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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Warstein; Warta; Wartberg; Wartburg; Wartburgfest

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Warstein - Wartburgfest.

Hauptstadt Polens. Als 1573 Polen sich in ein Wahlreich verwandelte, wurde der erste Wahltag, auf welchem man Heinrich von Anjou erwählte, bei Wola, einem Dorf in der Nähe Warschaus, gehalten, und fast alle Wahlreichstage fanden seitdem daselbst statt. Um 1655 besetzten die Schweden W. zum erstenmal, 1656 kam es jedoch wieder in polnische Hände. In demselben Jahr (1656) ward bei W. vom 28.-30. Juli die dreitägige Schlacht zwischen der schwedisch-brandenburgischen Macht und dem König Johann Kasimir von Polen geschlagen, infolge deren sich die Stadt durch Kapitulation ergab. Unter August II. und August III. ward W. sehr verschönert und belebt, indessen litt es während des Nordischen Kriegs ungemein. Karl XII. besetzte W. 15. Mai 1702 ohne Kampf. 1703 ward zu W. auf Anlaß Schwedens ein Konföderationskongreß gehalten, der mit dem Frieden zu W. vom 24. Nov. 1705 zwischen Karl XII. und Stanislaus Leszczynski endete. 1711 wurde dort auch der Friede zwischen August II. und den Konföderierten unter russischer Vermittelung geschlossen und 30. Jan. 1717 durch den großen Pacifikationsvertrag vollzogen. Auch ward zu W. 1734 ein Vertrag zwischen Österreich, England, Holland und Polen und 8. Jan. 1745 eine Quadrupelallianz zwischen denselben Mächten geschlossen, wodurch August III. sich zur Teilnahme am Kriege gegen Preußen verpflichtete. Der Tod Augusts III. machte W. zum Schauplatz von Unruhen. Die Russen unter dem Fürsten Repnin besetzten es 1764 und erzwangen die Wahl Stanislaus Poniatowskis zum König, und die Russen hielten es auch in den darauf folgenden Bürgerkriegen sowie während der ersten Teilung Polens 1773 fortwährend besetzt. In dem Aufstand vom 17.-18. April 1794 wurde die russische Besatzung niedergemetzelt und vom 9. Juli bis 6. Sept. die Stadt von den Preußen vergeblich belagert; sie kapitulierte aber 5. Nov. nach der blutigen Erstürmung von Praga durch die Russen unter Suworow. Durch die dritte Teilung Polens (1795) fiel W. an Preußen und ward die Hauptstadt der Provinz Südpreußen. Am 28. Nov. 1806 besetzten es die Franzosen, und im Frieden von Tilsit 1807 wurde W. mit ganz Südpreußen von Preußen abgetreten und zum Herzogtum Warschau (s. d.) erhoben, als dessen Hauptstadt es seitdem galt. Vom 23. April bis 2. Juni 1809 hielten es die Österreicher besetzt. Am 8. Febr. 1813 ward W. von den Russen besetzt. Der Wiener Kongreß teilte (1815) W. den Russen zu, und es ward nun die Hauptstadt des neuerrichteten Königreichs Polen. Die große polnische Revolution begann mit dem Aufstand in W. 29. Nov. 1830 und endete mit der Erstürmung der Stadt am 6. und 7. und deren durch Kapitulation 8. Sept. 1831 erfolgter Übergabe an den Feldmarschall Paskewitsch. In der neuern Zeit wurden zu W. wiederholt diplomatische Konferenzen gehalten. Die Insurrektion von 1863-64 hatte in W. ihren Mittelpunkt.

Warstein, Flecken im preuß. Regierungsbezirk und Kreis Arnsberg, am Westerbach und der Eisenbahn W.-Lippstadt, hat eine kath. Kirche, ein Amtsgericht, eine Oberförsterei, Eisensteingruben und Hüttenwerke, Fabrikation von Wagenachsen, Werkzeugen und Eisengußwaren, Wassergasöfen und (1885) 2874 meist kath. Einwohner. 3,5 km von W., im Hochwald, liegt die 1887 entdeckte Warsteiner oder Bilsteinhöhle, 350 m lang, bis 20 m hoch, mit herrlichen Tropfsteingebilden, Knochenresten vorweltlicher Tiere und interessanten Altertümern. Seit 1888 ist die Höhle zugänglich gemacht.

Warta, Stadt im russisch-poln. Gouvernement Kalisch, an der Warthe, hat eine Distriktsschule, Fabrikation von Wollzeugen, Strumpfwaren, Leder, Handschuhen etc., Schiffahrt, Handel und (1885) 4893 Einw., darunter viele Juden.

Wartberg (ungar. Szempc), Markt im ungar. Komitat Preßburg, an der Österreichisch-Ungarischen Staatsbahn (Wien-Budapest), mit (1881) 3135 ungar. Einwohnern.

Wartburg, Bergschloß im Großherzogtum Sachsen-Weimar, über der Stadt Eisenach am nordwestlichen Ende des Thüringer Waldes gelegen, 394 m ü. M., 1067 von Ludwig dem Springer (s. Ludwig 53) erbaut, war seitdem bis zum Aussterben der alten thüringischen Landgrafen aus dessen Haus mit Heinrich Raspe (1247) ununterbrochen die Residenz jener Dynasten und Sitz eines Burggrafen. Unter Hermann I. (1190-1216) war die W. eine Hauptstätte der deutschen Dichtung und der Schauplatz des berühmten Sängerkriegs (s. Wartburgkrieg). Nachdem Thüringen an die Markgrafen von Meißen gefallen, nahm Albrecht der Unartige, der von seinem Vater Heinrich dem Erlauchten das neuerworbene Land erhielt, seinen Sitz wieder auf der W., ebenso dessen Nachfolger bis Balthasar, dem letzten Landgrafen, welcher hier residierte und 1406 starb. Dessen Sohn Friedrich der Einfältige besuchte die Burg seiner Väter selten, und da nach seinem Tode Thüringen an die meißnische Linie des Hauses Wettin zurückfiel (1440), so hörte die W. auf, Residenz zu sein. Sie erhebt sich auf einer schmalen, schroffen Felsenstirn 220 m über der Stadt Eisenach. Das Hauptgebäude, das Landgrafenhaus, 1847-70 auf Veranlassung des Großherzogs Karl Alexander in umfassendster Weise restauriert, stammt ohne Zweifel aus dem 12. Jahrh. und ist im edelsten byzantinischen Stil aufgeführt, das einzige Fürstenschloß, welches aus jener Periode der Baukunst uns erhalten ist (weiteres über die ursprüngliche Anlage s. im Artikel Burg, S. 652, mit Tafel, Fig. 3 u. 4). Der Eingang zur untersten der drei Etagen führt zunächst in die ehemalige Rüstkammer. An dieselbe schließt sich das Speisezimmer, der eigentliche Wohnungsraum der alten Landgrafen. In der zweiten Etage gelangt man durch das Landgrafenzimmer, welches mit Fresken von M. v. Schwind ausgeschmückt ist, in den Sängersaal, wo die Dichter auf erhöhter Bühne (Laube) ihre Gesänge vortrugen. Aus dem Sängersaal führt die mit Fresken von Schwind (Darstellungen aus dem Leben der heil. Elisabeth) geschmückte Elisabethgalerie in die Kapelle. Die dritte Etage nimmt der 40 m lange Rittersaal ein. Die nördliche Frontseite der Burg bildet das Ritterhaus, welches wahrscheinlich aus dem 14. oder 15. Jahrh. stammt. Dasselbe enthält die Lutherstube, welche dem Reformator vom 4. Mai 1521 bis 3. März 1522 während seiner freiwilligen Gefangenschaft als Wohnung diente und mancherlei Reliquien enthält. Vgl. v. Ritgen, Führer auf der W. (3. Aufl., Leipz. 1876); v. Arnswaldt und Schmidt, Zur Geschichte der W. etc. (Eisenach 1882).

Wartburgfest heißt das 18. Okt. 1817 auf der Wartburg (s. d.) gefeierte Fest, welches von der Jenaer Burschenschaft angeregt wurde, um die dritte Säkularfeier der Reformation mit der Feier der Leipziger Schlacht zu verbinden und dadurch die innere Verwandtschaft der religiösen Befreiung vom Papsttum mit der nationalen von der französischen Fremdherrschaft anzudeuten; Abgeordnete von allen Universitäten wurden dazu eingeladen. Der Großherzog