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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Gang

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Gang (Geologie).

gens wurde der Ausdruck Ganerben auch als gleichbedeutend mit Miterben (coheredes) überhaupt gebraucht, wie denn auch unter G. gemeinsamer Besitz und ein gemeinsamer Besitzgegenstand schlechthin verstanden ward. Auch versteht man unter Ganerben die Seitenverwandten. Vgl. Wippermann, Kleine Schriften (Wiesb. 1873).

Gang (hierzu Tafel "Gangbildungen"), in der Geologie und dem Bergbauwesen Bezeichnung der mit einer von der Umgebung (Nebengestein) abweichenden Mineral- oder Gesteinsmasse erfüllten Spalten oder Klüfte, welche das Nebengestein in einer von der Lagerung desselben unabhängigen Richtung durchsetzen. Die Gänge sind von sehr verschiedener Länge und Mächtigkeit. Die Mächtigkeit ist dabei nicht überall gleich, die Gangspalten thun sich auf und verengern sich bis zur Verdrückung. Dabei gabeln sich die Spalten (Textfig. 1) oft in ihrem Verlauf, häufig um sich wieder zu vereinigen; ihr Ende keilt sich bald aus, bald zerteilt es sich in kleinere Spalten (zertrümmert, wohl richtiger: zertrümert, Textfig. 2); oft ziehen sich kleinere Klüfte (Trume, Apophysen) von der Hauptspalte in das Nebengestein (Fig. 6 der Tafel). Meist verlaufen sie in bestimmter Richtung (Streichen der Gänge, vgl. Schichtung), doch nehmen sie wohl auch scharfwinkelig eine andre Richtung an (schlagen einen Haken). Meist setzen sie in unbekannte Tiefe in den verschiedensten Richtungen nieder, von der senkrechten bis zur nahezu horizontalen (ihr Fallen); doch kommt auch ein Auskeilen nach unten vor. Gänge von geringer Tiefe und Länge nennt man Rasenläufer. Da die Spaltenbildung die Existenz des Nebengesteins voraussetzt, der G. aber eine ausgefüllte Spalte darstellt, so ist der G. stets jünger (unter Umständen viel jünger) als das Gesteinen welchem er aufsetzt. Nach der Natur der sie ausfüllenden Mineralien und Gesteine unterscheidet man: Gesteins-, Mineral- (taube) und Erzgänge im Gegensatz zu den trocknen, nicht ausgefüllten Klüften. Gesteinsgänge sind Spalten, erfüllt von Eruptivgesteinen (Granit, Diabas, Porphyr, Trachyt, Basalt, Laven etc.; Fig. 1, 2 und 6 der Tafel). Sie stehen häufig mit Kuppen, Decken und Strömen, aus dem gleichen Gesteinsmaterial gebildet, im Zusammenhang, zu denen sie die Zuführungswege bilden. Die Mineralgänge (Fig. 3, 4 der Tafel) sind mit verschiedenen Mineralien, Quarz, Kalk-, Braun-, Schwer-, Flußspat, am seltensten mit Silikaten (Zeolithen) und zwar meist mit mehreren dieser Mineralien in symmetrisch lagenweiser Anordnung den Begrenzungsebenen des Ganges parallel erfüllt (Fig. 8 der Tafel). Kommen in den Mineralgängen nutzbare Erze vor, so werden sie zu Erzgängen (Fig. 7, 8, 9 der Tafel). Nur selten erfüllt das nutzbare Erz, wie z. B. der Spateisenstein, den ganzen Gangraum; meist kommen die Erze in Gesellschaft mit jenen oben genannten Mineralien, den sogen. Gangarten, zusammen und zwar in sehr ungleicher Anhäufung vor; Stellen größerer Anhäufung sind dann die sogen. Erzpunkte oder Erzmittel. Wird ein Mineralgang in seinem weitern Verlauf erzführend, so veredelt er sich; hört die Erzführung eines Erzganges auf, so wird er taub. In manchen Fällen dringen vom G. aus Erze wie Mineralien in das Nachbargestein ein, so daß die Grenze zwischen G. und Nebengestein verwischt wird und beide ineinander übergehen, in vielen Fällen ist aber auch die Grenze scharf; unterscheidet sie sich dann von der übrigen Ausfüllung des Ganges, so nennt man dieselbe ein Saalband, und trennt eine lettige Ablösung Gangmasse und Nebengestein voneinander, so entsteht ein Besteg. Nicht selten ist die Grenze ein glänzender, gestreifter Spiegel oder Harnisch. Bei Gesteinsgängen läßt sich mitunter eine auf die hohe Temperatur des im flüssigen Zustand in der Spalte aufsteigenden Materials zurückführbare Einwirkung auf das begrenzende Gestein nachweisen (Frittung von Sandsteinen, Verkokung von Kohlen; vgl. Metamorphismus und Fig. 1 der Tafel).

Nach Streichen und Fallen werden die Gänge unterschieden als schwebende Gänge mit höchstens bis 15° von der horizontalen Lage abweichendem Neigungswinkel, flach fallende Gänge mit 15-45° Neigung, tonnlägige Gänge mit 45-75° Neigung, steile Gänge mit 75-89° Neigung und seigere von senkrechter Richtung. Laufen mehrere Gänge nebeneinander parallel, so entsteht dadurch ein Gangzug. Wichtiger noch als die Verschiedenheit der Winkel gegen den Horizont ist die verschiedene Lage, welche die Gänge zu den Schichten der durchsetzten Gesteine einnehmen. Auch hier kommen alle Winkel vom rechten Winkel bis zur Parallellage vor (vgl. Lagerung im Artikel "Erzlagerstätten" und Fig. 2 u. 4 der Tafel). Oft ist der ersten Spaltenbildung und Ausfüllung der Spalten das Aufreißen und Ausfüllen neuer gefolgt (Fig. 1, 2, 6 der Tafel und Textfig. 1 und 2); treffen solche neue Gänge unter einem sehr schiefen Winkel auf ältere, so scharen sich solche Gänge den ältern an und folgen auf längere oder kürzere Strecken der alten Richtung; treffen sie dieselben aber unter Winkeln, die sich mehr dem rechten nähern, so durchsetzen sie die alten Gänge, kreuzen sich mit ihnen (Fig. 6 der Tafel). Meist findet hierbei eine Verschiebung der einander kreuzenden Gänge statt; selten setzt der zerrissene ältere G. in gleicher Flucht jenseit des jüngern fort; gewöhnlich trifft man ihn erst höher oder tiefer wieder, meist in der Richtung des stumpfen Winkels, den der verworfene G. mit dem jungen bildet. Die Natur der Erze eines Ganges wechselt auch nach der vertikalen Ausdehnung, welche oft außerordentlich groß ist, nach der sogen. Teufe. Während in den untern Teufen die Schwefelmetalle, wie Bleiglanz auf Bleigängen, Kupferkies und Buntkupfererz auf Kupfergängen, vorherrschen, finden sich Oxyde, Phosphate, Arseniate und Carbonate zunächst am Tag, oft eine ganz ockerige regellose Anhäufung von Erzen, mitunter mit fein zerteilten oder dendritischen gediegenen Metallen bildend; dieses ockerige obere Ende nennt der deutsche Bergmann den eisernen Hut. Die Beschaffenheit der Gänge wechselt ferner mitunter mit der Natur des Nebengesteins; so sind z. B. die Kobalterzgänge der Dyasformation nur, soweit sie mit Weißliegendem und Kupferschiefer in Berührung bleiben, erzreich, tiefer im Rotliegenden aber und höher im Zechstein verunedeln sie sich. Endlich ist

^[Abb.: Fig. 1. Gabelung und Verwerfung von Gangspalten.]

^[Abb.: Fig. 2. Zertrümmerung und Verwerfung.]