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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

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Karäer - Karajan.

ernannt, starb K. 7. Febr. 1864 in Wien. Von Schriften ist noch seine mustergültige serbische Übersetzung des Neuen Testaments (Wien 1847) zu erwähnen. Anfangs vielfach angefochten, ist K. mit seinen Reformen jetzt allgemein durchgedrungen.

Karäer (Karaïten, hebr. Karaïm, "Schriftforscher, Schriftbekenner", von dem Singular Kara, "Bibelleser", auch im Gegensatz zu den Rabbaniten B'ne Mikra genannt), jüd. Sekte, welche die rabbinische Tradition verwirft und zum Buchstaben des mosaischen Gesetzes zurückkehrt, in der Mitte des 8. Jahrh. von Anan ben David in Babylonien gestiftet und einige Generationen hindurch nach ihrem Stifter Ananäer genannt. Ihr Zusammenhang mit den Sadduzäern ist neuerdings festgestellt worden. Im allgemeinen stets gering an Zahl, hielten sich die K. bis in die Zeit der Kreuzzüge in Palästina und wanderten nach der Einnahme Jerusalems durch die Kreuzfahrer teils nach dem Osten und Norden, teils nach Ägypten und Griechenland, teils nach Südarabien und über die Küstenländer der Berberei nach Spanien aus. Gegenwärtig trifft man sie nur noch zerstreut unter den Slawen, im Orient und in Nordafrika. Ihre Litteratur ist ziemlich reich. Zu den ältesten Schriftstellern der K. gehören: Benjamin ben Mose Hawendi (Nahawendi), Daniel ben Mose al Komsi, Joseph ben Noach Habozri, Jakob ben Isak al Kirkasani, dessen Sohn Joseph Haroeh, Sahal ben Mazliach, Salman ben Jerochim, Jefet ha Levi u. a. Die K. haben keineswegs durch Verwerfung der rabbinischen Tradition die Religionsübung erleichtert und vereinfacht, sondern sie in Erschwerungen gekleidet, die, wie z. B. ihr Sabbat-, Schlacht- und Ehegesetz etc., weit drückender sind als die Satzungen der Rabbiner. Scharfe Widerlegung erfuhr das Karäertum durch Juda ha Levi, Abraham Ibn Esra und David Neto. Vgl. Fürst, Geschichte des Karäertums (Leipz. 1865).

Karaffe (franz.), Flasche von weißem, meist geschliffenem Glas, mit gläsernem Stöpsel. Karaffine, kleine K.

Karafuto, Insel, s. Sachalin.

Karagane, s. Caragana.

Karagassen, ein nur noch 800 Köpfe zählender tatarischer Volksstamm in Sibirien, am Nordabhang des Sajanischen Gebirges. Eine Grammatik ihrer Sprache nebst Lexikon lieferte Castrén (hrsg. von Schiefner, Petersb. 1858).

Karagatsch, s. Kundrowsche Tataren.

Karageorgiewitsch, serb. Fürstenfamilie, die mit Czerny Karadjordje (s. Czerny 1) den Thron bestieg, seit 1859 vertrieben ist, aber ihre Ansprüche aufrecht erhält. Jetziges Haupt der Familie ist Prinz Peter K. (geb. 1846), Sohn des Fürsten Alexander (s. Alexander 23), der wegen seines Anteils an der Ermordung des Fürsten Milan Obrenowitsch (1868) von dem Pester Gericht verurteilt wurde und 3. Mai 1884 starb; Prinz Peter ist seit 1883 mit einer Tochter des Fürsten von Montenegro vermählt und genießt die Gunst Rußlands.

Karagöz (Chial, türk.), eine dem chines. Schattenspiel entlehnte Unterhaltung der osmanischen Türken, bei welcher der betreffende Spieler hinter einer erhellten transparenten Leinwand beliebige Puppen herumtanzen läßt; wird meist von obscönen Reden begleitet und bildet vorzüglich im Ramasanmonat eine beliebte Abendunterhaltung.

Karagwé (Karagué), Landschaft in Zentralafrika, im W. des Ukerewesees gelegen, wird von Grant und Speke, die sie zuerst 1858 erforschten, ebenso wie von Stanley als ein wahres Negerparadies geschildert und bildet eine von schönen Wiesen unterbrochene Parklandschaft von großem Wildreichtum, die der Kagera bewässert. Der höchste Berg ist der Mfumbiro (ca. 3000 m). Auch reiche Salz- und Kupferlager sowie heiße Quellen (43 1/3° R.) befinden sich in K. Die ca. 15,000 Einw. scheinen zwei verschiedenen Rassen anzugehören, von denen die herrschende den Galla verwandt scheint. Der König ist ein Vasall des Kaisers von Uganda; der wichtigste Ort ist Kafuro, wo sich arabische Händler niedergelassen haben.

Karaïben, s. Kariben.

Karaïbenfisch, s. Sägesalmler.

Karaïskákis, Georgios, einer der Helden des griech. Freiheitskampfes, Armatole aus Sklylikaria bei Arta im westlichen Griechenland, geb. 1782, war infolge des unermüdlichen Kampfes der Bewohner seines Distrikts gegen die türkische Tyrannei mit der Führung des kleinen Kriegs vertraut geworden und erwarb sich die besondere Gunst Ali Paschas, in dessen Garde er 1807 eintrat. Nach dessen Sturz schloß er sich dem griechischen Aufstand an und erwarb sich, klein, aber feurig und begabt, durch geschickte Kriegführung in Ätolien großen Ruhm. Als 1825 Missolunghi hart bedrängt wurde, bezog K., den seine Geliebte in Amazonentracht begleitete, bei Salona ein Lager, um von dort aus die Belagerer durch rastlose Angriffe zu beunruhigen. Als die Festung dennoch fiel, ward K. zum Oberanführer in Rumelien ernannt und zwang durch kleinen Krieg die türkischen Truppen bald zur Räumung dieser Provinz. Hierauf wandte er sich mit 6000 Mann nach Livadien, siegte bei Dobrena und eilte von da nach Arachova, wo er im Dezember 1826 den Feind nach langem, heftigem Gefecht völlig besiegte und aus den Köpfen der 2000 gefallenen Türken eine Pyramide als Siegeszeichen errichtete. Scharen von Freiwilligen strömten nun zu K.' Fahnen. Schon hatte er durch neue Siege bei Volizza und Lepanto den Weg nach Westen geöffnet und Chaidara erreicht, als im Januar 1827 unerwartet die Türken bei Distomo erschienen. K. trat ohne Säumen den Rückweg an, stieß 18. Febr. bei Karistos auf den Feind und schlug ihn aufs Haupt. Bei dem Versuch, die Akropolis zu entsetzen, fiel er 4. Mai 1827 unweit der vom Piräeus nach Athen führenden Straße. Dort ward ihm 4. Mai 1835 ein Denkmal errichtet. Vgl. Paparrhigopulos, Georg K. (Athen 1877). Der neugriechische Dichter Panagiotis Sutsos hat K. zum Gegenstand eines Trauerspiels gemacht. - Sein Sohn Spiridion K. war mehrmals Kriegsminister und ist Deputierter.

Karaïten, s. Karäer.

Karajan, Theodor Georg von, Germanist, geb. 22. Jan. 1810 zu Wien von griechischen Eltern, studierte daselbst und arbeitete hierauf 1829-32 in der Kanzlei des Kriegsministeriums, 1832-41 beim Archiv des Finanzministeriums. Seit 1841 bei der kaiserlichen Hofbibliothek angestellt, ward er im Mai 1848 ins deutsche Parlament gewählt, wo er im rechten Zentrum saß. Im November 1850 erhielt er die Professur der deutschen Sprache und Litteratur an der Wiener Hochschule, welche er jedoch infolge der Verordnung des Grafen Thun, daß kein Akatholik ^[sic!] an der Universität zu Wien ein akademisches Ehrenamt bekleiden dürfe, niederlegte. Er wurde 1851 Vizepräsident der kaiserlichen Akademie der Wissenschaften, deren Mitglied er seit 1848 war, 1854 Kustos der Hofbibliothek, 1866 Präsident der Akademie, 1870 zweiter Vorstand der Hofbibliothek. Er starb 28. April 1873. K. hat sich namentlich durch Ausgaben älterer