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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Portugal

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Portugal (Heerwesen, Kolonien, Wappen etc.; Geschichte).

ergab. Unter den Einnahmen befinden sich direkte Steuern 6,290,410 Milreis, Registrierung und Stempel 3,341,700 Milreis, indirekte Steuern 18,173,110 Milreis, Staatsgüter, Post, Telegraph und Eisenbahnen 3,528,613 Milreis. Unter den Ausgaben sind die Hauptposten: Staatsschuld 14,886,963 Milreis, Finanzministerium 8,087,717, Kriegsministerium 4,963,583, Ministerium der öffentlichen Arbeiten 4,094,631, Ministerium des Innern 2,020,527, Marine und Kolonien 2,013,563 Milreis. Das Budget für die Kolonien ergab außerdem für 1885/86: 2,746,663 Milreis Einnahmen und 3,405,936 Milreis Ausgaben. Die Staatsschuld hatte 30. Juni 1886 einen Stand von 490,301,599 Milreis.

Das Heerwesen ist durch Gesetz vom 23. Juni 1864, modifiziert durch spätere Dekrete, organisiert. Hiernach besteht allgemeine Wehrpflicht, indem jeder Portugiese vom erreichten 21. Jahr an zum Militärdienst verpflichtet ist. Doch ist Stellvertretung gestattet. Die Dienstzeit dauert zwölf Jahre, davon drei unter den Fahnen, fünf in der ersten und vier in der zweiten Reserve. Das Heer besteht aus der europäischen Armee und den Kolonialtruppen. Erstere hat folgende Formation: 24 Infanterie- und 12 Jägerregimenter (à 3 Bataillone zu 4 Kompanien), 10 Kavallerieregimenter (2 Ulanen- und 8 Jägerregimenter à 6 Kompanien), 3 Regimenter Feldartillerie (à 12 Batterien), ein Regiment Gebirgsartillerie, 2 Regimenter und 4 Kompanien Garnisonartillerie, ein Genieregiment (3 Bataillone, eine Kompanie Torpedosoldaten); die Munizipalgarde (Gendarmerie), die Zoll- und Grenzwache etc. Der Friedens- und Kriegsstand der portugiesischen Armee ist folgendermaßen festgestellt:

Frieden Krieg

Infanterie 23258 Mann 99588 Mann

Kavallerie 4054 " 6803 "

Artillerie 2933 " 10241 "

Genie 833 " 2200 "

Andre Formationen 7589 " 7661 "

Zusammen: 38667 Mann, 126493 Mann.

Der Kriegsstand umfaßt außerdem 7821 Pferde, 4870 Maultiere und 264 Kanonen.

Die Kriegsflotte umfaßte 1887: 39 Dampfer mit 4691 Pferdekräften und 139 Kanonen und 15 Segler mit 42 Geschützen. Die Dampfer teilen sich ein in: eine Panzerkorvette mit 7 Geschützen, 6 Korvetten mit 60 Geschützen, 17 Kanonenboote mit 52 Geschützen, 2 Transportschiffe mit 4 Geschützen, 7 Schraubendampfer mit 13 Geschützen, 2 Torpedofahrzeuge und 2 Bugsierdampfer; die Segelschiffe in eine Fregatte mit 19 Geschützen, 2 Korvetten mit 11 Geschützen, 11 Schoner und Kutter mit 11 Geschützen. Das Personal der Kriegsmarine beläuft sich auf 3136 Mann.

Die außereuropäischen Kolonien Portugals sind:

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A. In Afrika: QKilom. Einwohner

Kapverdische Inseln 3851 109299

In Senegambien 69 6518

St. Thomas und Principe 1081 20888

Fort Ajuda 35 700

Angola, Benguela, Mossamedes 809400 2000000

Congodistrikt 79513 276300

Mosambik, Sofala 991150 2000000

B. In Asien:

Provinz Goa in Indien 3270 419993

Damao 80 48883

Diu 5 12636

Macao 12 68086

Timor 16300 300000

Zusammen: 1904766 5263303

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Das Wappen Portugals besteht aus einem silbernen Schild, auf welchem 5 kleine blaue Schildchen in Form eines Kreuzes angebracht sind, von denen jedes 5 Silbermünzen zeigt. Der Wappenschild ist von einem breiten roten Rand mit 7 goldenen Kastellen (Algarve) umgeben. Um den Schild hängt die Kette des Christusordens (s. Tafel "Wappen"). Die Flagge Portugals ist der Quere nach in ein blaues und ein weißes Feld geteilt (s. Tafel "Flaggen"). Die Landesfarben sind Blau und Weiß. Die Residenz ist Lissabon. P. hat folgende Orden: den Christusorden (s. Tafel "Orden"), die Militärorden von San Jago und São Bento de Aviz, den Orden da Torre e Espada, den Orden de Nossa Senhora da Conceição de Villa Viçosa und den der heil. Isabella.

Vgl. Minutoli, P. und seine Kolonien (Stuttg. 1855, 2 Bde.); A. de Figueiredo, Le P. (Lissab. 1873); Pery, Geographia e estatistica geral de P. e colonias (das. 1875); de La Saigne, Le P. historique, commercial et industriel (Par. 1876); Rouffeyroux, Le P. (das. 1880); Aldama-Ayala, Compendio geographico-estatistico de P. e sus posesiones ultramarinas (Madr. 1880); Crawford, P., old and new (Lond. 1880); Lavigne, L'Espagne et le P. (Par. 1883); Murray, Handbook for travellers in P. (4. Aufl., Lond. 1887); Passarge, Aus dem heutigen Spanien und P. (Leipz. 1883, 2 Bde.); Müller-Beeck, Reise durch P. (Hamb. 1883); Willkomm, Pyrenäische Halbinsel, Bd. 1 (Prag 1884); Eschwege, P., ein Staats- und Sittengemälde (Hamb. 1837); Ribeiro, Historia dos estabelecimentos scientificos, litterarios e artisticos de P. (Lissab. 1871-72, 2 Bde.); Braga, Ethnographia portugueza (das. 1885, 2 Bde.); Bonança, Historia da Lusitania e da Iberia (das. 1886, 3 Bde.); ferner die amtlichen Werke: "Annuario estatistico de P. 1884" (das. 1886); "Estatistica de P., População" (das. 1881); "Estatistica geral do commercio de P."; "Boletin official" etc. Karten: Carta corographica dos Reinos de P. e Algarve in 37 Blättern (1:100,000, noch unvollendet); Folque, Carta geographica de P. (1:500,000, 1870).

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Geschichte.

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Portugal umfaßt ungefähr das Gebiet der alten Lusitanier, die erst nach zehnjährigem hartnäckigen Widerstand unter dem tapfern Viriathus von den Römern besiegt wurden (138 v. Chr.), sich später aber nochmals unter Führung des Sertorius erhoben. Nach dessen Untergang (72) wurde Lusitanien ein Teil der römischen Provinz Hispania ulterior, 27 v. Chr. aber eine besondere kaiserliche Provinz mit der Hauptstadt Augusta Emerita (Merida). Zur Zeit der Völkerwanderung wurde das Land im Anfang des 5. Jahrh. von den Alanen und Sueven in Besitz genommen; nach der Vernichtung der Alanen durch die Westgoten kam es unter deren Herrschaft bis auf den kleinen suevischen Teil, der erst 585 mit dem Westgotenreich vereinigt wurde. Mit dem Sturz des Westgotenreichs fiel P. 711 an die Araber.

Die Wiedereroberung des Landes durch die Christen begann im 11. Jahrh. unter der Herrschaft Ferdinands von Kastilien (1037-1067), der nach der Eroberung von Coimbra die Grenzen seines Landes in P. bis zum Fluß Mondego ausdehnte und das eroberte Land als Markgrafschaft P. (von der alten Hafenstadt Portus Cale, dem heutigen Porto) durch einen kastilischen Statthalter verwalten ließ, während der südliche Teil unter dem Namen Algarve unter arabischer Herrschaft blieb. Alfons VI. (1072