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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Seminara; Seminolen; Semionotussandstein; Semiótik

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Seminara - Semiotik.

anfangs warme Teilnahme widmete, ist doch die bevorzugte Pflege der Écoles normales, wie dort die Seminare heißen, erst in diesem Jahrhundert unter Einfluß des deutschen Vorganges allmählich erwacht.

Die Einrichtung der Seminare ist eine sehr verschiedene. Von geringerer grundsätzlicher Bedeutung, als man im Streite der Parteien bisweilen angenommen hat, ist der Unterschied der Externatseinrichtung, bei der die Zöglinge in Privathäusern wohnen und nur den Unterricht in der Anstalt empfangen, und der Internatseinrichtung, bei der ihnen das S. auch Wohnung und Kost gewährt. Wichtiger ist der Unterschied in der Bildungszeit, welche z. B. in Preußen drei Jahre, denen freilich meistens zwei Jahre in der Präparandenschule vorangehen, im Königreich Sachsen sechs Jahre beträgt. Auch hinsichtlich des Lehrplans herrscht große Mannigfaltigkeit. Im Königreich Sachsen ist z. B. an allen Seminaren Unterricht in der lateinischen Sprache pflichtmäßig eingeführt, während in Preußen die Teilnahme am Unterricht in einer fremden Sprache in die Wahl des einzelnen Zöglings gestellt ist. Die vielfach vorkommende Verbindung des Lehramtes mit kirchlichen Diensten, besonders dem Organistenamt, bedingt in den meisten deutschen Seminaren eine weitgehende Pflege der Musik, zumal des Orgelspiels, die jedoch auch im allgemeinen nationalen Interesse hoch erwünscht ist. Turnen, Zeichnen werden heute an den Seminaren überall gelehrt; zumeist findet sich auch Unterricht in Landwirtschaft, Gartenbau, Obstbaumzucht. Mit jedem gut eingerichteten S. ist mindestens eine Übungsschule verbunden, in welcher die Seminaristen der obern Klassen unter Leitung und Aufsicht eines Lehrers sich im Unterrichten üben. Auch mit Taubstummenanstalten hat man vielerwärts die Seminare in enge Verbindung gebracht, um den jungen Lehrern diesen wichtigsten Zweig der Heilpädagogik durch Anschauung nahezubringen. Über das Nähere vgl. für Preußen "Lehrplan und Lehrordnung der königlichen Schullehrerseminare" in den allgemeinen Bestimmungen etc. des Ministers Falk vom 15. Okt. 1872 (Ausgabe von Sperber, Bresl. 1886) sowie das umfassende Sammelwerk von Schneider und v. Bremen: "Volksschulwesen des preußischen Staats" (Berl. 1886-87, 3 Bde.), das namentlich in Band 1 reiche geschichtliche u. statistische Mitteilungen bringt; für Österreich: "Organisationsstatut vom 31. Juli 1886"; für Bayern: "Normativ für Bildung der Schullehrer vom 29. Sept. 1866 mit Zusatz vom 7. Sept. 1886"; für Sachsen (Königreich): Gesetz vom 22. Aug. 1876 und Ausführungsverordnung vom 29. Jan. 1877. Alle diese Urkunden in "Deutsche Schulgesetzsammlung", begründet von Keller, fortgesetzt von Schillmann (Berl., seit 1872, wöchentlich). Die französischen Normalschulen sind geregelt durch das Dekret des Präsidenten vom 29. Juli 1881. In Frankreich (wie in Ungarn, Italien) gibt es auch einzelne besondere Seminare für Lehrer und Lehrerinnen an höhern Volks- und Mittelschulen, während in Deutschland für Lehrer derartige Anstalten ganz fehlen und die Lehrerinnen für Volksschulen einer-, für mittlere und höhere Mädchenschulen anderseits zumeist in denselben Anstalten, nur für gewisse Lehrfächer getrennt, ihre Vorbildung empfangen. Eine Übersicht des Lehrerbildungswesens nach seiner geschichtlichen Entwickelung und nach seinem heutigen Stand gibt der umfassende Artikel "Volksschullehrerseminar" (von Sander) in der 2. Auflage von Schmid-Schraders "Encyklopädie des gesamten Erziehungs- und Unterrichtswesens".

In der katholischen Kirche bezeichnet man als Seminare, wie angedeutet, auch die kirchlichen Anstalten zur Vorbildung der Geistlichen, und zwar unterscheidet man die mit Konvikt verbundenen Vorschulen, Knabenseminare (s. d.), und die eigentlichen Priesterseminare, in Frankreich Petits séminaires und Grands séminaires. - Die protestantischen Predigerseminare sind seltener Nebenanstalten der Universitäten, wie in Tübingen (Stift) und Heidelberg, meist gesonderte, akademisch organisierte Institute, in denen mit der wissenschaftlichen Fortbildung durch Vorträge der Lehrer und litterarische Arbeiten der Mitglieder praktische Übung in der Seelsorge, Predigt, Katechetik etc. Hand in Hand gehen, wie in Berlin (Domkandidatenstift), Wittenberg, Hannover, Lokkum, Herborn, Friedberg u. a. - An den Universitäten oder in naher Verbindung mit diesen gibt es gegenwärtig zahlreiche praktische Institute, die als historische, statistische, exegetische, katechetische, homiletische, liturgische, philologische, archäologische, pädagogische Seminare bezeichnet und als anregende Ergänzung der einseitig dozierenden Vorträge der Professoren besonders gepflegt werden. Von allgemeinerer Bedeutung sind unter diesen namentlich die pädagogischen Seminare, bestimmt zur praktischen Anweisung der angehenden Lehrer an höhern Lehranstalten und daher meist mit Übungsschulen verbunden oder an selbständige Schulen angelehnt. Ihr Urbild haben diese Anstalten ebenfalls in dem Seminarium praeceptorum Franckes (s. oben), das der gegenwärtige Direktor der Franckeschen Stiftungen, Frick, 1881 glücklich erneuert hat. Besonders empfohlen wurden sie als Universitätsanstalten mit Übungsschulen von Herbart und seiner Schule; doch verdient aus praktischen Rücksichten die Verbindung mit einer höhern Lehranstalt und womöglich zugleich mit einem S. für Volksschullehrer den Vorzug. Vgl. Frick, Das Seminarium praeceptorum (Halle 1883); Derselbe, Lehrproben und Lehrgänge (das., seit 1884). Über das S. für orientalische Sprachen in Berlin s. Bd. IX, S. 1026.

Seminara, Stadt in der ital. Provinz Reggio di Calabria, Kreis Palmi, liefert das beste Öl in Kalabrien, hat Seidenindustrie und (1881) 3048 Einw. S. ist aus dem 1075 zerstörten Taurianum entstanden und litt 1783 sehr durch Erdbeben.

Seminolen ("Flüchtlinge"), Indianerstamm in Nordamerika, zu den Krik (s. d.), deren südliche Abteilung sie bilden, gehörig, hatten ihre Wohnsitze erst in Georgia, siedelten 1750 zum Teil nach Florida über und erkannten die Oberherrschaft der Vereinigten Staaten (1823) nur widerwillig an. In dem sogen. Seminolenkrieg widerstanden sie, durch nachfolgende Haufen verstärkt und durch Sümpfe gedeckt, obwohl kaum 4000 Köpfe und nur 1600 Krieger zählend, ein volles Jahrzehnt (1832-42) hindurch den Angriffen einer nordamerikanischen Armee. Nachdem die S. endlich der Übermacht erlegen, wurden sie größtenteils in das Indianerterritorium verpflanzt, wo sie, noch 3000 Köpfe stark, zwischen dem Nord- und Südfork des Canadian River wohnen und schon ziemlich zivilisiert sind. Einige hundert sind in Florida zurückgeblieben, wo sie ein umherschweifendes Leben führen.

Semionotussandstein, s. Triasformation.

Semiótik (Semiologie, Phänomenologie, griech.), die ärztliche "Zeichenlehre", die Lehre, wie aus den Erscheinungen am Krankenbett Schlüsse auf die bestehende Krankheit und ihren mutmaßlichen Verlauf zu machen sind. Die S. bildet im Verein mit den physikalischen Untersuchungen, der Auskul-^[folgende Seite]