Schnellsuche:

Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Pension

832

Pension.

Schwäche dienstunfähig wird, das Recht auf P. garantiert und zwar den Zivilbeamten ebenso wie den Militärs. Auch für Geistliche und Volksschullehrer ist das Pensionswesen gesetzlich geordnet. Im einzelnen besteht in den Pensionssystemen eine große Verschiedenheit. In manchen Staaten sind die Beamten zur Zahlung von Pensionsbeiträgen verpflichtet. Das deutsche Reichsbeamtengesetz vom 31. März 1873 verlangt von den Beamten keine Pensionsbeiträge. Es macht den Pensionsanspruch von dem Nachweis eingetretener Dienstunfähigkeit und von einer zehnjährigen Dienstzeit abhängig. Ist jedoch erstere die Folge einer Krankheit oder Beschädigung, welche sich der Beamte bei oder infolge der Ausübung seines Amtes zuzog, so wird ausnahmsweise auch schon bei kürzerer Dienstzeit P. gezahlt. Besonders günstig für die Beamten ist das bayrische Edikt über die Verhältnisse der Staatsdiener (Beilage IX zu Tit. V, § 6 der Verfassung). Schon nach Ablauf von drei Dienstjahren tritt in Bayern die Pensionsberechtigung ein, und ein Beamter, welcher 40 Jahre im Dienst war, braucht den Nachweis eingetretener Dienstunfähigkeit nicht zu führen. Belgien und die Niederlande dagegen verlangen überhaupt ein Alter von 65 Jahren und überdies Belgien eine Dienstzeit von 30, die Niederlande eine solche von 40 Jahren, um den Anspruch auf P. zu begründen.

Was die Höhe der Ruhebezüge anbetrifft, so beträgt der Meistbetrag der P. nach deutschem und preußischem Recht (Gesetz vom 27. März 1872) ¾ des pensionsfähigen Diensteinkommens. Der Mindestbetrag ist ¼. Während aber früher die P. vom zehnten Dienstjahr ab mit jedem weitern Dienstjahr um 1/80, also von 20/80 nach 50jähriger Dienstzeit bis zu 60/80 stieg, beträgt die jährliche Steigerung nach der Novelle zum preußischen Beamtengesetz vom 31. März 1882 1/60, so daß also der Beamte nach 40jähriger Dienstzeit den Maximalbetrag der P. von 40/60 erreicht. Dasselbe gilt (Reichsgesetz vom 21. April 1886) für die Reichsbeamten. Günstiger ist in dieser Beziehung wiederum das bayrische System. Nach diesem wird die P. in den ersten zehn Jahren auf 7/10, im zweiten Jahrzehnt auf 8/10, im dritten und spätern auf 9/10 des Gesamtgehalts berechnet und dem letztern gleichgestellt, wenn der Beamte das 70. Lebensjahr erreicht hat. In Österreich (Verordnung vom 9. Dez. 1866) beträgt die P. bei einer Dienstzeit von 10-15 Jahren ⅓, von 15-20 Jahren ⅜ und für je fünf Jahre mehr bis zum 40. Jahr ⅛ mehr, somit vom 35.-40. Jahr ⅞ des Gehalts. Nach 40 Jahren wird der ganze Aktivitätsgehalt als P. gezahlt. In England beträgt die P. für jedes Dienstjahr 1/60; sie steigt bis zu 40/60. In Italien ist das Maximum ⅘, in den Niederlanden und in Belgien ⅔ des Gehalts. Als Garantie für die Unabhängigkeit der Rechtspflege und des Richterstandes ist in den meisten Staaten und namentlich auch in dem deutschen Gerichtsverfassungsgesetz der Grundsatz anerkannt, daß Richter gegen ihren Willen nur kraft gerichtliche Entscheidung in den Ruhestand versetzt werden können.

Was die Fürsorge für die Hinterbliebenen (Relikten) eines Beamten anbetrifft, so haben dieselben in den meisten Staaten einen Anspruch auf Fortzahlung des Gehalts außer dem Sterbemonat noch für ein sogen. Gnadenquartal (in Österreich "Konduktsquartal" genannt). Ein Witwen- und Waisengeld wird gleichfalls in den meisten Staaten bezahlt, indem entweder Witwen- und Waisenkassen bestehen, zu welchen der Beamte bei Lebzeiten Beiträge zu leisten hat, oder diese Beiträge (Reliktenbeiträge) zur Staatskasse zu entrichten sind, aus welcher die Witwen und Waisen ihre P. beziehen. Für die Beamten und Offiziere des Deutschen Reichs sind die Reliktenbeiträge seit 1888 abgeschafft, ebenso in Preußen. Das Witwengeld beträgt ⅓ der P., welche der Beamte am Todestag verdient haben würde. Das Waisengeld besteht, wenn die Mutter lebt, für jedes Kind bis zum 18. Lebensjahr in ⅕, andernfalls in ⅓ des Witwengeldes. - P. heißt übrigens auch die Rente, welche infolge von Unfallversicherung (s. d.) zu zahlen ist, oder welche Altersversorgungs-, Invaliden- und ähnliche Kassen gewähren; auch bedeutet P. s. v. w. Kostgeld und Institut (Pensionat) mit Verpflegung der Zöglinge. Vgl. Marcinowski, Die gesetzlichen Bestimmungen (2. Aufl., Berl. 1884).

Im deutschen Heer bezieht jeder aktive Offizier und im Offiziersrang stehende Militärarzt nach dem Reichsgesetz vom 27. Juni 1871 eine lebenslängliche P., wenn er nach einer Dienstzeit von wenigstens zehn Jahren zur Fortsetzung des aktiven Dienstes unfähig geworden ist. Bei kürzerer Dienstzeit erwächst Anspruch auf P., wenn die Dienstunfähigkeit Folge einer unverschuldet bei Ausübung des Dienstes erlittenen Verwundung oder Beschädigung ist. Die Höhe der P. ist wie bei den Reichsbeamten bemessen. Als pensionsfähiges Diensteinkommen wird berechnet: der Gehalt nach den Sätzen für Infanterieoffiziere, der mittlere Chargen- oder Stellenservis, Wohnungsgeldzuschuß, für Leutnants und Hauptleute eine Entschädigung für Bedienung, für erstere noch eine solche für Tischgelder und vom Brigadekommandeur an aufwärts die Dienstzulage. Ein Überschuß des Diensteinkommens über 12,000 Mk. jährlich wird nur zur Hälfte angerechnet. Kriegsjahre (s. d.) werden doppelt gezählt. Wer nachweislich durch den Krieg invalid geworden ist und seine Pensionierung vor Ablauf von fünf Jahren nach dem Friedensschluß nachsucht, erhält eine Pensionserhöhung (Kriegszulage) von 300-750 Mk. jährlich, je nach Höhe der P. Eine weitere Erhöhung der P. tritt ein infolge einer im Krieg oder Frieden im aktiven Dienst erlittenen Verstümmelung, unheilbaren Dienstbeschädigung etc. Diese Verstümmelungszulage, die niemals aberkannt oder vermindert werden darf und unabhängig von der Höhe der P. ist, beträgt 600-1200 Mk., bei vollständiger Erblindung 1800 Mk. Die Witwen der im Kriege gebliebenen oder vor Ablauf eines Jahrs nach dem Friedensschluß an im Krieg erhaltenen Verwundungen oder Krankheiten gestorbenen Offiziere erhalten außer ihrer gesetzlichen Witwenpension, solange sie im Witwenstand verbleiben, und noch auf ein Jahr nach ihrer Wiederverheiratung für jedes Kind bis zum vollendeten 17. Lebensjahr eine Erziehungsbeihilfe von 150 Mk.; wird das Kind auch mutterlos, so erhält es 225 Mk. jährlich. Im übrigen ist die Witwen- und Waisenversorgung durch Reichsgesetz vom 17. Juni 1887 ebenso geordnet wie für die Zivilbeamten (s. oben).

Unteroffiziere und Soldaten erhalten als Invalidenversorgung entweder den Zivilversorgungsschein, die Aufnahme in ein Invalideninstitut, die Verwendung im Garnisondienst oder eine P. Die Pensionen zerfallen für jede Rangstufe in fünf Klassen und betragen monatlich (Mark):

1. Klasse 2. Klasse 3. Klasse 4. Klasse 5. Klasse

Feldwebel 42 33 27 21 15

Sergeanten 36 27 21 15 12

Unteroffiziere 33 24 18 12 9

Gemeine 30 21 15 9 6