Schnellsuche:

Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Zollverträge etc. Deutschlands; Zoologische Stationen

1007

Zollverträge etc. Deutschlands - Zoologische Stationen.

Zollverträge etc. Deutschlands, s. Handel Deutschlands (S. 394).

Zoologische Stationen. Der immer mehr in die Augen springende Vorteil, welchen z. S. für das Studium der Biologie der Wassertiere gewähren (weshalb die zoologischen Stationen neuerdings auch vielfach als biologische Stationen bezeichnet werden), führt ständig zu neuen Gründungen derartiger Anstalten, von welchen allen jedoch die zoologische Station zu Neapel auch heute noch den ersten Platz einnimmt, sowohl was die äußern Verhältnisse als auch die wissenschaftliche Bedeutung anbelangt. Vielfach verfolgt die Gründung zoologischer Stationen praktische Zwecke, indem die Anstalten dann dem Studium bestimmter, auf das Fischereiwesen bezüglicher Fragen dienen; manche z. S. sind sogen. schwimmende (fliegende, wandelnde) Stationen, indem sie abwechselnd an diesem oder jenem Punkte der Küste aufgeschlagen werden. Zu den zoologischen Meeresstationen sind in letzter Zeit auch Stationen zur Erforschung der Tierwelt des äußern Wassers hinzugekommen (zoologische Binnenstationen, biologische lakustrische Stationen). Wir geben im folgenden eine Übersicht über die zur Zeit bestehenden zoologischen Stationen, nach den einzelnen Meeren, an denen sie liegen, geordnet.

I. Meeresstationen. Das europäische Eismeer enthält nur in Solowetzks im Weißen Meere eine kleine, von der russischen Regierung gegründete, wenig besuchte Station. Zahlreich sind die zoologischen Stationen der Nordsee. Seit 1879 ist die Universität zu Aberdeen im Besitz eines kleinen, durch freiwillige Beiträge aufgebrachten Stationsgebäudes, welches nach Bedürfnis jedes Jahr versetzt wird. In St. Andrews in Schottland findet sich eine kleine, unter dem Fischereiverein von Schottland stehende Station, die ebenso wie die ebenfalls nur kleine Station von Granton bei Edinburg ausschließlich Fischereizwecken dient. An der deutschen Küste der Nordsee besitzt der Deutsche Fischereiverein, Abteilung für Küsten- und Hochseefischerei, eine im J. 1888 gegründete wandernde Station, deren wissenschaftliche Arbeiten den verschiedenen Gebieten der Fischerei zu gute kommen sollen; sie wurde erstmals in Doitzum am Dollart zum Zwecke des Studiums der Nordseegarneele aufgeschlagen. Auch Holland besitzt an seinen Küsten eine 1876 gegründete, ebenfalls Fischereizwecken dienende fliegende Station, welche von der Dierkuundige Vereeniging, also lediglich aus privaten Mitteln, geschaffen wurde und erhalten wird. Sie war bisher aufgeschlagen in Helder, Vlissingen und Bergen op Zoom. In Ostende gründete Belgien eine kleine, mit den Universitäten in Lüttich und Gent in Verbindung stehende Anstalt, und bereits ist dem Wunsche Ausdruck verliehen, eine deutsche Station auf dem neu gewonnenen Helgoland zu gründen. Im Kattegatt besitzt Dänemark eine ebenfalls besonders Fischereizwecken dienende Station; sie wurde 1890 mit einem Aufwand von 40,000 Mk. errichtet und erhält eine jährliche Subvention von 9600 Mk. Der erste Aufenthaltsort der unter Leitung von Petersen stehenden Station, welche Arbeitsplätze für mehrere Gelehrte enthält, war Isefjord an der Nordküste Seelands.

In der Ostsee findet sich nur eine biologische Station, indem das botanische Institut der Universität Kiel eine botanische Station geschaffen hat, welche speziell das Studium der Meeresalgen bezweckt.

In der Irischen See wurde 1887 von dem Liverpool. Marine Biology Committee eine zoologische Station auf der kleinen und unbewohnten Insel Puffin (St. Seiriols-Insel, Priestholm) in der Nähe Liverpools gegründet, welche die Erforschung der marinen Fauna der Irischen See bezweckt.

Am Kanal gelegen findet sich eine Reihe besonders französischer Stationen. In Wimereuse bei Boulogne gründete Professor Giard eine heute noch unter seiner Leitung stehende Station, die früher, solange Giard Professor der Zoologie in Lille war, mit der Universität Lille in Verbindung stand. Eine besonders für physiologische Studien geplante Station in Havre verdankt ihr Entstehen dem bekannten Physiologen Paul Bert. Vom französischen Unterrichtsministerium wurde 1890 eine zoologische Station bei der durch ihren Fisch- und Austernfang bekannten Stadt Saint-Vaast de la Hogue am Ausgang des Kanals gegründet. Auf der englischen Seite des Kanals ist 1888 von der Marine Biological Association der vereinigten Königreiche Großbritanniens in Plymouth eine zoologische Station gegründet worden, die nächst der Station in Neapel die großartigste von allen zu werden verspricht. Von den beiden Wasserbehältern, aus denen die Aquarien mit Seewasser gespeist werden, enthält ein jeder 50,000 Gallons. Die Gesamtkosten des Baues, der Maschinerie und Ausrüstung betragen 250,000 Mk. Die Regierung liefert einen jährlichen Zuschuß von 10,000 Mk. unter der Bedingung, daß neben rein wissenschaftlichen Forschungen auch Untersuchungen über die Lebensgeschichte und Gewohnheiten der Nahrungsfische ausgeführt werden.

Am Atlantischen Ozean finden sich an dessen europäischer Seite ebenfalls französische Stationen. In Roscoff in der Bretagne ist infolge der Bemühungen von Professor Lacaze-Duthiers 1872 durch die Sorbonne zu Paris eine zoologische Station gegründet worden, die heute zu einer der wichtigsten derartigen Anstalten geworden ist. In Sables d'Olonne befindet sich ein Aquarium, und zu Concarneau an der Südküste der Bretagne eine schon 1859 infolge der Bemühungen von Coste von der französischen Regierung gegründete Station; es ist diese Station das erste staatlich unterstützte derartige Unternehmen. Der heutige Leiter ist Pouchet. Da Concarneau gerade im Mittelpunkt des von der Sardine aufgesuchten französischen Küstengebietes liegt, so werden besonders auch Fragen der praktischen Fischerei zur Untersuchung herangezogen. Die Station zu Arcachon unweit Bordeaux verdankt ihre Entstehung der Naturwissenschaftlichen Gesellschaft ersterer Stadt.

Im Mittelländischen Meer ist die westlichst gelegene zoologische Station Banyuls sur Mer im französischen Departement der Pyrenäen, dicht an der spanischen Grenze gelegen. Sie verdankt ihre Entstehung ebenfalls den Bemühungen von Lacaze-Duthiers, der sie zu Ehren Aragos Station Arago benannte, und steht demgemäß gleich wie die Station Roscoff mit der Sorbonne in Paris in Verbindung. Zu ihrer Errichtung steuerte das Departement 20,000 Frank bei und die Stadt Banyul eine einmalige Summe von 10,000 Fr. sowie für 20 Jahre einen Zuschuß von 500 Fr. Die in den beiden mit der Sorbonne verbundenen zoologischen Stationen zur Ausführung kommenden Untersuchungen werden in den »Archives de zoologie expérimentale et générale« publiziert. Die ebenfalls im Golf von Lyon gelegene, zu Cette befindliche zoologische Station ist von Sabatier gegründet und steht mit der Universität zu Montpellier in Verbindung; die Lokalität ist ausgezeichnet durch besonders reiche und verschiedenartige