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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Holbein

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Holbein (Maler) - Holbein (Franz Ignaz von).

in ganz andre Kreise. Th. More, mittlerweile Kanzler geworden, trat bald nachher zurück. H. fand zunächst Beschäftigung durch seine Landsleute, die Kaufleute vom hansischen Stahlhof. Zwischen 1532 und 1536 porträtierte er viele von ihnen; dergleichen Bildnisse kommen vor in Windsor, Braunschweig, München, Wien, Petworth; das schönste ist das des Georg Gisze von 1532 im Museum zu Berlin. Im J. 1533 fertigte er für die Hansen den Entwurf eines prächtigen Schaugerüstes mit dem Parnaß zum Krönungseinzug der Königin Anna Boleyn; dann malte er für die Dekoration ihrer Gildhalle auf Leinwand die großen Darstellungen der Triumphe des Reichtums und der Armut, die untergegangen sind, und von deren vollendetem Stil uns nur die Skizze der erstern im Louvre und ältere Nachbildungen einen Begriff geben. Sein berühmtestes Porträt dieser Periode ist das große Bild von 1533 zu Longford Castle, das in ganzen Figuren den Dichter und Diplomaten Sir Thomas Wyat und einen gelehrten Freund darstellt. Um dieselbe Zeit malte er den Staatsmann Sir Thomas Cromwell (zu Tittenhanger). Seit 1536 war er nachweisbar im Dienste des Königs thätig. Er malte 1537 Heinrich VIII. und seine dritte Gemahlin, Jane Seymour, hinter ihnen die Eltern des Königs, an die Wand eines Gemachs zu Whitehall, ein hochgepriesenes Werk, das beim Brande des Schlosses zu Grunde ging, und von dem nur eine kleinere Kopie (zu Hampton Court) sowie der Karton der männlichen Figuren (zu Hardwick Hall, im Besitz des Herzogs von Devonshire) erhalten ist. Das vorzügliche Porträt der Jane Seymour ist im Belvedere zu Wien. Ihren Sohn, den Prinzen Edward, malte der Künstler 1538 als kleines Kind (Hannover, Welfenmuseum). Im Frühling d. J. war er als Brautmaler nach Brüssel geschickt worden, um die Herzogin Christine von Mailand, um welche der König freite, zu porträtieren. Das ausgeführte Bild in ganzer Figur, zu Arundel Castle, ist eins seiner Hauptwerke. Im Herbste d. J. machte er einen Besuch in Basel, wo der Rat mit ihm ein neues Abkommen traf, dem zufolge H. noch zwei Jahre Urlaub erhielt, danach wieder heimkehren und ein Dienstgeld von 50 Gulden empfangen sollte, während bis dahin seiner Frau 40 Gulden verheißen wurden. H. erfüllte den Kontrakt jedoch später nicht. 1539 ward er nach dem Niederrhein geschickt, um das Brautporträt von Anna von Kleve zu malen (Louvre). Zu seinen berühmtesten Bildnissen gehören ferner: Sir Richard Southwell, 1536 (Uffizien zu Florenz), der Goldschmied Hubert Morrett (Dresden, Holbeins bestes Porträt), der Herzog von Norfolk (Windsor), Dr. John Chamber (Wien, Belvedere), die vereinigte Barbier- und Chirurgengilde, vom König ihre Privilegien empfangend (im Zunfthaus Barbershall zu London), eins seiner letzten Werke, von fremder Hand vollendet. Nur ein kleiner Bruchteil der in Galerien ihm beigemessenen Stücke rührt wirklich von ihm her. Die echten Gemälde werden durch die meisterhaften Studien nach dem Leben, von denen die reichste Sammlung zu Windsor, ergänzt. Durch den Geschmack der Engländer fast gänzlich auf das Bildnis beschränkt, zeigte er sich auch auf diesem Feld in ganzer Größe. Unter dem Einfluß des Quintin Massys eignete er sich eine zartere und feinere Charakteristik, eine klarere Farbe, eine sorgfältigere Pinselführung an. Die Zartheit und Vollendung in allen Beiwerken ist kaum zu übertreffen. Außerdem malte er in Miniatur, zeichnete aufs neue für den Holzschnitt, entwarf den Titel zu Coverdales erster englischer Bibel (1535), drei zum Teil satirische Blätter zu Cranmers Katechismus (der Zeitverhältnisse wegen erst 1548 erschienen), König Heinrich VIII. im Rat für Halls Chronik. Im Auftrag des Königs fertigte H. zahlreiche Entwürfe für kunstindustrielle Arbeiten, besonders der Goldschmiedekunst, in denen er sein Stilgefühl und seine reiche Phantasie glänzend bewährte und mustergültig noch heute nachahmenswerte Beispiele für das Kunsthandwerk hinterlassen hat. Die großen Entwürfe eines Kamins und einer Uhr (Britisches Museum) sowie des Pokals der Königin Jane Seymour (Oxford, Bodleyanische Bibliothek) gehören zu den vorzüglichsten derselben. Aus dieser vielseitigen Thätigkeit rief ihn im Herbst 1543 ein schneller Tod durch die Pest ab. Er hinterließ nur ein Pferd und etwas Habe, deren Verkauf eine kleine Schuldensumme decken und ein Pflegegeld für zwei uneheliche Kinder abwerfen sollte. Also war er trotz seines Ruhms und seiner Stellung keineswegs in glänzenden Vermögensverhältnissen, was auch dadurch bewiesen wird, daß er sich wiederholt seinen Jahresgehalt von 30 Pfd. Sterl. ganz oder teilweise vorausbezahlen ließ. Er hinterließ mehrere später in Basel verehelichte Töchter und einen Sohn, Philipp, der in Paris die Goldschmiedekunst erlernte. H. brachte den nordischen Realismus zur höchsten Vollendung, verband aber damit Sinn für ideale Schönheit und war unter den deutschen Künstlern seiner Zeit der größte Kolorist. Vgl. Woltmann, H. und seine Zeit (2. Aufl., Leipz. 1874-76, 2 Bde.); R. W. Wornum, Some account of the life and works of H. (Lond. 1867); P. Mantz, H. H. (Par. 1879); Leithäuser, Hans H. in seinem Verhältnis zur Antike und zum Humanismus (Hamb. 1886).

3) Ambrosius, Maler, älterer Bruder des vorigen, ging wahrscheinlich mit diesem nach Basel, wo er schon 1516 vorkommt, trat 24. Febr. 1517 in die Malerzunft "zum Himmel" und wurde 6. Juni 1518 Bürger. Drei Bilder: der Schmerzensmann nach Dürer und zwei Knabenporträte von ihm, befinden sich im Baseler Museum, das Bildnis eines jungen Mannes in der Eremitage zu St. Petersburg. Er war namentlich als Zeichner für schweizerische Buchverleger thätig und hat auch gute Silberstift- und Federzeichnungen hinterlassen (Museum zu Basel). Nach 1519 kommt er nicht mehr vor.

4) Siegmund, Maler, Bruder von Hans dem ältern, wird zwischen 1505 und 1517 in Augsburg urkundlich genannt, zog später nach Bern und ward dort eingesessener Bürger, gelangte in gute Verhältnisse und machte im September 1540 sein Testament, in welchem er seinen berühmten Neffen Hans zum Erben einsetzte. Er starb noch vor dem 18. Nov. d. J. Von seinen künstlerischen Leistungen ist keine mehr mit Sicherheit nachzuweisen.

Holbein (Edler von Holbeinsberg), Franz Ignaz von, Bühnendichter und Theaterdirektor, geb. 27. Aug. 1779 zu Zizzersdorf bei Wien, sollte sich dem Staatsdienst widmen, folgte aber seinem abenteuernden Sinn und zog in die Welt unter dem Namen Fontano, mit Singen und Guitarrespielen seinen Unterhalt erwerbend. In Fraustadt nahm er Engagement bei der dort weilenden Döbbelinschen Theatergesellschaft, später beim Hoftheater zu Berlin, ward sodann Gatte der Gräfin Lichtenau und nahm seinen Wohnsitz in Breslau, wo er unter anderm das Schauspiel "Fridolin" nach Schillers "Gang zum Eisenhammer" dichtete, welches sehr gefiel. Nachdem er sich nach fünfjähriger Ehe hatte scheiden lassen, zog er wieder mit einer von ihm verbesserten Guitarre