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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Portugal

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Portugal (Geschichte bis 1755).

im Tod vorangegangen waren, sein dreijähriger Enkel Sebastian (1557-78), zunächst (bis 1568) unter Vormundschaft seines Großoheims, des Kardinal-Infanten Heinrich. Dieser übertrug die Erziehung des jungen Königs den Jesuiten, welche ihm den Kampf gegen die Ungläubigen als erste Pflicht einprägten. Als ihn daher ein aus Marokko vertriebener Fürst um Hilfe anging, unternahm er einen Feldzug gegen die Mauren, der aber mit der furchtbaren Niederlage bei Alkazar (4. Aug. 1578) endete: 12,000 christliche Streiter, unter ihnen der König und die Blüte des portugiesischen Adels, deckten das Schlachtfeld. Der einzige legitime Sproß des Königshauses, Kardinal Heinrich, der nun als König Heinrich den Thron bestieg, starb schon 31. Jan. 1580.

Die Herrschaft Spaniens.

Ein natürlicher Sohn des Herzogs von Beja, Bruders von Johann III., der Malteserprior Antonio von Crato, erhob nun Anspruch auf die Krone. Gegen ihn trat König Philipp II. von Spanien, Sohn der ältesten Schwester und Gemahl der ältesten Tochter Johanns III., mit Thronansprüchen auf, die bereits von einer durch König Heinrich eingesetzten Kommission als die bestbegründeten anerkannt worden waren, und für welche Philipp einen großen Teil des Adels und des Klerus gewonnen hatte. Als Antonio im Mai 1580 von mehreren Städten zum König ausgerufen wurde, schickte Philipp den Herzog von Alba mit einem Heer nach P., der Antonio mit leichter Mühe besiegte (August 1580) und zur Flucht nach Frankreich zwang. Von den Azoren aus versuchte derselbe P. wieder zu erobern, wurde aber in einer Seeschlacht besiegt und starb 1595 in Frankreich. Inzwischen hatte Philipp, nachdem er von den nach Thomar einberufenen Cortes als König anerkannt worden, 29. Juni 1581 in Lissabon seinen Einzug gehalten und den Kardinal Albrecht, Erzherzog von Österreich, zu seinem Statthalter in P. ernannt. Trotz des Versprechens, das Philipp II. in Thomar gegeben, die Rechte u. Institutionen des Landes zu schonen, arbeiteten die spanischen Könige darauf hin, P. zu einer spanischen Provinz zu machen. Besonders verderblich wurde aber die spanische Herrschaft für den portugiesischen Kolonialbesitz. Die Korruption der spanischen Beamten und die Einführung der Inquisition entfremdeten die eingeborne Bevölkerung. Als daher Philipp II. den Niederländern den Handel mit den Kolonien verbot, 50 niederländische Kauffahrer an der Mündung des Tejo wegnehmen ließ und die Niederländer darauf mit kriegerischen Maßregeln in Indien antworteten, gerieten die Molukken und die Sundainseln sowie Malakka bald in ihre Gewalt und gingen P. für immer verloren; ja, auch den größten Teil Brasiliens hatten die Holländer längere Zeit im Besitz. Diese Verluste sowie der harte Druck, der auf dem Land lastete, erweckten beim Volk den sehnlichsten Wunsch nach der frühern Selbständigkeit und bewirkten, daß die vier falschen Sebastiane, namentlich der letzte, für echt gehalten wurden, obwohl Philipp II. die Leiche des echten Sebastian von Ceuta nach P. hatte bringen und in vaterländischer Erde hatte beisetzen lassen. Schließlich richteten sich die nationalen Hoffnungen auf den Herzog Johann von Braganza, den Enkel Katharinas von Braganza, Tochter des jüngsten Bruders Johanns III., den einzigen Abkömmling des alten Königshauses. Als die Spanier nach der Unterdrückung eines Aufstandsversuchs in Evora (1638) sich der Person Johanns von Braganza zu bemächtigen drohten, sah sich dieser zum Handeln gedrängt. Nachdem er 12. Okt. 1640 von einer Adelspartei als König anerkannt worden, überfiel er 1. Dez. die Regentin, Herzogin Margareta von Mantua, in ihrem Palast in Lissabon und nahm sie gefangen. Auch das Kastell von San Juliano, der Schlüssel von Lissabon, fiel durch Verrat in die Hände der Aufständischen, und 15. Dez. fanden die Huldigung und Krönung Johanns IV. aus dem Haus Braganza statt. 1644 rückte ein spanisches Heer in P. ein, um Johann zu vertreiben, wurde aber 26. Mai von Matthias von Albuquerque geschlagen. Die Eroberung von Villa Viçosa, dem Stammsitz der Braganza, und andre Erfolge konnten die Spanier wegen ihres gleichzeitigen Kriegs mit Frankreich nicht ausbeuten, erlitten 14. Jan. 1659 bei Elvas eine neue Niederlage und schlossen endlich, nachdem sie von dem in portugiesische Dienste getretenen französischen Marschall Schomberg bei Amerial (3. Juni 1663) und bei Montesclaros (17. Juni 1665) besiegt worden waren, 13. Febr. 1668 den Vertrag von Lissabon, in welchem die Unabhängigkeit Portugals anerkannt, Ceuta an Spanien, Tanger an England überlassen wurde.

Die Herrschaft der Braganza bis zur französischen Okkupation.

Unter Johann IV. (1640-56) gelang es, Brasilien den Holländern wieder zu entreißen, während der größte Teil der ostindischen Besitzungen denselben verblieb. Dies bestätigte der Friede zwischen P. und den Niederlanden vom 31. Juli 1669. Johanns IV. ältester Sohn, Alfons VI. (1656-67), der erst von 1660 an selbst regierte, war wegen seiner an Blödsinn grenzenden Schwachheit zur Herrschaft unfähig und machte sich überdies durch sein unsittliches Leben verhaßt. Daher wurde er von seiner Gemahlin Marie Françoise Elisabeth von Savoyen-Nemours und seinem jüngern Bruder, Dom Pedro, 23. Nov. 1667 zum Verzicht gezwungen. Dom Pedro II., mit der geschiedenen Königin vermählt (24. März 1668), führte darauf mit Zustimmung der Cortes als Regent und nach dem Tod seines Bruders (12. Sept. 1683) als König die Regierung (1683-1705). Die während der Wirren im königlichen Haus und während des Kriegs mit Spanien zu großem Einfluß gelangten Cortes wurden nun allmählich zurückgedrängt und immer seltener, unter Johann V. (1705-50) endlich gar nicht mehr einberufen. Im Innern herrschten die Könige absolut und stützten sich auf den Klerus, den sie durch den kostspieligen Bau von Kirchen und Klöstern, so des kolossalen Klosters Mafra, das 45 Mill. Cruzados verschlang, für sich gewannen; dafür erhielten sie vom Papste den Titel "allergetreuester König" (Rex fidelissimus), und der Bischof von Lissabon wurde zum Patriarchen erhoben. Nach außen hin stellte sich P. ganz unter den Einfluß Englands, gewährte im Methuen-Vertrag (1703) den englischen Wollwaren freie Einfuhr, wodurch der portugiesischen Industrie großer Schade zugefügt wurde, überließ den Engländern ganz den Handel mit seinen Kolonien und ließ sich sogar zur Teilnahme am spanischen Erbfolgekrieg gegen Frankreich bewegen. Joseph I. (1750-77) überließ die Regierung ganz seinem Minister Sebastian Joseph von Carvalho, Marquis von Pombal, und führte dadurch eine völlige Änderung des bisher herrschenden Systems herbei. Pombal, ein Vertreter des im 18. Jahrh. so mächtigen aufgeklärten Despotismus, suchte durch eine Flut von Verordnungen die Mißbräuche in der Verwaltung zu beseitigen, die zerrütteten Finanzen zu regeln und den Wohlstand des Landes zu heben, welcher durch das Erdbeben von Lissabon (1. Nov.