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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Bagdad; Bagger; Bagration; Bahr

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Bagdad - Bahr

der katholischen Kirche in B. (Freib. i. Br. 1891); v. Weech, Badische Biographien, Bd. 4 (Karlsr. 1891).

Bagdad, die Wilajethauptstadt und der Brennpunkt des Verkehrs von Mesopotamien, ist jetzt zu einer unansehnlichen türkischen Provinzialstadt herabgesunken. Mehrfach in den jahrhundertelangen Kämpfen zwischen Türken und Persern zerstört, von Pest, Cholera (zuletzt 1889) und Überschwemmungen heimgesucht, ist es jetzt (nach Moritz) auf etwa 80,000 Einw. reduziert, und mehr als die Hälfte der von den Stadtmauern umschlossenen 4 qkm wird von Schuttfeldern und Gärten eingenommen. An Wohlhabenheit steht die einstige Metropole des Welthandels jetzt hinter Kerbela zurück. Die Industrie ist fast verschwunden, und nur der Handel ist von Bedeutung. Die Einfuhr wird auf mehr als 15 Mill. Mark jährlich geschätzt, wovon der größte Teil auf Großbritannien für Baumwollstoffe, Eisen, Kupfer etc. entfällt. Die Ausfuhr Mesopotamiens bestand 1887 aus 20,000 Ballen Wolle, 200,000 Kisten, 100,000 Körben und 100,000 Ledersäcken Datteln (1/8 davon über Bagdad, 7/8 über Basra), 20,000 Säcken Sesam, 4000 Säcken Galläpfel von ausgezeichneter Qualität, 500 Kisten persischen Gummis und 500,000 Stück Lammfellen. Reis und Getreide, letzteres noch vor kurzem nach Indien ausgeführt, gelangen jetzt nicht mehr zum Export, obwohl sie die Hauptprodukte des Landes bilden sollten.

Bagger. Die mit der Ausführung der Korrektion der Unterweser betraute Kommission hat eine Anzahl Baggereinrichtungen beschafft, mit welchen der von den Dampfprahmen im Strom oder im stillen Wasser ausgeschüttete Boden wieder aufgebaggert und auf die Löschplätze verteilt werden soll. Die B. sind so eingerichtet, daß Steine, Holzstücke und ähnliche Gegenstände nicht in die Pumpen eindringen und daß in Boden von verschiedenartiger Zusammensetzung und unter den besondern im Strombett vorkommenden Umständen gearbeitet werden kann. Die Lieferung wurde der Gesellschaft Werf Conrad in Haarlem übertragen und zwar unter der Bedingung, daß jeder B. in 1 Stunde 150 cbm Boden bis zu 4 m über dem Wasserspiegel heben und bis zu 500 m weit mit einem Maximalkohlenverbrauch von 362 kg pro Stunde forttransportieren sollte. Jeder B. besteht aus zwei voneinander unabhängigen Teilen, einem gewöhnlichen Eimerbagger und einem Transportschiff, welches die vom erstern erbaggerten Massen aufs Land fördert. Der Eimerbagger hat bei 33,53 m Länge, 6,10 m Breite und 2,59 m Tiefe, einer Baggertiefe von 0-7 m Eimer von 0,283 cbm Inhalt und eine Verbunddampfmaschine von 90 indizierten Pferdekräften. Diese arbeitet mit Oberflächenkondensation und wird durch Röhrenkessel gespeist, welche auch den Dampf für vier Seitenwinden und die Leiterwinde liefern müssen. Die Winden für den Vorder- und Hinteranker werden von der Hauptmaschine getrieben. Die Eimer sind aus Stahl mit verstärkter Vorderkante. Die B. sind durch eine verhältnismäßig leichte und doch solide Konstruktion der Unterteile ausgezeichnet. Bei der Arbeit werden B. und Transportschiff miteinander verkuppelt. Das aufgeförderte Baggergut fällt von einer am B. angebrachten Ablaufrinne in einen auf dem Transportschiff befindlichen großen Trichter, dessen unteres Ende in das Zuflußrohr einer Zentrifugalpumpe übergeht. An dem Trichterrand ist nun zunächst unter dem Ende der Ablaufrinne ein schwach geneigtes Gitterwerk angebracht, durch welches die feine Masse, wie Sand, Schlick etc., in den Trichter und weiter zur Pumpe gelangt. Die groben Bestandteile (Holzstücke, Steine, fette Erdklumpen etc.) gleiten über das Gitter hinweg und gelangen schließlich auf eine vor dem Siebende rotierende Trommel, welche am Umfang mit eisernen Spitzen versehen ist. Gegen diese Trommel legt sich unter Gewichtsdruck ein aus starkem Flacheisen hergestellter Preßflügel. Zwischen diesem und der Trommel werden die weniger harten größern Teile, welche nicht durch das Gitter hindurchgegangen waren, zerkleinert und gelangen mit den Steinen und andern harten Gegenständen, die sich zwischen Trommel und Preßflügel hindurchdrängen, in dem sie letztern von der Trommel seiner Belastung entgegen etwas abheben, auf ein zweites Gitter und fallen durch dieses hindurch in den Trichter, während die Steine etc. darüber zurückbleiben. Während der Arbeit wird auf die Massen von einer zweiten Zentrifugalpumpe reichlich Wasser geworfen und zwar in drei Strahlen, von welchen der eine die Oberfläche des ersten Gitters reinigt, der zweite die Trommel und der dritte das zweite Gitter trifft. Der vom B. aufgebrachte Boden wird also mit einer großen Wassermenge vermischt, um durch die erstgenannte Zentrifugalpumpe in einer beweglichen Druckrohrleitung aufs Land befördert zu werden. Die Pumpen werden von einer stehenden Verbundmaschine mit gemeinschaftlicher Oberflächenkondensation betrieben. Alle Lager, Büchsen etc. der Hauptpumpe trifft ein Wasserstrahl mit hohem Druck, wodurch Sand etc. weggespült und eine Abnutzung thunlichst verhindert werden soll. Das Druckrohr liegt teils auf cylinderförmigen eisernen Schwimmern, teils auf dem Lande und ist aus 507 mm starken und 5,85 m langen Stücken zusammengesetzt, die durch kurze, mit Gewebe aus Stahl bekleidete Zwischenstücke aus Leder miteinander gelenkig verbunden sind. Die in der Weser in der Nähe von Brake mit einer solchen Baggervorrichtung angestellten Versuche ergaben, daß der B. ohne Anwendung des Transportschiffs im stande war, in 8 Stunden 14 Prahme von 200 Ton. Inhalt zu füllen, und der B. mit Transportschiff 193 cbm Baggergut auf 512 m Entfernung in 1 Stunde fortschaffte. Bei letzterer Leistung wurden 387 kg Steinkohlen pro Stunde verbraucht. Das würde für die garantierten 150 cbm nur ^[img] Kohlenverbrauch pro Stunde ergeben, weniger als das erlaubte Maximum = 362 kg pro Stunde.

Bagration, Peter Iwanowitsch, Fürst, russ. General. Ihm zu Ehren erhielt 1891 das 104. russische Ustjuschijsche Infanterieregiment seinen Namen.

Bahr, Hermann, Schriftsteller, geb. 15. Juli 1863 zu Linz, studierte in Wien, Graz und Czernowitz Rechtswissenschaft, wandte sich sehr früh der Litteratur zu, in die er mit kritischen Aufsätzen über Schäffle ("Die Einsichtslosigkeit des Herrn Schaffte", Zür. 1885) und Ibsen (Wien 1887) als Parteigänger der Sozialisten und Naturalisten eintrat. Dann, nach Absolvierung seines Freiwilligenjahres, machte er Reisen nach Frankreich und Spanien, später auch nach St. Petersburg (vgl. seine Schrift "Russische Reise", Dresd. 1891), überall den Entwickelungsgang des Naturalismus studierend. Eine kurze Zeit war er auch Mitredakteur der "Freien Bühne" (1890). B. ist einer der beweglichsten, aber auch am meisten gärenden Naturalisten und versucht es, nach allen Formen tastend, den Naturalismus von innen heraus fortzubilden und zu überwinden. Am interessantesten