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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Abt (Franz) – Abtreibung der Leibesfrucht

Anmerkung: Fortsetzung des Artikels 'Abt (Klostervorsteher)'

seit dem 10. Jahrh. neu begründeten Orden ersetzten ihn meistens durch andere Titel (Propst, Prior, Guardian, Superior, Rektor). Die Äbte wie andere Klostervorsteher werden meistens von den Mönchen des betreffenden Klosters, bei einigen neuern Orden von dem Provinzialkapitel, bei den Jesuiten vom Generalkapitel, auf Lebenszeit oder (bei den Bettelorden) auf bestimmte Jahre gewählt. Die Wahl bedarf der bischöfl., in exemten Klöstern (s. d.) der päpstl. Bestätigung; nach derselben empfängt der lebenslänglich, öfters auch der auf Zeit Gewählte, der dem betreffenden Orden angehören, 25 Jahre alt und Priester sein muß, vom Bischof die Benediktion (s. d.) und dabei die Amtsabzeichen: Stab, Ring, Mütze und Handschuhe. Die auf diese Weise Eingesetzten haben das Recht, die niedern Weihen, gewisse Benediktionen und Dispensationen zu erteilen. Die Rechte eines Pfarrers hat jeder A. in seinem Klostergebiete als einer besondern Parochie auszuüben. Während im Mittelalter viele Klöster vom Bischofe unabhängig waren, stehen sie seit dem Tridentinischen Konzil grundsätzlich unter bischöfl. Aufsicht.

Ihre Befugnis ist die Verwaltung des Klostervermögens, die Leitung des Klosters und die Disciplin über dessen Angehörige. In wichtigen Angelegenheiten müssen sie den Rat, bei der Veräußerung von Klostergütern die Zustimmung der übrigen Mönche des Klosters einholen. Sie gehören zu den Prälaten (s. d.) und haben den Rang gleich nach den Bischöfen. Infulierte Äbte (s. Inful) hatten nur das Recht, bischöfl. Titel und Abzeichen zu führen, im Unterschiede von solchen, die, wie z.B. die Äbte von Fulda, Corvei, Monte-Cassino, eigenen Diöcesen mit voller bischöfl. Gewalt vorstanden. Vor der Säkularisation im Anfang des 19. Jahrh. gab es in Deutschland und der Schweiz auch gefürstete Äbte, z.B. zu Fulda, Kempten, St. Emmeran in Regensburg, Einsiedeln, St. Gallen. Solche Abteien wurden daher im Reichsdeputationshauptschluß von 1803 als Fürstentümer betrachtet. (S. Stift.) Generalabt heißt der A. des Hauptklosters einer Kongregation des Benediktinerordens. Von den wirklichen (Regular-)Äbten sind zu unterscheiden die Säkular-, Kommendatar- und Laienäbte (s. diese Artikel). – In manchen prot. Gebieten, z. B. Hannover und Braunschweig, findet sich der Name A. noch als Titel für Vorsteher von Anstalten, die in den Gebäuden und aus den Mitteln früherer Klöster hergestellt sind, auch als bloßer kirchlicher Ehrentitel.

Abt, Franz, Liederkomponist, geb. 22. Dez. 1819 zu Eilenburg, studierte seit 1838 Theologie in Leipzig, ging 1841 als Musikdirektor an das Bernburger Hoftheater, im Herbst desselben Jahres in gleicher Eigenschaft nach Zürich und wurde 1852 Kapellmeister am Braunschweiger Hoftheater. Er starb 31. März 1885 in Wiesbaden. In Braunschweig wurde ihm Juli 1891 ein Denkmal gesetzt. A. hat mehrere hundert Lieder geschrieben und war durch angenehme Melodik, leichte Sangbarkeit und gefälligen Ausdruck jahrzehntelang sehr beliebt. Zu den bekanntesten seiner Lieder gehören: «Wenn die Schwalben heimwärts ziehn» und «Gute Nacht, du mein herziges Kind».

Abtakeln, ein Schiff behufs Außerdienststellung (s. d.) oder vorzunehmender Reparaturen seiner Takelage bis auf die nackten Untermasten entkleiden.

Abtei, das Amt eines Abtes (s. d.); das unter ihm stehende Kloster mit seinem Gebiete.

Abteien nullius (abbatiae nullius), s. Katholische Kirche. ↔

Abteilung, in der Forstwirtschaft die durch die Waldeinteilung (s. d.) gebildete kleinste Wirtschaftsfigur. In Preußen ist für regelmäßig gestaltete A. der Ausdruck Jagen, für unregelmäßige dagegen Distrikte üblich. Die A. werden begrenzt durch natürliche Trennungslinien, Bäche, Wege u.dgl. oder durch künstliche, sog. Schneisen (s. d.), ihre beste Größe schwankt zwischen 15 und 30 ha.

Abteilung (jurist.), s. Abschichtung.

Abteithal, Gebirgsthal in Tirol, s. Enneberg.

Abteufen oder Absinken, das Herstellen eines Schachtes von oben nach unten, im Gegensatze zu Überbrechen. Als Substantivum bedeutet A. einen Nebenschacht von geringer Tiefe.

Abtgraf, s. Laienäbte.

Abthun, sich abthun, weidmännischer Ausdruck, gebraucht von einem angeschossenen Stück Wild, das sich von den andern abtrennt.

Äbtissin (Abbatissa), weibliche Form von Abt (s. d.), in vielen Nonnenorden Titel für die Klostervorsteherinnen. Ihre Stellung ist im wesentlichen derjenigen der Äbte gleich, doch ist die Unterordnung unter den Bischof meist strenger als bei diesen. Auch Ä. waren öfters gefürstet, z.B. die zu Gandersheim, Quedlinburg, Herford, Ober- und Niedermünster in Regensburg. In der evang. Kirche hat sich der Titel Ä. in demselben Sinne erhalten wie der Titel Abt.

Äbtissinneninsignien, in der Heraldik der hinter dem Wappenschilde senkrecht gestellte Krummstab mit darangeknüpftem, die Stelle von Helm- oder Wappendecken vertretendem Schleier. (S. Tafel: Kronen II, Fig. 44.)

Abtreiben, die Abtreibung (s. d.) der Leibesfrucht. Im Hüttenwesen heißt A. oder Kupellieren ein Prozeß, der die Abscheidung des Silbers aus dem Werkblei bezweckt. Wird letzteres auf dem Herde (Test) eines Flammofens (Treibofens) bei Zuleitung von Gebläseluft eingeschmolzen, so entsteht zunächst unreines Bleioxyd (Abzug und Abstrich), dann reineres (Bleiglätte), das abfließt, während das Silber (Blicksilber) oder eine Legierung von Silber und Gold u.s.w. bis zu Ende unverändert auf dem Herde zurückbleibt. Zur Ermittelung des Silbergehalts in Erzen und hüttenmännischen Produkten wird das im Probiergut enthaltene Silber an Blei gebunden (ansieden) und durch A. im Probierofen von dem silberhaltigen Blei wieder abgeschieden.

Im Seewesen bedeutet A.: durch Wind und See seitwärts vom Kurse vertrieben werden (s. Abtrift).

Abtreibezimmerung, ein Verfahren bei der Streckenzimmerung, s. Bergbau.

Abtreibung der Leibesfrucht, die vorsätzliche, rechtswidrige Herbeiführung des Todes einer nachweislich lebenden Leibesfrucht, entweder durch vorzeitige Herbeiführung ihres Abganges oder noch vor ihrem Abgange durch Tötung im Mutterleibe. Ist die Tötung zur Rettung der Mutter erforderlich, so ist sie nicht rechtswidrig und deshalb straflos. Ist zwar die A. bewirkt, aber das Kind, weil es die zum Fortkommen erforderliche Reife hatte, am Leben geblieben, so liegt nur Versuch vor. Die A. ist Tötungsverbrechen; der Embryo soll, und zwar von seiner ersten Entwicklung an, unter den Schutz des Strafrechts gestellt werden. Objekt des Verbrechens ist also die Leibesfrucht. Als Subjekt kommen in Betracht die Schwangere selbst und dritte Personen. Die Strafbarkeit des Dritten ist nach deutschem Strafrecht (§§. 218 fg.) verschieden, je nachdem er mit Einwilligung der Schwangern

Anmerkung: Fortgesetzt auf Seite 77.