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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Sahara

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Sahara (Bevölkerung, Handel etc.).

27 und 29° nördl. Br. aber erstreckt sich östlich davon ein über 800 km langer, öfters unterbrochener Gebirgszug, dessen bekanntester Teil die aus gelbem Sandstein bestehenden Sudahberge (658 m) zwischen Sokna und El Gaaf sind. Weiterhin, wo die Straße von Audschila nach Mursuk über ihn hinführt, heißt er Harutsch el issued und Harutsch el assuat ("schwarzer Berg", der Mons ater des Plinius, über 1000 m) und biegt sich im Dschebel Moraidsche nach NO., gegen die Oase von Audschila sich verflachend. Im W. geht die Hamada bei Ghadames allmählich in die Tiefebene von Wargla über. Nach O. schließt sie sich bei Tibesti an das Hochland der Tibu Reschade an, wo im Tusidde (Tarso) sich der höchste uns bekannte Berg der S. erhebt (von Nachtigal auf 2500 m geschätzt). Nach O. und N. senkt sich dasselbe zur Libyschen Wüste ab, welche eigentliche Sandwüste ist und sich von der Nordgrenze von Dar Fur unter 16° nördl. Br. gegen N. bis an die Große Syrte, das Plateau von Barka und die Nilmündungen über 1500 km weit erstreckt, während ihre Breite vom Nilthal bis an den Dschebel Moraidsche 800-1000 km beträgt. Die Oase Siwah, welche eine Depression von 28 m bildet, die Oasen Bacharieh, Farafrah, Dachel und Chargeh schließen endlich die S. gegen NO. hin ab.

[Bevölkerung.] Die Bevölkerung der S. scheint früher eine viel zahlreichere gewesen zu sein. Daß das Land in weit größerer Ausdehnung bewohnbar war, schließt man aus dem Vorhandensein zahlreicher alter Flußläufe, die auf ehemalige reichere Bewässerung und damit verbundene größere Fruchtbarkeit hindeuten, aus dem Vorkommen von Krokodilen in Seebecken der S., von Elefanten und Rhinozerossen, welche man in den Felsen von Fezzan, Algerien und Marokko ausgehauen findet, aus den versteinerten Stämmen in vielen Teilen der Wüste. Man meint daraus den Schluß ziehen zu können, daß ehemals die zentralen Gebirge und Plateaus dicht bewaldet waren oder eine reiche Vegetation trugen. Mit der Abnahme des Wassers trat eine Veränderung des Klimas ein, die Felsmassen zersetzten sich, und die Sandbildung begann. Die jetzige Bevölkerung gehört fast durchweg dem Berberstamm an. Die Araber, in keineswegs großer Anzahl eingewandert, haben ihre Sprache zu der herrschenden in der S. gemacht, sind aber durch Vermischung mit den Berbern als selbständige Völkerfamilie meist untergegangen und haben sich nur hier und da, namentlich an den Zentren des Karawanenverkehrs, unvermischt erhalten. Die Berbervölker im W. vom Meer an bis Tuat u. Timbuktu im O. bezeichnet man als Mauren; Blutmischung mit Negern ist bei ihnen sehr häufig. Auf sie folgen, den mittlern Teil einnehmend, die Tuareg, deren Zahl von Barth auf 150-200,000 geschätzt wird. Ihre Ostgrenze verläuft ungefähr mit der großen Karawanenstraße von Tripolis nach Kuka; an sie schließen sich, den östlichen Teil einnehmend, die Tibbu (Teda und Daza) an, deren Völkerstellung zwischen Negern und Berbern schwankt, aber nach Nachtigal mehr letztern zuneigt. Außer diesen drei Hauptabteilungen der Saharabevölkerung kommen Juden vor und zwar ausschließlich in den Oasen, wo sie gewöhnlich Handel treiben und meist Goldschmiede sind, dann echte Neger, größtenteils aus ihrer Heimat verkaufte Sklaven oder Kaufleute. Alle Bewohner der S., besonders im W. und im Zentrum, beschäftigen sich vorzugsweise mit Viehzucht und Handel, da, mit Ausnahme einiger Oasen, der Boden keinen Ackerbau zuläßt. Sie sind deshalb auch fast ausschließlich Nomaden.

[Handel.] In neuester Zeit tauchten mannigfache Projekte auf, das ungeheure, so schwer zugängliche Gebiet, das zum allergrößten Teil nutzlos daliegt, den Menschen dienstbar zu machen und namentlich mehr dem Handel zu eröffnen, als dies das Karawanenwesen vermag. Von dem aus physikalischen Gründen unausführbaren Plan, die S. in ein Binnenmeer zu verwandeln, ist bereits gesprochen worden (vgl. Roudaire). Nicht unmöglich, aber sehr schwierig wäre es, die S. mittels Eisenbahnen zu durchschneiden. Duponchel empfahl eine solche von Algerien aus, während Rohlfs eine von Tripolis nach Kuka vorschlägt. Hitze, Wassermangel, die Sanddünen und die Feindseligkeit der Bewohner sind indessen die schwer zu besiegenden Hindernisse, welche der Ausführung dieser kühnen Pläne sich zunächst entgegenstellen. Jedenfalls werden wir noch für längere Zeit mit dem bisherigen Transportwesen in der S. und den alten Karawanenstraßen zu rechnen haben. Lenz sprach sich ganz und gar gegen eine Saharabahn aus und führt den geringen bestehenden Verkehr in derselben für seine Ansicht ins Feld. Der Handel folgt seit den urältesten Zeiten bestimmten Straßen, welche das Land in verschiedenen Richtungen durchziehen. Der Hauptzweck des Binnenhandels besteht in dem Austausch von Vieh und Salz an die Bewohner der Nigerländer gegen Goldstaub, Sklaven, Elfenbein und Getreide. Erstere drei Handelsgegenstände führen die Saharabewohner dann mit andern eingehandelten Produkten des innern Afrika, z. B. Kardamomen, und einigen eignen Produkten, wie Straußfedern, Alaun und Gummi, nach den Küstenländern im W. und N. Auch Pferde werden häufig von ihnen nach dem Senegal und den Nigerländern verhandelt. Aus den Küstenländern versorgen sie sich jetzt häufig mit Waffen, Pulver und Kleidungsstoffen. Die östliche Region, jene der Tibbu, erscheint für den Verkehr viel weniger belangreich als die mittlern und westlichen Gegenden. Im äußersten Osten ist sie ohnehin durch die Libysche Wüste völlig verschlossen, und abgesehen von der an ihrem Nordrand hinführenden Straße über die Oasen Audschila und Siwah hat sie keinerlei direkte Verbindung mit dem Nilland. Mit dem Westen steht sie in Verbindung durch die Straße, welche von Wadai über Borku und Tibesti nach Fezzan führt, um hier der großen Zentralstraße der S. sich anzuschließen. Letztere beginnt am Mittelländischen Meer bei Tripolis, geht über Mursuk in Fezzan und das salzreiche, den Handel belebende Bilma in Kauar nach Kuka am Tsadsee. Ihr an Wichtigkeit zunächst steht die zweite Zentralstraße; sie trennt sich bei Mursuk von der vorigen, geht in westlicher Richtung aus Ghat (Rhat), dann in südlicher Richtung auf Agades in Aïr, nachdem sie aus NW. den Anschluß der Karawane aus Tuat im SO. von Marokko erhalten. Von Agades laufen wieder Straßen nach Süden aus: nach Gagho am Niger, nach Wurno und Sokoto im Fulbereich Gando und über Damergu und Katsena nach Kano im Herzen des Sudân. Von Algerien, wo die Franzosen dem Karawanenhandel alle möglichen Erleichterungen gewähren, führt die Hauptstraße nach Timbuktu über Gardaja im Lande der Mzabiten und El Golea nach Tuat, von da nach SW. über Mabruk an den Niger. Die westliche S. hat ihre Karawanenverbindungen zwischen dem Senegal und Südmarokko über Adrar. Noch immer erhält die S. und der an sie grenzende Teil des Sudân den größten Teil seiner europäischen Waren von N., vom Mittelmeer her; doch hat in der letzten Zeit ein Teil des Warenzugs angefangen, sich nach dem Senegal und