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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

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Scheibe - Scheideck.

von Papier und Holzstoff, Werkzeugen und Achsen, Kunstmühle und (1880) 1028 Einw., ist Sitz einer Bezirkshauptmannschaft und eines Bezirksgerichts.

Scheibe, im Maschinenwesen ein kurzer Cylinder, der meist um irgend eine zu seinen Seiten parallele Linie (beim Kreiscylinder auch um die Achse) rotierend zu denken ist, aber auch ein feststehender Körper sein kann. In der Regel wird dem Wort S. noch eine nähere Bezeichnung vorangesetzt. Besonders häufig kommen vor bei rotierenden Scheiben die Benennungen: Riemenscheiben, Leerscheiben, Losscheiben (s. Riemenräderwerke), exzentrische Scheiben (s. Exzentrik), Kurbelscheiben (kreisförmige Scheiben mit einem Kurbelzapfen), unrunde Scheiben (mit nicht kreisförmigem Grundriß), Herzscheiben (mit herzförmigem Grundriß), und bei festen Scheiben die Benennungen: Unterlagsscheiben (für Schraubenmuttern), Dichtungsscheiben (für Flanschverbindungen).

Scheibe, Dorf im preuß. Regierungsbezirk Breslau, Kreis Glatz, hat eine Privatirrenanstalt und (1885) 606 Einw.

Scheibel, Johann Gottfried, luther. Theolog, geb. 16. Sept. 1783 zu Breslau, ward 1807 Prediger in Breslau und erhielt 1811 eine außerordentliche, 1818 eine ordentliche Professur der Theologie an der Universität daselbst. Seine Weigerung, als Prediger an der Elisabethkirche die im Dienste der Union stehende neue Kirchenagende anzunehmen, führte 1832 seine Amtsentsetzung herbei. Er begab sich darauf nach Dresden und schrieb daselbst eine "Aktenmäßige Geschichte der neuesten Unternehmungen einer Union zwischen der reformierten und lutherischen Kirche im preußischen Staat" (Leipz. 1833, 2 Bde.). Infolge einer von ihm 1832 am Reformationsfest zu Dresden gehaltenen Predigt von da ausgewiesen, lebte er seit 1839 zu Nürnberg, wo er 1841 das "Archiv für historische Entwickelung der lutherischen Kirche" (2 Hefte) herausgab und 21. März 1843 starb.

Scheibenberg, Stadt in der sächs. Kreishauptmannschaft Zwickau, Amtshauptmannschaft Annaberg, 680 m ü. M., hat eine Posamentierschule, ein Amtsgericht, Spitzen- und Posamentierwaren-, Korsett- und Zigarrenfabrikation, Nagelschmieden und (1885) 2346 meist evang. Einwohner. Dabei der 805 m hohe Berg S. mit hohen Basaltsäulen.

Scheibenkünste, s. Paternosterwerke.

Scheibenpilze (Discomycetes), Unterordnung der Pilze (s. d., S. 73) aus der Ordnung der Askomyceten.

Scheibenquallen, s. Medusen.

Scheïch (arab., "Graubart"), s. v. w. Ältester, Vorgesetzter, bei den arabischen Nomaden Häuptling eines Stammes, auch Hauptprediger einer Moschee; dann Oberhaupt irgend eines religiösen Ordens, welches einer nahezu göttlichen Verehrung genießt. S. ul Islam, der Pontifex Maximus in der Türkei, in Europa fälschlich "Großmufti" genannt. Er wird vom Sultan eingesetzt, hat die strenge Beobachtung des Religionsgesetzes zu überwachen und ist befugt, selbst den Sultan im Übertretungsfall zu strafen oder abzusetzen, wie wir dies in der Neuzeit bei der Entthronung Abd ul Asis' und Murads V. gesehen haben. S. ul Harem, der Gouverneur von Medina, dem die Bewachung des heiligen Grabes Mohammeds obliegt.

Scheichi, Name einer Sekte in Persien, die an die Lehre der Inkarnation glaubt.

Scheich Said, Vorgebirge an der Südwestspitze Arabiens, Perim gegenüber, an der Straße Bab el Mandeb. Hier erwarb eine Marseiller Firma für 50,000 Frank Grundbesitz, die französische Regierung errichtete 1870 ein Kohlendepot mit kleiner Garnison, gab den Platz aber bald nachher auf. Da Perim von hier aus beherrscht werden kann, ist der Platz militärisch wichtig. Derselbe wurde 1885 von einem türkischen Detachement besetzt.

Scheid, Kaspar, deutscher Schriftsteller des 16. Jahrh., wirkte als Schulmeister zu Worms, wo er 1565 mit Frau und Kindern an der Pest starb. S. war der Lehrer Fischarts. Er verpflanzte französische Werke nach Deutschland, trat daneben auch der Wormser Meistersingerschule bei, wovon sein "Lob der Musika" (1561) zeugt, und ist besonders dadurch bemerkenswert, daß er den 1549 erschienenen "Grobianus" von Fr. Dedekind (s. d.), eine Satire auf die Roheit der damaligen Zeit, in deutsche Reimpaare übersetzte und erweiterte (1551; Neudruck, mit Einleitung von Milchsack, Halle 1882). Außerdem schrieb er: "Die fröhliche Heimfahrt", allegorische Ritterdichtung (1552); Reime zum "Totentanz" (1558) und eine "Lobrede des Maien" (in Prosa, 1568).

Scheide (Mutterscheide, Vagina), derjenige Teil der weiblichen Geschlechtsorgane, in welchen bei der Begattung das männliche Glied aufgenommen wird. Sie bildet das äußerste Stück des Eileiters, ist jedoch von ihm durch größere Weite unterschieden. Unter den Wirbeltieren ist sie im Einklang mit der Ausbildung der Rute (s. d.) fast nur bei den Säugetieren stark entwickelt, und zwar ist sie doppelt bei den Beuteltieren, einfach, aber nach innen zu geteilt (um in die zwei Gebärmütter je einen Zweig zu senden) bei einigen Nagetieren, ungeteilt bei dem Rest. Sie beginnt bei allen Säugetieren am Ende der Gebärmutter und endet selbst zuweilen mit einer besondern Schleimhautfalte (s. unten) in den Raum, welcher als die äußere Scham bezeichnet wird und in seiner Tiefe auch die Harnröhre einmünden läßt. Beim Menschen (s. Tafel "Eingeweide II", Fig. 2) ist die S. eine gekrümmte häutige Röhre von 7-8 cm Länge (bei Ausdehnung 9-11 cm) und 3 cm Weite. Ihre Wände sind 2 mm dick, sehr dehnbar und elastisch, stark muskulös und bilden bei Jungfrauen am Eingang eine meist halbmond-, selten ringförmige Falte (Scheidenklappe, Hymen, Jungfernhäutchen), welche den Durchmesser desselben beträchtlich verringert. Nach ihrer Zerreißung bleiben von ihr nur einige wenig hervorragende Narben (carunculae myrtiformes) zurück. Im Innern der S. befindet sich normal stets Schleim. Die weibliche Scham (vulva, cunnus), d. h. der für S. und Harnröhre gemeinschaftliche Raum (sinus urogenitalis) liegt in der Nähe des Afters, ist beim Embryo mit diesem zur Kloake vereinigt und auch bei vielen erwachsenen Säugetieren noch mit ihm durch eine Hautfalte verbunden sowie mit einem für beide Öffnungen gemeinschaftlichen Schließmuskel versehen. Eine in ihr befindliche Hervorragung ist der Kitzler oder die Klitoris (s. d.). Beim Menschen ist sie rechts und links durch je zwei Hautfalten ausgezeichnet, die äußern oder großen und innern (auch Nymphen genannten) oder kleinen Schamlippen; der Eingang zur S. läßt sich beim Weib durch einen besondern Schließmuskel (constrictor cunni), dessen Fasern zum Teil in die des Afterschließmuskels übergehen, verengern. Der vor der Scham (und beim Mann vor der Rute) gelegene, mit krausen Haaren besetzte Teil der Bauchwandung heißt Venus- oder Schamberg (mons Veneris s. mons pubis).

Scheideck, zwei Bergpässe im schweizer. Kanton Bern: 1) Die Große S. (1961 m) bildet den Übergang aus dem Hasle- in das Grindelwaldthal und