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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Platinatypie; Platinchlorid

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Platinatypie - Platinchlorid.

beträgt 50 (Oregon) bis 86 Proz. (Choco in Südamerika). Die Beimengungen des Rohplatins bestehen durchschnittlich aus 0,4-3 Proz. Rhodium, 1-8 Iridium, 0,25-1,3 Palladium, 1-8 Osmium-Iridium, 5-13 Eisen und 1-1 Proz. Sand. Zur Verarbeitung des Platinerzes wird dasselbe mit einer Mischung aus 1 Teil Königswasser und 2 Teilen Wasser behandelt, die Lösung verdampft, die trockne Masse auf 125° erhitzt (um Palladium- und Iridiumsalz zu Chlorür zu reduzieren), in Wasser unter Zusatz von Salzsäure gelöst und die Lösung mit Salmiak gefällt. Aus der vom ausgeschiedenen Platinsalmiak getrennten Lösung werden die Metalle durch Eisen gefällt; man befreit dann den Niederschlag durch Salzsäure von überschüssigem Eisen, löst ihn aufs neue in Königswasser und erzeugt abermals einen Niederschlag von Platinsalmiak (aus der Mutterlauge wie aus den Rückständen von der Behandlung des Platinerzes mit Königswasser werden die das P. begleitenden Metalle gewonnen). Den Platinsalmiak trocknet und glüht man, worauf man das zurückbleibende schwammförmige P. preßt und im Kalktiegel mit durch Sauerstoff angeblasenem Leuchtgas schmelzt oder in gußeisernen Cylindern durch Pressen verdichtet, im Porzellanofen anhaltend sehr heftig glüht und dann schmiedet, wobei es vollständig homogen wird. Das P. des Handels enthält 2 Proz. Iridium und ist dadurch besonders geeignet zu Gefäßen, weil der Iridiumgehalt die Widerstandsfähigkeit gegen chemische Agenzien erhöht. P. ist weiß mit einem Stich ins Graublaue, weicher als Kupfer, sehr hämmerbar und dehnbar, kaum weniger fest als Eisen, schweißbar, vom spez. Gew. 21,46, Atomgewicht 196,7, an der Luft bei jeder Temperatur unveränderlich, schmilzt nur im Knallgasgebläse (bei etwa 1780°), absorbiert dabei Sauerstoff, erstarrt unter Spratzen (weshalb das gegossene P. noch unter dem Hammer verdichtet werden muß), ist nur löslich in Königswasser und, wenn es mit einem in Salpetersäure löslichen Metall legiert ist, mehr oder weniger in Salpetersäure. Es verbindet sich direkt mit Chlor, Brom, Jod, auch mit Schwefel, Phosphor, Arsen. Die ätzenden Alkalien, noch leichter ein Gemisch von Salpeter und Ätzkali greifen es bei Rotglut an; beim Erhitzen mit Kieselsäure und Kohle wird es kieselhaltig und spröde (deshalb dürfen Platintiegel nicht zwischen Kohlen erhitzt werden); auch durch Einwirkung der Leuchtgas- und Spiritusflamme erfährt es eine Molekularveränderung, wird rauh und grau und, wenn man es nicht nach dem Gebrauch mit rundkörnigem Seesand poliert, endlich spröde. Dies Verhalten ist bei der Benutzung von Platintiegeln zu berücksichtigen. Man darf in denselben auch niemals Metalle oder leicht reduzierbare Oxyde erhitzen, weil sich leicht schmelzbare Legierungen bilden können. Unreine Platintiegel reinigt man durch schmelzendes saures schwefelsaures Kali. In sehr feiner Verteilung erhält man P. als Platinschwamm beim Glühen des Platinsalmiaks (Ammoniumplatinchlorid, s. Platinchlorid), in noch feinerer als schwarzes Pulver (Platinschwarz, Platinmohr), wenn man eine Lösung von Platinchlorid in Kalilauge mit Alkohol erwärmt und das ausgeschiedene Pulver mit Wasser auskocht und im luftleeren Raum über Schwefelsäure trocknet. Auch kann man Platinchloridlösung in ein siedendes Gemisch aus 3 Volumen Glycerin und 2 Volumen Kalilauge vom spez. Gew. 1,08 tröpfeln. P. verdichtet auf seiner Oberfläche bedeutende Mengen Sauerstoff. Infolgedessen fährt z. B. eine glühende Platindrahtspirale fort, in Alkoholdampf zu glühen, indem sie die Oxydation des letztern veranlaßt, wobei viel Wärme entwickelt wird. In besonders hohem Grad findet sich aber diese Eigenschaft beim Platinschwamm und Platinschwarz. Ersterer entzündet einen Strom Wasserstoffs (Döbereiners Feuerzeug), und Platinmohr verwandelt Alkohol sehr schnell in Essigsäure. P. wirkt auch vielfach als Kontaktsubstanz, indem es in noch unaufgeklärter Weise die Bildung chemischer Verbindungen veranlaßt, ohne selbst an dem Prozeß sich zu beteiligen. P. tritt in manchen Verbindungen vierwertig auf, doch erscheint auch der Atomkomplex Pt2 ^[Pt_{2}] sechswertig; man kennt ein Oxydul PtO und ein Oxyd PtO2 ^[PtO_{2}].

P. scheint zuerst im 16. Jahrh. beobachtet worden zu sein. Ulloa erwähnt es 1748 als Begleiter des Goldes, und in Spanien nannte man es Platina del Pinto (kleines Silber vom Fluß Pinto in Südamerika). 1750 wurde es von Watson als eigentümliches Metall beschrieben, und Achard stellte 1784 wohl den ersten Platintiegel dar. Wollaston, welcher 1803 und 1804 im Platinerz noch das Palladium und Rhodium auffand, entdeckte auch die Schweißbarkeit des schwammförmigen Platins und legte damit den Grund zu der Platinindustrie, welche der wissenschaftlichen Chemie und auch der Technik wesentliche Dienste leistete, indem sie höchst feuerbeständige und gegen die meisten Reagenzien widerstandsfähige Gefäße lieferte. In Rußland prägte man 1828-45 Platinmünzen (in Stücken von 3, 6 und 12 Rubel), welche aber seitdem wieder eingezogen wurden. Gegenwärtig werden in Paris Denkmünzen und Medaillen aus P. geprägt. Die erste Platinmedaille soll 1783 zu Ehren Chabaneaus, der angeblich zuerst P. technisch verarbeiten lehrte, geprägt worden sein. Einen wesentlichen Fortschritt machte die Platinindustrie durch die Untersuchungen von Sainte-Claire Deville und Debray, welche auch das Schmelzen größerer Mengen mit Hilfe von Knallgas lehrten, nachdem bereits Macquer und Baumé das P. mit Hilfe eines Brennspiegels und Hare 1847 über 970 g P. mit Knallgas geschmolzen hatten. Gegenwärtig schmelzt man Platinmassen bis zu 300 kg.

Man benutzt das P. hauptsächlich zu Blechen, Drähten, Tiegeln, Löffeln, Lötrohr- und Blitzableiterspitzen, Retorten, Zangen, Kesseln für Affinierwerke und Schwefelsäurefabriken, Röhren zur Darstellung von Sauerstoff im großen, ferner zur Konstruktion galvanischer Elemente, zu Senflöffeln, Galanteriewaren, Glühlampen, Feuerzeugen, Normalmaßen, bei der Beleuchtung (Platingas) und, wie erwähnt, zu Medaillen. Für manche Zwecke ersetzen das reine P. auch mit P. plattierte Kupfergegenstände; auch verplatiniert man andre Metalle, Glas (Platinspiegel) und Porzellan und imprägniert Asbest mit schwammförmigem P., um dies als Kontaktsubstanz, z. B. bei der Darstellung von Schwefelsäureanhydrid, zu benutzen. In der Porzellanmalerei wird P. als Scharffeuerfarbe und zur Herstellung des Glanzplatins und der sogen. Lüsterfarben, welche zu Verzierungen auf Porzellan, Fayence und feinem Steinzeug dienen, angewandt. Die jährliche Ausbeute an P. beträgt etwa 83 Ztr., nämlich in Südamerika 9, auf Borneo 2,5 und am Ural 72 Ztr. Vgl. Sainte-Claire Deville, Metallurgie du platine (mit Debray, Par. 1863, 2 Bde.); Nöggerath, Geschichte des Platins (1875).

Platinatypie, Verfahren zur raschen Herstellung haltbarer Kopien mit Platinsalzen auf photographischem Weg. Vgl. Pizzighelli, Die P. (Wien 1882).

Platinchlorid (Chlorplatin) PtCl4 ^[PtCl_{4}] entsteht beim Lösen von Platin in Königswasser; die tief, aber rein