Schnellsuche:

Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Parallēlkreise; Parallelogramm; Parallelogramm der Kräfte; Parallēlperspektive; Parallēlreißer

709

Parallelkreise - Parallelreißer.

In der hebräischen Poesie ist P. der Glieder das rhythmische Ebenmaß der einzelnen Verszeilen hinsichtlich des Inhalts und der Form oder wenigstens hinsichtlich der Form oder des Inhalts, z. B. Ps. 8, 5: Was ist der Mensch, daß du sein gedenkest, Und des Menschen Sohn, daß du auf ihn siehest? oder Spr. 27, 7: Der Satte tritt Honigseim mit Füßen, dem Hungrigen ist alles Bittere süß. Eigentümlich ist die öfters vorkommende Zählung in den einzelnen Versen, z. B. Hiob 5, 19: Aus sechs Trübsalen wird er dich erretten, und in der siebenten wird dich kein Übel rühren, oder Spr. Salom. 30, 18: Drei Dinge sind mir zu wunderlich, und das vierte weiß ich nicht.

Parallēlkreise, Kreise auf der Erde (und überhaupt auf einer Kugel), deren Ebenen senkrecht auf der Drehungsachse stehen, und deren Mittelpunkte in der letztern liegen. Alle Punkte eines Parallelkreises haben gleiche Breite (s. d.). Ist die letztere φ, und sind r und R die Halbmesser des Parallelkreises und der Erdkugel, so ist r = R cos φ. Die P. nehmen daher mit wachsender Breite, also nach den Polen hin, an Größe ab. Der größte von ihnen ist der Äquator, dessen Breite Null ist, und dessen Mittelpunkt und Halbmesser mit denen der Kugel selbst zusammenfallen. Die P., welche 23½° vom Äquator entfernt sind, heißen auf der Erde und auf der Himmelskugel Wendekreise (s. d.), die um 23½° von den Polen abstehenden Polarkreise (s. d.). Magnetische P., s. Magnetismus, S. 88.

Parallelogramm (griech.), ein geradliniges ebenes Viereck, in welchem je zwei Gegenseiten parallel und gleich lang sind. Die beiden Diagonalen eines Parallelogramms halbieren sich. Von den vier Winkeln sind je zwei gegenüberliegende gleich groß, je zwei an einer Seite liegende betragen zwei Rechte, alle vier sind zusammen vier Rechte. Ist ein Winkel ein rechter, so sind alle Winkel rechte, und das P. ist ein Rechteck oder Oblongum (A); sind in einem solchen zwei aneinander stoßende Seiten und also alle gleich groß, so heißt es ein Quadrat (B). In einem Rechteck sind die beiden Diagonalen gleich lang. Ein schiefwinkeliges P. mit ungleich langen Seiten wird auch ein Rhomboid (D) genannt, ein gleichseitiges heißt ein Rhombus oder eine Raute (C), s. nebenstehende Figuren. Im Rhombus stehen die Diagonalen senkrecht aufeinander. Um die Fläche eines Parallelogramms zu ermitteln, mißt man eine Seite, die Grundlinie, und ihren senkrechten Abstand von der parallelen Gegenseite, die Höhe, nach gleichem Maß; die Fläche ist das Produkt aus Grundlinie und Höhe, ausgedrückt in Quadrateinheiten. Beim Rechteck ist die Fläche gleich dem Produkt zweier sich schneidender Seiten, beim Quadrat gleich der zweiten Potenz der Seite. - Wattsches P., s. Dampfmaschine, S. 461.

^[Abb.: A Rechteck. B Quadrat. C Rhombus. D Rhomboid.]

Parallelogramm der Kräfte (und der Bewegungen) heißt der wichtige Satz der Mechanik, welcher lehrt, zwei unter einem Winkel an einem Punkt angreifende Kräfte durch eine einzige Kraft zu ersetzen. Würde die eine Kraft, wenn sie allein wirkte, den Punkt in einer gewissen Zeit von A nach B (s. Figur) treiben, die andre in derselben Zeit von A nach C, so wird derselbe unter gleichzeitiger Einwirkung beider Kräfte den dazwischenliegenden Weg AD durchlaufen, welcher dargestellt ist durch die von A aus gezogene Diagonale des Parallelogramms, das aus den beiden Wegen AB, AC und dem von ihnen eingeschlossenen Winkel BAC konstruiert werden kann. Ein Schiff z. B., welches durch den Wind allein quer über den Strom von A nach C, durch die Strömung allein in der gleichen Zeit stromabwärts von A nach B getrieben würde, wird durch beide zugleich auf dem Weg AD nach dem weiter stromabwärts gelegenen Punkte D des jenseitigen Ufers gelangen. Da sich die Kräfte ebenso verhalten wie die unter ihrer Einwirkung in gleichen Zeiten zurückgelegten Wege, so kann man dieselbe Konstruktion auch auf die Kräfte selbst anwenden, wenn man sich dieselben ihrem Größenverhältnis und ihrer Richtung nach durch gerade Linien dargestellt denkt. Zwei Kräfte (Seitenkräfte oder Komponenten), welche unter irgend einem Winkel an einem Punkt angreifen, können demnach ersetzt werden durch eine resultierende oder Mittelkraft (Resultante, Diagonalkraft), welche ihrer Größe und Richtung nach gleich ist der Diagonale des aus den Seitenkräften und dem von ihnen eingeschlossenen Winkel konstruierten Parallelogramms. Um mehrere auf einen Punkt wirkende Kräfte zu einer einzigen Mittelkraft zusammenzusetzen, braucht man nur dieselbe Konstruktion zu wiederholen, indem man die dritte Kraft mit der Mittelkraft aus den beiden ersten, die vierte mit der Mittelkraft aus den drei ersten u. s. f. vereinigt. Der Satz vom P. d. K. lehrt ferner, eine gegebene Kraft (AD) in zwei Seitenkräfte (AB und AC) zu zerlegen, welche zusammen dieselbe Wirkung hervorbringen wie jene allein; man braucht nur ein Parallelogramm zu konstruieren, welches die gegebene Kraft zur Diagonale hat. Da unzählig viele solcher Parallelogramme möglich sind, so ist die Aufgabe in dieser Allgemeinheit unbestimmt. Damit eine bestimmte Lösung möglich sei, muß entweder 1) eine der beiden Seitenkräfte der Richtung und Größe nach, oder 2) die eine Seitenkraft der Richtung, die andre der Größe nach, oder 3) beide Seitenkräfte der Größe nach, oder endlich 4) beide Seitenkräfte der Richtung nach gegeben sein. Der Satz vom P. d. K. ist als eine Folgerung aus Newtons zweitem Bewegungsgesetz (s. Mechanik) anzusehen, und dieser Auffassung entspricht auch die oben gegebene Erläuterung. Verschiedene Mathematiker haben aber auch versucht, denselben unabhängig von dem Begriff der Bewegung zu beweisen. Vgl. Westphal, Demonstrationum compositionis virium expositio (Götting. 1817); Jacobi, Praecipuorum inde a Newtono conatuum, compositionem virium demonstrandi, recensio (das. 1818); Matzka, Ein neuer Beweis des Kräfteparallelogramms (Prag 1856).

^[Abb.: Parallelogramm der Kräfte.]

Parallēlperspektive, s. Axonometrie.

Parallēlreißer (Parallelmaß, Streich- oder Reißmaß, Reißmodel), Maßwerkzeug der Tischler und Schlosser, besteht aus einer Fußplatte mit senkrechter Stange und einer verschiebbaren horizontalen Querstange, die eine scharfe Spitze besitzt. Bei der Verschiebung der Fußplatte auf einer ebenen Unterlage (Richtplatte) reißt die Spitze auf einem Arbeitsstück eine mit der Ebene der Richtplatte parallele Linie.