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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

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Sphäroid - Sphinx.

(Dschin-Dschen). Dasselbe gilt von den ähnlichen Arten: Euchema spinosum Ag. (S. spinosus Ag.), E. gelatinae Ag. (S. gelatinus Ag.) und E. speciosum Ag., in den Meeren Indiens und Australiens, welche auch nach Europa (s. Agar-Agar) in den Handel kommen. Auch Gracilaria lichenoïdes, im Indischen Meer und im Stillen Ozean, wird gegessen.

Sphäroīd (griech., "kugelähnlich"), bei den alten Geometern der Körper, welcher durch Umdrehung einer Ellipsenfläche um eine der beiden Achsen erzeugt wird. Ist a die halbe Rotationsachse, b die andre Halbachse (vgl. Ellipse), so ist das Volumen des Körpers = 3/4 a² b π (π = 3,1416, vgl. Kreis), gleichgültig, ob a größer oder kleiner als b ist. Schon Archimedes hat dies bewiesen. Gegenwärtig nennt man den Körper (und ebenso die ihn begrenzende Fläche) ein Rotationsellipsoid (vgl. Ellipsoid).

Sphäroïdaler Zustand, s. Leidenfrostscher Tropfen.

Sphärolithe, die kugeligen Aggregate, welche in vielen Gesteinen eine besondere kugelige oder sphärolithische Struktur hervorrufen, und die man, je nachdem sie selbst strukturlos sind oder eine radialfaserige Zusammensetzung erkennen lassen, und je nach der Natur der gruppierten Elemente mit verschiedenen Namen (Kumulite, Globosphärite, Belonosphärite, Felsosphärite, Granosphärite) belegt. Tafel "Mineralien und Gesteine" zeigt in Fig. 16 und 17 sphärolithische Struktur in körnigem und in glasigem Gestein. Speziell nennt man S. die kugeligen, aber schon deutlich kristallinischen Ausscheidungen in gewissen Perlsteinen (s. d.), von den aus bloßer Glasmasse bestehenden kugeligen Körnern der meisten Perlsteine zu unterscheiden. Gesteine, welche fast nur aus solchen Sphärolithen zusammengesetzt sind und beinahe gar keine glasige Zwischenmasse erkennen lassen, heißen Sphärolithfels. Lokal und genetisch sind dieselben mit den Pechsteinen oder den Perlsteinen eng verknüpft.

Sphärolithischer Aphanīt, s. Blatterstein.

Sphärologie (griech.), Kugellehre, Lehre von der Kugelgestalt der Weltkörper.

Sphäromēter (griech., "Kugelmesser"), Instrument zur Bestimmung der Gestalt der Linsengläser und zur Messung der Dicke dünner Blättchen, welche die bekannten farbigen Erscheinungen im polarisierten Licht zeigen, besteht nach der ihm von Cauchoix gegebenen Einrichtung im wesentlichen aus einer mit einem Dreifuß verbundenen Mikrometerschraube, deren kreisförmiger Kopf eine Teilung besitzt.

Sphärometrie (griech.), Kugelmessung.

Sphäropleen, Ordnung der Algen (s. d., S. 343).

Sphärosiderīt, s. Spateisenstein.

Sphen, s. Titanit.

Sphendŏne (griech.), Schleuder; auch eine in der Mitte breite Haarbinde der griechischen Frauen, die dergestalt um den Kopf gebunden wurde, daß das Haar ringsum in Ringeln herabfiel.

Sphenoīde, vierflächige Kristallgestalten, Hemieder der quadratischen oder rhombischen Pyramide; vgl. Kristall, S. 232.

Sphenophyllum, s. Lykopodiaceen, S. 6.

Sphingĭdae (Schwärmer), Familie aus der Ordnung der Schmetterlinge (s. d.).

Sphinkter (griech.), Schließmuskel (s. d.).

Sphinx, Schmetterlingsgattung aus der Familie der Schwärmer (Sphingidae oder Crepuscularia), zu welcher der Windig, Liguster-, Kiefernschwärmer u. a. gehören.

Sphinx, Name oft kolossaler Steinbilder, gewöhnlich aus Granit oder Porphyr, auch Kalkstein, von Löwengestalt mit Menschenkopf, liegend auf Postament, die Vorderbeine vorwärts gestreckt, die Hinterbeine untergeschlagen. Diese phantastischen Gebilde stammen aus dem Orient: aus Assyrien (Palast zu Nimrud und Portal von Chorsabad) und insbesondere aus Ägypten. Hier standen sie meist am Eingang des Tempels, doch auch einzeln. Die ägyptischen Sphinxbilder sind immer männlichen Geschlechts und dienen meist zur Darstellung eines Königs, weshalb sie die Uräusschlange vor der Stirn tragen. Die kolossalste ist die S. bei den Pyramiden von Gizeh, aus dem Felsen gehauen, 55 m lang, an 20 m hoch, aus der ältesten Zeit der ägyptischen Geschichte vor Cheops stammend (s. Tafel "Baukunst III", Fig. 1). Diese merkwürdige Bildung entsprach demselben Hang zum Mystizismus, der auch die Götterbilder mit Tierköpfen versah. Auch bei den Sphinxen beschränkte man sich nicht auf Mischung der Löwengestalt mit der menschlichen, sondern setzte auch wohl Widder- (Kriosphinxe, s. Tafel "Bildhauerkunst I", Fig. 2) und Sperberköpfe auf. Im allgemeinen betrachtete man die Sphinxe als die mystischen Hüter und Schutzgeister der Tempel und Totenwohnungen. Ganze Alleen von riesigen Sphinxen führten oft zum Eingang des Tempels. Mannigfaltiger nach Gestalt und Bedeutung erscheinen die Sphinxe in Griechenland, wo sie immer als weibliche Gestalten aufgefaßt werden. Ursprünglich ein geflügelter Löwenkörper mit Kopf und Brust einer Jungfrau (s. Abbildung), wurden sie später von Dichtern und Künstlern in den abenteuerlichsten Gestalten dargestellt, z. B. als Jungfrau mit Brust, Füßen und Krallen eines Löwen, mit Schlangenschweif, Vogelflügeln, oder vorn Löwe, hinten Mensch, mit Geierkrallen und Adlerflügeln, und zwar nicht immer liegend, sondern auch in andern Stellungen. Berühmt ist die thebaische S. im böotischen Mythus, Tochter des Typhon und der Schlange Echidna, welche jedem, der ihr nahte, das Rätsel aufgab: Welches Geschöpf geht am Morgen auf vier Füßen, am Mittag auf zweien, am Abend auf dreien? Wer es nicht lösen konnte, mußte sich vom Felsen in den Abgrund stürzen. Ödipus deutete es richtig auf den Menschen, worauf sich die S. vom Berg herabstürzte. Von der griechischen Kunst aus der ägyptischen und orientalischen frühzeitig übernommen und eigentümlich (immer weiblich) umgebildet, galt hier die S. als Sinnbild des unerbittlichen Todesgeschicks und ward daher auf Gräbern oft dargestellt (vgl. Bachofen, Gräbersymbolik der Alten, Bas. 1859). Auch an altchristlichen Kirchen kommen die Sphinxe manchmal vor. Wieder angewendet wurden sie von der Spätrenaissance, insbesondere häufig aber von der Barockkunst, die mit denselben Eingänge zu Palästen, Gärten u. dgl. verzierte.

^[Abb.: Sphinx (Berliner Museum).]