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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

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Versecz - Versicherung.

Versecz (spr. wérschetz), königliche Freistadt im ungar. Komitat Temes, an der Österreichisch-Ungarischen Staatsbahnlinie Temesvár-Báziás, Sitz eines griechischen nichtunierten Bischofs, mit (1881) 22,329 Einw. (Deutsche, Serben, Rumänen und Ungarn), berühmtem Weinbau, Weinstein-, Maschinen- und Ziegelfabriken, Kognakfabrik, Seidenbau, lebhaftem Handel und Bezirksgericht. Vgl. Milleker, Geschichte der königlichen Freistadt Werschetz (Budap. 1886, 2 Bde.).

Versehen der Schwangern, die angebliche Einwirkung von Sinnes-, namentlich Gesichtseindrücken Schwangerer auf die Bildung des Fötus. Es ist dies eine von alters her verbreitete und selbst von manchen Ärzten verteidigte Annahme, in der Wissenschaft aber eine noch unerledigte Streitfrage. Wenn es durch die Erfahrung erwiesen ist, daß Sinneseindrücke durch ihren Einfluß auf das Gemüt einer Schwangern auch auf das Befinden des Fötus einzuwirken vermögen, wie z. B. heftige Gemütserschütterung oder Betrübnis den Tod der Leibesfrucht zur unmittelbaren Folge gehabt haben, so scheint man auch zu der Annahme berechtigt zu sein, daß durch dergleichen Einwirkungen der Entwickelung des Fötus eine abnorme Richtung gegeben werden könne. Zur Zeit fehlt eine sichere Basis für die wissenschaftliche Erklärung des Faktums und ist bis auf weiteres die Annahme des Versehens der Schwangern als ein allerdings sehr populärer, aber nichtsdestoweniger ganz ungegründeter Erklärungsversuch bis jetzt nicht zu deutender Beobachtungen anzusehen.

Verseifen, Zersetzung zusammengesetzter Äther durch Alkalien, speziell die Bildung von Seifen aus Fetten durch Behandlung derselben mit Alkalien.

Versenkter Kopf, bei Schrauben, Nieten, Drahtstiften ein Kopf von der Form eines abgestutzten Kegels, welcher so tief in das Holz oder Metall getrieben werden kann, daß er aus demselben nicht hervorragt.

Versetzen, in der Gärtnerei, s. Verpflanzen; über den Ausdruck V. in der Jägerei s. Verklüften.

Versetzgerüste, Baugerüste, welche bei größern Objekten des Hoch- und Ingenieurbauwesens teils zum Standort der Arbeiter, teils als Transportgerüste für Baumaterialien, vorzugsweise aber als Vorrichtungen zum Versetzen von Quadern dienen. Sind die Bauobjekte von geringer Längenausdehnung und bedeutender Höhe, so wendet man mit Vorteil feste, sind dieselben im Verhältnis zu ihrer Höhe lang gedehnt, wie Brücken und Viadukte mit zahlreichen Öffnungen, so wendet man am vorteilhaftesten bewegliche V. an. Die festen V. werden etwas höher als das auszuführende Bauwerk angelegt, so daß mit den auf denselben verschieblichen Versetzmaschinen auch die obersten Quadern versetzt werden können, während die beweglichen V. aus einem durchlaufenden niedrigen Transportgerüst bestehen, worauf sich ein sich über das Bauwerk erhebender Versetzwagen samt den darauf befindlichen Versetzmaschinen bewegen läßt.

Versetzstücke, s. Theater, S. 624.

Versetzung in den Anklagestand, s. Eröffnung des Hauptverfahrens.

Versetzungszeichen (Accidentalen), in der Musik die Zeichen der Erniedrigung, Erhöhung und Wiederherstellung der Stammtöne unsers Musiksystems, also ♭, ♯, ♮, ♭♭, ×, ♮♭, ♮♯, ♮♮. Das einfache ♭ erniedrigt um einen Halbton, das ♯ erhöht um einen Halbton, ♮ stellt in beiden Fällen den Stammton wieder her. Das Doppelbe (♭) erniedrigt um zwei Halbtöne, z. B. ^[img] ist auf dem Klavier die Taste a, heißt aber nicht a, sondern heses. Auch nach vorausgegangenem oder vorgezeichnetem einfachen ♭ werden heses, eses, asas etc. durch das doppelte ♭ gefordert. ♮♭ macht aus dem doppelt erniedrigten Ton einen einfach erniedrigten, ♮♮ stellt aus dem doppelt erniedrigten den Stammton wieder her. Das Doppelkreuz (×) erhöht um zwei Halbtöne, so daß ^[img] auf dem Klavier die Taste g bedeutet (fisis). Auch bei vorgezeichneten einfachen Kreuzen werden fisis, cisis etc. durch × gefordert. ♮♯ macht aus dem doppelt erhöhten Ton den einfach erhöhten, ♮♮ stellt den Stammton wieder her. Manche Komponisten bedienen sich in allen Fällen des einfachen ♮ zur Herstellung des Stammtons. Über die Bedeutung der zu Beginn eines Tonstücks oder eines Teils vorgezeichneten V. vgl. Vorzeichnung. Vgl. Riemann, Studien zur Geschichte der Notenschrift, S. 52-63 (Leipz. 1788).

Versicherung (Assekuranz), der zweiseitige Vertrag, durch welchen sich der eine Kontrahent gegen eine Gebühr in Geld verpflichtet, für den Fall des Eintritts, bez. des Nichteintritts von bestimmten Ereignissen, an denen der zweite Kontrahent ein Interesse hat, und welche überhaupt oder zur Zeit noch ungewiß sind, diesem zweiten Kontrahenten oder einer dritten Person bestimmte Zahlungen zu leisten. Der erste Kontrahent wird »Versicherer«, der zweite der »Versicherte« genannt; doch bezeichnet man mit letzterm Wort oft auch denjenigen, welcher aus dem Vertrag berechtigt wird, sei dieses der Mitkontrahent oder ein andrer, und nennt dann den zweiten Kontrahenten den »Versicherungsnehmer«. Die Ereignisse, von denen die Leistungen des Versicherers abhängig gemacht werden, sind bei den meisten Versicherungsarten solche, aus welchen für das Vermögen des Versicherten ein Schade erwachsen würde, wie Feuersbrunst, Hagelschlag, Viehseuchen, Beschädigung und Untergang von Schiffen und Transportgegenständen, Zertrümmerung von Glasscheiben, Körperverletzungen, Krankheit etc.; bei einer zweiten Gruppe von Versicherungen bestehen dagegen jene Ereignisse im Erlöschen desjenigen Menschenlebens, auf welches sich die V. bezieht, oder in dem Erleben bestimmter Altersjahre der betreffenden Person. Die erste Gruppe sind die Schadenversicherungen, auch oft Elementar-, Sach-, Realversicherung genannt, bei denen also der durch jene Ereignisse etwa verursachte, nicht von vornherein festzustellende Schade vom Versicherer zu ersetzen ist und die Versicherungssumme nur den allenfallsigen Höchstbetrag der Entschädigung angibt, die zweite Gruppe bilden die Lebensversicherungen, oft als Personalversicherungen bezeichnet, bei welchen die spätere Zahlung von vornherein vertragsmäßig festgesetzter Kapitalien oder periodisch wiederkehrende Zahlungen bestimmter Summen (Renten) ausbedungen sind. Die eben angeführte Unterscheidung nach der Art der Leistung deckt sich nur zum Teil mit der üblichen Unterscheidung zwischen Sach- und Personalversicherung. Vielfach bezeichnet man die V. nach den Vermögensobjekten, auf welche sie sich beziehen, wie Gebäude-, Immobilien-, Mobiliar-, Vieh-, Glas-, Hypotheken-, Valoren-, Kapital-, Rentenversicherung etc., manche auch nach den Zwecken, denen die etwanigen Leistungen des Versicherers dienen, und den Personen, denen sie zu gute kommen sollen, wie Witwen- und Waisenversorgungsanstalten, Aussteuer-, Pensionsversicherungen, Krankenkassen, Geschwornen-Entschädigungsvereine, die Garantie- (Kautions-) Versicherung, die Promessenversicherung (als V. gegen Kursverluste bei der Auslosung von Wertpapieren) etc.