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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Kayserling; Kaysersberg; Kayßler; Kaystros; Kazaza; Kazerun; Kazike; Kazilesker; Kazinczy

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Kayserling - Kazinczy.

dann in Berlin durch praktische Thätigkeit in städtischen Baubüreaus und durch Studien auf der Bauakademie weiter und vereinigte sich 1872 mit Karl v. Großheim (geb. 15. Okt. 1841 zu Lübeck), welcher nach einer praktischen Lehrzeit als Zimmermann sich ebenfalls durch Studien auf der Berliner Bauakademie weitergebildet hatte, zur Gründung eines Ateliers. Bei der ersten Konkurrenz um den Bau des Reichstagsgebäudes (1872) errangen sie einen zweiten Preis, ebenso wie zehn Jahre später bei der zweiten Konkurrenz. In diesem Jahrzehnt waren sie ausschließlich im Privatbau thätig, in welchem sie sich anfangs der italienischen Renaissance (Norddeutsche Grundkreditbank etc.), später mit großem Erfolg der deutschen Renaissance (Kaufhaus Spinn, Geschäftshaus der Germania, Villa Reichenheim in Berlin) zuwendeten. Andre Bauten sind: Villa Hardt, Geschäftshäuser von Henninger und Laer, Geschäftshaus der New York-Germania in Berlin sowie die Schlösser Klitschdorf in Schlesien und Altdöbern in der Lausitz. Mit einem stark ausgeprägten Gefühl für eine malerische Komposition verbinden K. und v. Großheim auch den Sinn für strenge Gliederung der Bauteile zum Zweck eines imposanten Totaleindrucks. Durch zahlreiche Entwürfe für Decken- und Wandmalereien, Stein-, Stuck- und Schmiedearbeiten, Möbel etc. haben sie einen hervorragenden Anteil an der Förderung des Berliner Kunstgewerbes im Anschluß an die Renaissance gewonnen. Für ihre Beteiligung an der Berliner Jubiläumsausstellung von 1886 erhielten sie die große goldene Medaille. Sie sind Mitglieder der königlichen Akademie der Künste.

Kayserling, Moritz, jüd. Theolog und Schriftsteller, geb. 17. Juni 1829 zu Hannover, machte in Nikolsburg und Würzburg talmudische Studien, bezog 1851 die Universität zu Berlin, wo er besonders philosophische und historische Studien betrieb, wurde 1861 als Rabbiner nach Endingen (Kanton Aargau) und 1870 als Prediger der israelitischen Gemeinde nach Pest berufen. K. machte sich in weitern Kreisen namentlich durch seine Biographie Moses Mendelssohns (Leipz. 1862) bekannt, welcher eine andre Schrift: "Moses Mendelssohns philosophische und religiöse Grundsätze" (das. 1856), vorhergegangen war und eine Monographie: "Moses Mendelssohn. Ungedrucktes und Unbekanntes von ihm und über ihn" (das. 1883), folgte. Außerdem schrieb er: "Ein Feiertag in Madrid. Zur Geschichte der spanisch-portugiesischen Juden" (Berl. 1859), "Menasse Ben Israel" (das. 1861), "Geschichte der Juden in Spanien und Portugal" (das. 1861-67, 2 Bde.), "Der Dichter Ephraim Kuh" (das. 1864), "Die jüdischen Frauen in der Geschichte, Litteratur und Kunst" (Leipz. 1878) u. a. und gab "Sephardim. Romanische Poesien der Juden in Spanien" (das. 1859) heraus.

Kaysersberg, Stadt im Oberelsaß, s. Kaisersberg.

Kayßler, Leopold, Publizist und Schriftsteller, geb. 1828 zu Breslau, studierte daselbst und in Berlin Jurisprudenz und Philosophie und widmete sich frühzeitig der journalistischen Laufbahn, in welcher er als Politiker stets eine gemäßigte Richtung vertrat. Er war bis 1872 Redakteur der "Spenerschen Zeitung" und begleitete 1870 als offizieller Vertreter der Berliner Presse im Hauptquartier die deutschen Armeen; doch hatte er das Mißgeschick, 10. Nov. 1870 in Orléans, als das v. d. Tannsche Korps sich zurückzog, von den Franzosen gefangen genommen und längere Zeit in Pau interniert zu werden. Seine Berichte vom Kriegsschauplatz hat er 1871 unter dem Titel: "Aus dem Hauptquartier und der Kriegsgefangenschaft" herausgegeben. 1872 berief ihn die freikonservative und deutsche Reichspartei zur publizistischen Vertretung ihrer Interessen in dem "Deutschen Wochenblatt", das 1874 durch die "Post" ersetzt wurde, welche die Partei ankaufte, und zu deren Chefredakteur K. ebenfalls berufen wurde. In dieser Stellung ist er noch heute thätig, als Politiker immer bestrebt, für die Gründung gemäßigter Mittelparteien zu wirken, als Publizist in scharfer und schneidiger Form die Gegner nach rechts und links bekämpfend. Er übersetzte auch einige Novellen von Turgenjew und Pisemskis Roman "Tausend Seelen".

Kaystros (Kayster, jetzt Kütschük Mendere), Fluß in Kleinasien, entspringt auf dem Tmolosgebirge (Boz Dagh) in Lydien und ergießt sich nördlich von Ephesos, der Insel Samos gegenüber, ins Ägeische Meer. Er ist berühmt wegen der Scharen von Schwänen, die sich an seinen Ufern niederzulassen pflegen.

Kazaza, ein aus Zuckerrohrsaft oder Melasse bereitetes geistiges Getränk, welches in Marcinhäo in Brasilien viel getrunken wird. Es ist schwächer als Rum und wird nicht durch Karamel gefärbt.

Kazerun (Kasrun), Stadt in der pers. Provinz Farsistan, in reizender Berglandschaft, früher ein bedeutender Ort, jetzt herabgekommen, mit nur 5000 Einw., welche treffliche Zeugschuhe (sogen. Maleki) verfertigen; seit kurzem Telegraphenstation.

Kazike (span. cacique), in frühern Zeiten Titel der Stammhäuptlinge im mittlern und südlichen Amerika, jetzt Bezeichnung für den Gemeindevorstand in den von Indianern bewohnten Gemeinden in Mexiko und Guatemala.

Kazilesker (Kazileschker, eigentlich Kadi-ul-asker, arab., "Richter der Armee"), ehedem in der Türkei der oberste Militärrichter, jetzt der Chef des Appellationsgerichts in solchen Rechtsfällen, deren Entscheidung ins Bereich der religiösen Gesetze fällt; Rumeli-K., der Präsident des Appellhofs für die europäische, und Anadolu-K., derjenige für die asiatische Türkei. Das Amt eines K. kann selbstverständlich nur von einem Geistlichen bekleidet werden.

Kazinczy (spr. kásinzi), 1) Ferenc, ungar. Schriftsteller und Sprachreformator, geb. 27. Okt. 1759 zu Er-Semlyen im Biharer Komitat, studierte die Rechte, war 1786-91 Aufseher der Nationalschulen im Kaschauer Distrikt und leitete dann zu Pest eine Schauspielergesellschaft, bis er 1794, angeblich wegen Teilnahme an der Verschwörung des Martinovics, verhaftet wurde. Seit 1801 wieder frei, privatisierte er auf einer Villa bei Ujhely, ward 1830 von der ungarischen Akademie zum Mitglied ernannt und starb 22. Nov. 1831. K. hat sich Verdienste um die Ausbildung der ungarischen Sprache und Prosa erworben und dichtete zuerst ungarische Sonette. Seine Übersetzungen des Geßner (1788), Ossian, mehrerer Dramen von Goethe, von Lessings Fabeln u. a. erschienen gesammelt Pest 1814-16, 9 Bde. (neue Aufl. 1843-44). Außerdem schrieb er zahlreiche Briefe und Biographien, gab mit Baróti und Bacsanyi seit 1788 das "Magyar Museum" heraus und seit 1790 allein den "Orpheus" (Kaschau, 8 Bde.) sowie mehrere ungarische Nationalwerke; 1818 erschien seine Selbstbiographie. Das Tagebuch seiner politischen Haft: "Országgyülési Almanach" (Pest 1848), hat Vahot veröffentlicht. Eine neue Ausgabe seiner Werke erschien Budapest 1879 in 5 Bänden.

2) Gabriel, ungar. Schriftsteller und Politiker, Neffe des vorigen, geb. 18. Juli 1818 zu Berettö im Zempliner Komitat, studierte in Sárospatak, Käsmark und Eperies und erwarb sich 1848 als Publizist