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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Gand; Gandak; Gandamak; Gandecken; Gandersheim; Gandharwa; Gandia; Gandin; Gando; Gandscha; Ganeça; Ganerbschaft

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Gand - Ganerbschaft.

Anziehen des Kopfes den untern Halsrand zwischen sich aufzunehmen, so daß der Kehlkopf eingezwängt wird.

Gand (spr. gang), franz. Name für Gent.

Gandak (Gunduk), Nebenfluß des Ganges in Indien, entspringt in sieben Quellströmen am Südabhang des zentralen Himalaja, zwischen Dhawalagiri und Dajabang, durchfließt Nepal, tritt, schon ein gewaltiger Strom, auf eine kurze Strecke die Grenze gegen die Nordwestprovinzen bildend, in Bihar ein und mündet nach 700 km langem Lauf bei Hadschipur gegenüber Patna in den Ganges, dem er je nach den Jahreszeiten zwischen 291 und 7448 cbm Wasser pro Sekunde zuführt. Barken von 35-50 Ton. befahren den Fluß in einer Länge von 300 km; für Dampfer ist er zu reißend. Da sein Bett höher liegt als die anstoßenden Ebenen, hat man ihn mit Dämmen eingefaßt, die er aber bisweilen zerstörend durchbricht. Östlich von und parallel mit ihm fließt der Kleine G. (Buri G.), ehemals eine Abzweigung, jetzt aber abgedämmt ein selbständiger Fluß, dessen Quellfluß der Harha ist; er mündet nach 150 km langem Lauf unweit Monghir in den Ganges und ist bis Mozasurpur für Barken von 50 T. schiffbar. Der G. ist der Kondochates der griechischen Geographen.

Gandamak, Stadt im nordöstlichen Afghanistan, an der Straße von Kabul nach Peschawar. Hier wurden 1842 die Reste des dem Blutbad von Dschagdalak entronnenen englischen Heers vernichtet und 1879 ein Vertrag unterzeichnet, welcher den ersten afghanischen Krieg beendete (s. Afghanistan, Geschichte, S. 146).

Gandecken, s. v. w. Moränen.

Gandersheim, Kreisstadt im Herzogtum Braunschweig, 6 km nordöstlich vom Eisenbahnknotenpunkt Kreiensen, 133 m ü. M., in einem tiefen Thal an der Gande (Nebenflüßchen der Leine) und an der Linie Holzminden-Oschersleben der Braunschweigischen Staatsbahn, hat ein fürstliches Schloß (jetzt Sitz der Behörden), zwei alte Kirchen (Georgs- und Stiftskirche), das Gebäude der alten berühmten Abtei mit dem Kaisersaal, ein Wilhelm-Augustastift (Feierabendhaus für Lehrerinnen, 1883 gegründet), ein Amtsgericht und (1880) 2507 Einw., welche Zigarren-, Zucker-, Spritfabrikation, Damast-, Lein- u. Baumwollweberei und Möbeltischlerei betreiben. - G. war ursprünglich eine Abtei, die 852 von Herzog Ludolf von Sachsen in Brunshausen gegründet, 856 aber hierher verlegt, mit einem Stift für adlige Damen verbunden ward und bald zu bedeutendem Reichtum gelangte. Ein Streit zwischen dem Erzstift Mainz und dem Bistum Hildesheim wurde 1006 dahin entschieden, daß G. letzterer Diözese zugewiesen ward; doch setzte zu Anfang des 13. Jahrh. die Äbtissin durch, daß das Stift direkt dem Papst unterstellt wurde. Im 12. Jahrh. erlangte die Äbtissin reichsfürstliche Würde, und diese Auszeichnung blieb bestehen, selbst als das Stift 1568 protestantisch geworden war. Meist wurden Prinzessinnen aus angesehenen deutschen Fürstenhäusern zu Äbtissinnen des Stifts berufen, die Sitz und Stimme auf der rheinischen Prälatenbank und einen großen Lehnshof hatten. 1803 zog der Herzog von Braunschweig als Landesherr das Fürstentum ein. Die mittelalterliche Dichterin Hrotsuit (s. Hroswitha) lebte um 980 als Nonne in G. Auf dem nahen Klusberg (ehedem mit dem Kloster Klus) seit 1874 Denkmal des Dichters Hoffmann von Fallersleben. Vgl. Harenberg, Historia ecclesiae Gandersheimensis diplomatica (Hannov. 1734); Hase, Mittelalterliche Baudenkmäler Niedersachsens, Bd. 3 (das. 1870); Brakebusch, Führer durch G. (1882).

Gandharwa, in der ind. Mythologie eine Klasse niederer Götter, im Weda in innigster Beziehung zur Sonne stehend, Beschützer und Spender des himmlischen Soma (s. d.), Kenner und Verkünder göttlicher Geheimnisse. Ihre Frauen sind die Apsaras (s. d.). In der spätern Litteratur erscheinen sie als die himmlischen Musiker in Indras Hofstaat. Die von A. Kuhn (in der "Zeitschrift für vergleichende Sprachforschung", Bd. 1) behauptete Identität der G. mit den griechischen Kentauren ist neuerdings von H. E. Meyer ("Indogermanische Mythen", Bd. 1, Berl. 1883) als unzweifelhaft erwiesen worden. Eine G.-Ehe heißt eine aus bloßer Neigung, ohne die üblichen religiösen und gerichtlichen Zeremonien geschlossene Ehe, wie die der Sakuntala in dem gleichnamigen Drama Kalidasas (s. d.).

Gandia, Bezirksstadt in der span. Provinz Valencia, am Alcoy, 3 km vom Meer, in einer herrlichen Huerta gelegen, mit der Bahn von Valencia durch Tramway verbunden, hat Ringmauern, einen alten Palast der Herzöge von G., einen Hafen (Grao) und (1878) 7604 Einw., welche Reiskultur, Export von Orangen und Rosinen sowie Küstenhandel treiben.

Gandin (franz., spr. gangdäng, vom Boulevard de Gand in Paris), Geck, Modenarr (vgl. Petit-crevé).

Gando (Gwandu, Igwandu), Reich der Fulbe im westlichen Sudân, östlich von Massina, zu beiden Seiten des Niger südlich bis zur Mündung des Binuë, besteht aus mehreren Provinzen, die locker unter sich verbunden sind, 203,309 qkm (3692 QM.) groß mit 5½ Mill. Einw. Die einzelnen Landesteile Gandos sind: die Westhälfte der Landschaft Kebbi mit der Hauptstadt Gando und der jetzt verfallenen Stadt Birni-n-Kebbi (einst Mittelpunkt eines mächtigen Königreichs); ferner die wüstenartige Landschaft Mauri (Arewa), Saberma mit einem breiten Natronthal, Dendima, ein großer Teil von Gurma und ein kleiner von Borgu, ein großer Teil von Joruba mit der Stadt Ilori, Jaurie und endlich die Landschaft Nupe, die blühende Baumwollindustrie hat. Beherrscht wird G. von einem Sultan, der jenem von Sokoto stammverwandt, aber unterthan ist.

Gandscha, s. Jelissawetpol.

Ganeça ("der Anführer des Gefolges" des Siwa), unter den brahmanischen Göttern zweiten Ranges der populärste, Gott der Klugheit, den man beim Beginn jedes Unternehmens anruft, und mit dessen Namen jedes Buch anfängt (namo Ganeçâya, d. h. Verehrung dem G.), dargestellt mit einem Elefantenkopf und auf einer Ratte reitend. Sein Bild findet sich fast in allen Tempeln, nicht bloß in den ihm speziell geweihten, und in den Häusern, da er als Beschützer des Hauses an die Stelle des wedischen Agni (s. d.) getreten ist. - G. heißt auch der Verfasser eines Kommentars zum Lingapurâna aus dem 19. Jahrh. (mit dem Hauptwerk Bombay 1858).

Ganerbschaft (v. altd. geanervo, "Mitanerbe"), im ältern deutschen Rechte die Vereinigung mehrerer Personen oder Familien zu gemeinsamem Besitz und gemeinsamer Benutzung eines Gutes, namentlich einer Burg (Ganerbenhaus, Ganerbenschloß). Dergleichen Vereinigungen zu einem Gesamteigentum entstanden nicht nur durch die gleichzeitige Berufung mehrerer Miterben zu einem und demselben Nachlaßgegenstand, sondern auch durch die gemeinschaftliche Erbauung oder Eroberung einer Burg. Namentlich bei der fränkischen Ritterschaft kamen solche Verhältnisse vor, und Spuren des ehemaligen Ganerbenrechts haben sich bis in die neueste Zeit, insbesondere auf dem Gebiet des Näherrechts (s. d.), erhalten. Übri-^[folgende Seite]