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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

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Grafenau - Graff.

gie (das. 1885). Am 22. Mai 1882 wurde sein Denkmal in Berlin (modelliert von Siemering, s. Tafel "Bildhauerkunst X", Fig. 3) enthüllt.

4) Karl Alfred, Mediziner, geb. 1830 zu Martinskirchen in der Provinz Sachsen, Vetter des vorigen, studierte 1850-54 in Halle und Berlin, auch einige Zeit in Paris, ward 1853 Assistent bei Albrecht v. Gräfe und wohnte bis 1857 der ganzen Neugestaltung der Ophthalmologie bei. 1858 habilitierte er sich in Halle für Augenheilkunde und begründete gleichzeitig eine Anstalt für Augenkranke. 1873 erhielt er die ordentliche Professur der Augenheilkunde in Halle. G. ist seit dem Tod seines Vetters der Hauptvertreter der nach letzterm benannten Schule. Er hat sich sowohl durch seine akademische Lehrthätigkeit als durch seinen rastlosen Eifer in der augenärztlichen Praxis und als ausgezeichneter Operateur einen so großen Ruf erworben, daß jährlich etwa 4000 Kranke bei ihm Hilfe suchen. Er schrieb: "Klinische Analyse der Motilitätsstörungen des menschlichen Auges" (Berl. 1858); "Symptomenlehre der Augenmuskellähmungen" (das. 1867); "Ein Wort zur Erinnerung an A. v. Gräfe" (Halle 1870). Mit Sämisch u. a. gab er das "Handbuch der gesamten Augenheilkunde" (Leipz. 1874-80, 7 Bde.) heraus, für welches er die Motilitätsstörungen bearbeitete.

Grafenau, Stadt im bayr. Regierungsbezirk Niederbayern, nördlich von Passau, an der Kleinen Ohe und an der (1886 im Bau begonnenen) Eisenbahn Zwiesel-G., hat eine Pfarrkirche, ein Bezirksamt, ein Amtsgericht, Zündholzdrahtfabrikation, Holzhandel und (1885) 1181 kath. Einwohner. In der Nähe befinden sich mehrere bedeutende Glashütten, Holzstoff- und Zündholzdrahtfabriken.

Gräfenberg, 1) Stadt im bayr. Regierungsbezirk Oberfranken, Bezirksamt Forchheim, 382 m ü. M., hat ein Amtsgericht, ein Schloß, Obst- und Gemüsebau und (1885) 1181 meist evang. Einwohner. Südwestlich der Eberhartsberg mit dem Teufelstisch und Aussicht. - 2) Kurort in Österreichisch-Schlesien, Bezirkshauptmannschaft Freiwaldau, in reizender Gegend, auf einem Vorberg des 1000 m hohen Hirschbadkammes, 474 m ü. M. gelegen, mit der von Vinzenz Prießnitz (gest. 1851) hier 1826 gegründeten ersten und berühmtesten Kaltwasserheilanstalt Deutschlands, welche gegenwärtig von ca. 1500 Personen im Jahr besucht wird. Dem Gründer ist daselbst ein Denkmal errichtet worden. Westlich davon am Staritzbach Nieder-Lindewiese, gleichfalls mit Heilanstalt (sogen. "Semmelkur"), (1880) 2493 Einw. und Marmorbrüchen. Vgl. Kutschera, G., Beschreibung der Heilanstalt (Wien 1873); Becker, Der Kurort G. und Umgegend (4. Aufl., Beuthen 1880); Kofrányi, Die Gräfenberger Wasserkur (Freiwaldau 1884); Kutschera, Lindewiese (das. 1880); Kettner, Führer durch die Kurorte G. und Lindewiese (das. 1886). - 3) Ein berühmter Weinberg im Rheingau des preuß. Regierungsbezirk Wiesbaden, mit der schönen Burgruine Scharfenstein, beim Dorf Kiedrich, liefert einen trefflichen Rheinwein (Gräfenberger).

Grafenburg, s. Brumath.

Gräfenhainichen, Stadt im preuß. Regierungsbezirk Merseburg, Kreis Bitterfeld, 96 m ü. M., an der Linie Berlin-Halle der Preußischen Staatsbahn, hat eine Schloßruine, ein Amtsgericht, eine große Buchdruckerei, Weberei, Tabaksbau und (1885) 2999 evang. Einwohner. G. ist Geburtsort Paul Gerhardts, dem 1844 hier eine Begräbniskapelle errichtet wurde.

Grafenort, Dorf im preuß. Regierungsbezirk Breslau, Kreis Habelschwerdt, an der Neiße, hat ein Schloß des Grafen von Herberstein mit ausgezeichneter Schäferei, eine große Mühle und (1885) 1586 kath. Einw.

Gräfenthal, Stadt in Sachsen-Meiningen, Kreis Saalfeld, im tiefen Thal der Zopte, 399 m ü. M., hat ein Amtsgericht, eine Porzellanfabrik, bedeutende Schiefer- und Wetzsteinbrüche, Verfertigung von Schiefertafeln und Griffeln, womit bedeutender Engroshandel betrieben wird, und (1885) 2237 evang. Einwohner. Im NW. das alte Schloß Wespenstein. G. besaß schon 1337 Stadtrechte und gehörte damals den Grafen von Pappenheim.

Gräfentonna, Flecken in Sachsen-Gotha, an der Tonna, mit Amtsgericht (Tonna), Schloß, Zuchthaus und (1885) 1923 evang. Einwohnern.

Grafenwöhr (Grafenwörth), Stadt im bayr. Regierungsbezirk Oberpfalz, Bezirksamt Eschenbach, 408 m ü. M., mit Schloß und (1885) 1075 kath. Einw.

Graff, 1) Anton, Maler, geb. 18. Nov. 1736 zu Winterthur, bildete sich bei J. ^[Johann] Ulrich Schellenberg in seiner Vaterstadt und ließ sich dann in Augsburg nieder, wo er sich mit dem Kupferstecher Bause verband. Nach zeitweiligem Aufenthalt in München und Regensburg ward er nach Dresden berufen, wo er 1766 zum Hofmaler ernannt wurde und 22. Juni 1813 starb. Nach einem von ihm selbst aufgesetzten Verzeichnis seiner Werke malte er 297 Porträte, 943 Originalgemälde und 415 Kopien, wozu noch 322 Zeichnungen mit Silberstift, mehrere Landschaften alla prima in Öl und 3 radierte Blätter kommen. Seine künstlerische Bedeutung liegt nicht in seinen Kompositionen historischen und allegorischen Inhalts, die vergessen sind, sondern in seinen Bildnissen. Er hatte das Glück, die erlauchtesten Geister seiner Zeit zu porträtieren, von denen er uns lebendige, charaktervoll aufgefaßte, von keinem Zeitgeschmack befangene und naturgetreue Abbilder hinterlassen hat, so daß man ihn mit Recht den "Porträtmaler unsrer Klassiker" nennt. Er malte unter andern: Lessing, Herder, Gellert, Hagedorn, Weiße, Schiller, Tiedge, Sulzer, Gluck. Vgl. Muther, Anton G. (Leipz. 1881). - Sein Sohn Karl Anton, Landschaftsmaler, geb. 1774 zu Dresden, Schüler von Zingg, bereiste die Schweiz und Italien, kehrte nach sechsjährigem Aufenthalt in Rom nach Dresden zurück und starb 9. März 1832. In seinen Gemälden sind besonders die verschiedenen Wirkungen des Lichts gut wiedergegeben.

2) Johann Jakob, namhafter Schauspieler, geb. 23. Sept. 1768 zu Georgenthal bei Kolmar, studierte anfangs in Straßburg Theologie, wandte sich dann der Schauspielkunst zu und debütierte 1789 in Köln als Cassio (im "Othello"). Nachdem er in der Bossaschen Gesellschaft in zahlreichen Städten Süddeutschlands gespielt hatte, erhielt er 1793 Engagement an der Hofbühne in Weimar, der er seitdem bis 1841 angehörte. Er starb 20. März. 1848 in Weimar. G., auf dessen schauspielerische Entwickelung Goethe wie Schiller großen Einfluß hatten, leistete in ernsten und würdevollen wie in heitern Rollen Ausgezeichnetes und ist namentlich als erster Darsteller vieler klassischer Rollen bemerkenswert. Hauptleistungen von ihm waren: Götz, Alba, Odoardo, König Philipp, Wallenstein etc.

3) Eberhard Gottlieb, Sprachforscher, geb. 10. März 1780 zu Elbing in Preußen, studierte zu Königsberg, kam 1810 als Regierungs- und Schulrat nach Marienwerder, 1814 in gleicher Eigenschaft nach Arnsberg, dann nach Koblenz. Seit 1820 aus seinem bisherigen Wirkungskreis geschieden, wurde er 1824 Professor der deutschen Sprache an der Uni-^[folgende Seite]