vorwiegend mechanische. Die G. hat die höchst wichtige Eigenschaft, daß sie sich mit Fett sowohl als mit Wasser zu mischen vermag. Indem nun die in den Darm ergossene G. in die Schleimhaut des Darms eingesaugt wird und die feinen Öffnungen und Poren der Darmzotten erfüllt, macht sie den im Chymus suspendierten Fetten den Übergang in die Darmzotten möglich. Das Fett kann eben nicht durch die Poren der Zellenwände hindurchgehen, welche mit Wasser durchtränkt sind, weil sich Fett und Wasser nicht mischen können. Wenn aber die Poren der Zellenwände an Stelle des Wassers mit G. erfüllt sind, so kann das Fett, indem es sich mit der G. mischt, durch die Zellenwände hindurchdringen. Man kann diesen Vorgang erläutern durch zwei Papierfilter, von denen