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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Rittinger

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Ritterwesen - Rittinger.

d. Gr. durch Sage und Poesie verherrlicht worden sind. Die Mitglieder eines Komitats erhielten von ihrem Komitatsherrn Lehen, womit die Verpflichtung zu Dienstleistungen für den Lehnsherrn, namentlich zum Kriegsdienst, verbunden war. Mit der Ausbildung des Lehnswesens (s. d.) ging die des Ritterwesens Hand in Hand, welch letzteres dem ganzen Mittelalter hauptsächlich seine Gestalt gegeben hat, so daß man dasselbe nicht mit Unrecht die Ritterzeit genannt hat. Wie in den romanischen Ländern die Einfälle der Sarazenen, so waren in Deutschland die der Magyaren die Veranlassung, daß der Hauptteil des Heers in Reitern (rîter oder ritter) bestand. Zur Ausbildung des Ritterwesens trugen ferner die Kreuzzüge bei, in welchen nicht nur die Ritter den Kern des Heers bildeten, sondern auch durch die Verbindung der Romanen und Germanen die Formen des damals besonders in der Champagne und den südlichen Niederlanden blühenden Rittertums zu allgemein gültigen erhoben wurden. Zudem erhielt das R. durch die Kreuzzüge eine religiöse Weihe und einen hohen idalen ^[richtig: idealen] Aufschwung, namentlich durch die Gründung der geistlichen Ritterorden, welche sich ausschließlich der großen Sache des Christentums weihten (s. Orden). Diese Entwickelung des Ritterwesens, welche sich hauptsächlich vom 11.-14. Jahrh. vollzog, charakterisierte sich durch das höfische Wesen, eine besondere Art von Litteratur (s. Ritterpoesie), die Minne und die eignen Ansichten von Ehe und Pflichten sowie durch die Familieneinrichtungen und Feste (s. Turniere). Die Erziehung zum Ritter begann mit dem 7. Jahr, wo der Knabe an den Hof eines Fürsten oder auch zu einem Ritter gesandt wurde, dem er als Edelknabe (Bube) diente. Mit dem 14. Jahr wurde der Edelknabe zum Knappen erhoben und nach rühmlich bestandener Knappschaft in der Regel im 21. Lebensjahr zum Ritter "geschlagen" (Schwertleite). Fasten und Beten gingen der Erteilung des Ritterschlags voraus wie auch der Genuß des heiligen Abendmahls. Wer die Ritterwürde erhalten wollte, stellte zwei rittermäßige Männer als Zeugen, daß er rittermäßiger Geburt, christlichen Glaubens und unbescholtenen Lebens sei, und daß er die Pflichten des Standes zu erfüllen vermöge. War dies verbürgt, so kniete er, wohlgerüstet, aber ohne Helm, Schwert und Schild, zwischen den Zeugen nieder, und der die Würde Erteilende gab ihm mit der Fläche des Schwertes bald einen Schlag an den Hals, bald drei Schläge, einen auf jede Schulter und den dritten an den Hals. Dazu sprach er: "Zuo gotes unde Marîen êr, disen slac unde keinen mêr! wis küene, biderbe und gerecht; bezzer ritter denne knecht!" Darauf wurden dem Aufgenommenen bald von dem die Würde Erteilenden, bald von verschiedenen Rittern das Schwert umgegürtet, der Helm angebunden, der Schild an den Arm gegeben und die goldenen Sporen angeschnallt und jede dieser Handlungen mit einem schicklichen Spruch begleitet. Der Ritter führte sein eignes Wappen und seinen Wahlspruch oder seine Devise auf dem Schild, mitunter auch auf der Rüstung. Roß und Waffen waren die Symbole der Ritterschaft; keinem, der ihr angehörte, durften sie schuldenhalber genommen werden. Einem gefangenen Ritter wurden keine Fesseln angelegt (ritterliche Haft). Sein Ritterwort genügte, ihn gegen ein versprochenes Lösegeld freizulassen. Auch von allen Abgaben und Zöllen war er frei, während er von seinen Insassen die sogen. Rittersteuer erheben durfte. Eins der Hauptvorrechte des Ritters aber war, daß er die ihm versehene Würde wieder andern, selbst Fürsten und Königen, erteilen konnte. Störend für die öffentliche Sicherheit und Ruhe waren die sogen. irrenden oder fahrenden Ritter, die besonders in Spanien und Frankreich nach Abenteuern umherzogen und wesentlich zum Verfall des Rittertums beitrugen. In Frankreich fand auch zuerst der später in Deutschland ebenfalls übliche Brauch statt, daß ein irrender Ritter für die Schönheit und Vorzüge einer von ihm verehrten Dame bei Turnieren in die Schranken trat. In Friedenszeiten lebte der Ritter auf seiner Burg ein höchst einförmiges Leben, das nur durch die Besuche von Genossen, Pilgern oder wandernden Sängern einige Mannigfaltigkeit erhielt. Die Frauen, meist durch elterliche Verabredung mit den Rittern verbunden, waren auf die Burg und deren nächste Umgebungen beschränkt und beschäftigten sich mit Spinnen, Stickereien etc. Ein Kaplan oder Burgpfaffe war der geistliche Berater der Familie und häufig auch zugleich der Geschäftsführer. Nur zu den äußern Religionsübungen angehalten, den Wissenschaften meist fremd, hatten die Ritter selten Sinn für Recht und begannen oft grundlos mit Nachbarn und der reichern Geistlichkeit Fehden. Durch das Faustrecht (s. d.) artete die Ritterlichkeit in freche Waffengewalt aus, und bald gab es zahlreiche Ritter (Raubritter), welche ein Handwerk daraus machten, Klöster zu überfallen und zu plündern und Reisenden, besonders Kaufleuten, aufzulauern, um sie gefangen auf ihre Burg (Raubschloß) zu schleppen und ein hohes Lösegeld von ihnen zu erpressen. Es bedurfte der durchgreifendsten Maßregeln von seiten der Reichsgewalt und der vereinten Macht der Fürsten, um diesem Unwesen für immer ein Ende zu machen. Das R. selbst kam nach der Erfindung des Schießpulvers durch welche die ganze Art der Kriegführung eine andre wurde, immer mehr in Verfall, und seine Blüte wenigstens endete mit dem Tod Kaiser Maximilians I., der deshalb der letzte Ritter genannt wird. Gleichwohl erhielt sich der bevorzugte Ritterstand noch lange Zeit, und bis in unser Jahrhundert dauerten die Privilegien der Rittergüter (s. d.). Ein Teil der Ritterschaft hatte sogar bis zur Auflösung des frühern Deutschen Reichs die Reichsunmittelbarkeit behauptet (s. Reichsritterschaft). Vgl. Sainte-Palay de la Curne, L'ancienne chevalerie (1759-81, 3 Bde.; neue Ausg. 1826, 2 Bde.; deutsch von Klüber, Nürnb. 1786 bis 1791, 3 Bde.), das wichtigste der ältern Werke; Büsching, Ritterzeit und R. (Leipz. 1824); Weber, Das R. und die Templer, Johanniter etc. (Stuttg. 1822-24 u. öfter: 3 Bde.); Mills, History of chivalry (Lond. 1825, 2 Bde.); James, History of chivalry (das. 1835); Reibisch, Geschichte des Rittertums (Stuttg. 4842); Jakob Falke, Die ritterliche Gesellschaft im Zeitalter des Frauenkultus (Berl. 1862); Weinhold, Die deutschen Frauen im Mittelalter (2. Aufl., Wien 1882); Schultz, Das höfische Leben zur Zeit der Minnesinger (Leipz. 1880, 2 Bde.); Gautier, La chevalerie (Par. 1884); Roth v. Schreckenstein, Die Ritterwürde und der Ritterstand (Freiburg 1886); Freytag, Bilder aus der deutschen Vergangenheit, Bd. 1 und 2 (17. Aufl., Leipz. 1888).

Rittinger, Peter, Ritter von, Ingenieur, geb. 23. Jan. 1811 zu Neutitschein in Mähren, besuchte die Bergakademie zu Schemnitz, ward 1840 Pochwerksinspektor daselbst und erfand die Waschtrommel und den Spitzkastenapparat, welche bald weiter verbreitet wurden. 1848 nach den böhmischen Kohlenschürfungen zu Brandeisl als Kunstmeister bei den ärarischen Bergbauunternehmungen versetzt, erfand er eine einachsige Pumpe. 1849 erbaute er als Berg-^[folgende Seite]