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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Ägina; Agincourt; Ägineten; Äginetische Kunst; Agio

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Ägina (Planetoid) - Agio

vertrieben und die Insel mit athenischen Kolonisten (Kleruchen) besetzt. Nach dem Ende des Peloponnesischen Krieges führte der spartan. Feldherr Lysander die Überreste der alten Bevölkerung in ihre Heimat zurück, und die Insel war nun wieder ein selbständiger, freilich machtloser Staat. Eine Zeit lang war sie im Besitz der Macedonier, wurde dann von den Ätolern 210 v. Chr. erobert und an König Attalus verhandelt, mit dessen Erbschaft sie an die Römer kam. Unter den byzant. Kaisern gehörte sie zu dem "Thema" (Statthalterschaft) von Hellas, war im 12. Jahrh. ein Seeräubernest und kam nach der Eroberung Konstantinopels durch die Kreuzfahrer in den Besitz der Beherrscher von Athen, später an Venedig und wurde 1537 durch die von Khaireddin Barbarossa geführte türk. Flotte erobert und seiner Einwohner beraubt. Sie bevölkerte sich erst allmählich wieder mit albanes. Kolonisten, wurde 1687 von dem venet. Admiral Francesco Morosini den Türken abgenommen, fiel aber bald wieder in die Hände derselben und blieb in deren Besitz bis zum griech. Freiheitskampfe. Jetzt ist sie eine Eparchie des griech. Nomos Attika-Böotien und hat (1889) 7137 E., Ackerbau, Töpferei und Schwammfischerei.

2) Hauptstadt der Insel Ä. an der Westküste derselben, im Altertum teilweise an derselben Stelle wie das jetzige kleine Städtchen Ä. mit (1889) 4232 E., besaß zwei Häfen und eine Anzahl stattlicher Heiligtümer. Unter der türk. Herrschaft hatten sich die Bewohner auf die obere Fläche eines 4 km östlich von der Stadt gelegenen Felshügels zurückgezogen, der noch jetzt die verfallenen und verlassenen Häuser der sog. Paläochora trägt; im Altertum lag hier eine Ortschaft Oie. Der Berg Oros trug im Altertum auf seinem Gipfel einen Altar des Zeus Panhellenios, jetzt steht dort eine Kapelle des heil. Elias. Auf einem Hügel oberhalb der jetzt nach der heil. Marina benannten Bucht der Ostküste stand 8 km entfernt von der jetzigen Hauptstadt ein in dor. Stil aus Kalkstein erbauter, mit Skulpturen geschmückter Tempel der Athene, von dem noch stattliche Überreste erhalten sind (s. Äginetische Kunst). - Vgl. C. Müller, Aegineticorum liber (Berl. 1817).

Ägina, der 91. Planetoid.

Agincourt, Schlacht bei, s. Azincourt.

Agincourt (spr. aschängkuhr), Jean Baptiste Louis George Serour d', franz. Kunsthistoriker und Altertumsforscher, geb. zu Beauvais 5. April 1730, war erst Kavallerieoffizier, wurde unter Ludwig XV. Generalpächter, erlangte als solcher ein beträchtliches Vermögen und widmete sich nun vorzugsweise den Kunststudien. Zu diesem Zwecke durchwanderte er 1777 England, die Niederlande und Deutschland und wandte sich im Okt. 1778 für immer nach Italien, wo er den Plan zur Darstellung der Kunstgeschichte vom 4. bis 16. Jahrh. faßte. Er starb zu Rom 24. Sept. 1814. Sein Werk erschien erst nach seinem Tode u. d. T. "Historie de l'art par les monuments depuis sa décadence au 4e siècle jusqu'à son renouvellement au 16e" (6 Bde., Par. 1810-23, mit 325 Kupfern in Fol.; deutsch von Quast u. d. T. "Sammlung der vorzüglichsten Denkmäler der Architektur, Skulptur und Malerei u. s. w.", 2 Bde. Tafeln, 1 Bd. Text, Berl. 1840) und gehört zu den besten Arbeiten über die Kunst des Mittelalters.

Ägineten, s. Äginetische Kunst.

Äginetische Kunst. Die Insel Ägina ist schon in den Anfängen der griech. Bildkunst durch einen Bildschnitzer (Verfertiger von Xoana, d. h. hölzernen Götterbildern) Namens Smilis vertreten. Seit dem Ende des 6. Jahrh. v. Chr. bis zum Untergange der Selbständigkeit Äginas (s. d.) blühte dann hier eine Künstlerschule, die besonders den Erzguß pflegte. Die bekanntesten Vertreter derselben sind Kallon und Onatas. Von ihrer Kunstart kann man sich eine Vorstellung machen nach den erhaltenen Giebelgruppen (Ägineten genannt) des Athenetempels von Ägina, die 1811 aufgefunden, 1812 vom damaligen Kronprinzen Ludwig von Bayern erworben, nach Thorwaldsens Modellen stilgetreu ergänzt und jetzt in der Glyptothek zu München aufgestellt sind. Sie gehören zu dem Bedeutendsten, was aus der ältern griech. Kunst erhalten ist. Es sind zehn fast lebensgroße Figuren aus dem Westgiebel und fünf aus dem Ostgiebel, außerdem zahlreiche Fragmente der Figuren, welche nicht hergestellt werden konnten, und zwei kleinere weibliche Gestalten (Akroterien, s. d.), sämtlich aus parischem Marmor mit Spuren von Bemalung und von ehemals angefügten Ornamenten, Waffen u. dgl. in Bronze. Die beiden Gruppen zeigen in der Komposition eine strenge Symmetrie: den Mittelpunkt beider bildete die in steifer Haltung stehende Gestalt der Göttin Athene; vor ihr befand sich ein verwundet niedergesunkener Krieger, rechts und links je ein vorwärts gebückter Freund und Feind, nach dem Gefallenen und seinen Waffen greifend, sodann folgten auf jeder Seite entsprechend ein stehender (nach Lange zwei) und ein kniender Lanzenkämpfer, dann ein Bogenschütz, endlich in jeder Ecke ein Verwundeter am Boden liegend. In der stilistischen Durchbildung sind die Figuren des West- und Ostgiebels verschieden. Jene sind deutlich in einem altertümlichern strengern Stil ausgeführt, die Körper sind mager und knapp, die Bewegungen noch gebunden, die Gesichter haben eine stereotype Freundlichkeit des Ausdrucks, während in den Figuren des Ostgiebels schon ein freieres Leben sich entfaltet. (S. Tafel: Griechische Kunst II, Fig. 1.) Die Entstehung dieser beiden Gruppen fällt wahrscheinlich noch vor die Zeit der Perserkriege. Bei Erfindung der ganzen Komposition wurde der Künstler jedenfalls von dem Gedanken geleitet, durch Darstellung mythischer Heldenthaten, bei welchen äginetische Helden eine hervorragende Rolle spielen, den Kriegsruhm seiner Heimat zu verherrlichen; er stellte daher (nach allerdings nicht unbestrittener Deutung) im Westgiebel den Kampf der Griechen unter Aias, dem Sohne des Telamon, gegen die Troer um den Leichnam des Patroklos oder des Achilleus, im Ostgiebel den Kampf des Telamon und Herakles gegen den troischen Herrscher Laomedon um den Körper eines schwerverwundeten Griechen dar. - Vgl. J. M. Wagner, Bericht über die äginetischen Bildwerke, hg. von Schelling (Tüb. 1817); H. Brunn, Über das Alter der äginetischen Bildwerke (Münch. 1867); ders., Über die Komposition der äginetischen Giebelgruppen (ebd. 1869); Prachov, La composition des groupes du temple d'Egine (in den "Annali" des Archäologischen Instituts, Rom 1873); K. Lange, Die Komposition der Ägineten (in den "Verhandlungen der königl. Sächsischen Gesellschaft der Wissenschaften zu Leipzig", 1878).

Agio (spr. áschio, aus dem ital. aggio) oder Aufgeld bezeichnet den Betrag, um den eine Geldsorte oder ein Wertpapier in dem vorherrschenden Umlaufsmittel höher bezahlt wird als ihr Nennwert. Das A. wird in der Regel prozentmäßig ausgedrückt. Das Umgekehrte des A. ist das Disagio, nämlich der