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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Allemand; Allemande; Alle Mann auf; Allemode; Allen; Allenburg; Allendale; Allendorf

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Allemand - Allendorf

Die Evangelischen lehren allerdings ebenfalls die alleinseligmachende Kraft der Kirche, verstehen darunter aber im Unterschiede von jeder Partikularkirche die wahre Kirche oder die Gemeinschaft der Heiligen, deren Glieder in sehr verschiedenen Sonderkirchen zerstreut sein können, und halten ausdrücklich an dem Grundsatze fest, daß die Zugehörigkeit zu einer bestimmten äußern Kirchengemeinschaft nicht notwendig zur Seligkeit sei. Die luth. Dogmatik des 16. und 17. Jahrh. verengte die freiere Anschauung der Reformatoren durch das immer ausschließlichere Betonen der "reinen Lehre", d. h. des strengen Festhaltens des orthodox-luth. Lehrsystems, in welchem jedes Stück als unmittelbar oder mittelbar fundamental, d. h. als zur Seligkeit notwendig, erschien. Hierdurch war eine alleinseligmachende luth. Lehrkirche aufgerichtet, die im Grunde nicht weniger intolerant war als die alleinseligmachende röm. Priesterkirche, obwohl man protestantischerseits sich immer gescheut hat, die letzten Konsequenzen zu ziehen. Die neuere, von Schleiermacher angeregte, prot. Theologie lehrt, daß als einzige Bedingung der Seligkeit der persönliche Heilsglaube anzuerkennen sei, dieser aber nur auf Grund der geschichtlichen Erlösung und vermittelst der geschichtlichen Kirchengemeinschaft wahrhaft zu stande kommen könne. Hiermit sucht sie ebensowohl das Recht jenes Satzes, daß außer der Kirche Christi kein Heil sei, zu wahren, als auch dem Mißverständnisse zu wehren, als ob die Zugehörigkeit zur äußern Kirche und das Fürwahrhalten ihrer Dogmen die Hauptsache sei.

Allemand, Fritz l', Maler, s. L'Allemand.

Allemande (frz, spr. allmángd), ein Tanz, der im 16. Jahrh. "deutscher Tanz" hieß und als A. nach Frankreich, England und Spanien (wo ein ähnlicher Tanz schon früher bekannt war) kam. Die spätere A. ward von der franz. Tanzkunst zur Zeit Ludwigs XIV. erfunden und unter Napoleon I. wieder sehr beliebt in Theater wie Salon. Die A. hat langsames Walzertempo und besteht ans drei geschleiften sog. pas marchés, bald vor, bald zurück, selten walzend. Der Reiz liegt in der anmutigen Bewegung und Haltung der Arme, den sog. passes. Dieses Motiv sowohl als die Musik sollen ans dem Elsaß stammen. - Auch heißt A. eine musikalische Komposition von ernstem Charakter und gemessener Bewegung, die als Teil der ältern franz. Suite (s. d.) vielfach bei Seb. Bach und Händel vorkommt.

Alle Mann auf, der durch ein eigenartiges Pfeifen der Trillerpfeifen des Bootsmanns und seiner Maate gegebene Befehl für die gesamte Schiffsbesatzung, schleunigst an Deck zu kommen zur Ausführung eines Segel- oder sonstigen Manövers.

Allemode, Personifikation, der französierenden Strömung im 17. Jahrh. (s. À la mode).

Allen (spr. älln), Bog oder Torfmoor von, ein über 600 qkm großer Sumpf Irlands in den Grafschaften Kildare und King's-County, durch große Strecken trocknen Bodens in verschiedene Teile geschieden, fließt durch den Barrow nach Süden und den Boyne nach Osten ab.

Allen (spr. älln), Grant, engl. Naturforscher und Romanschriftsteller, geb. 24. Febr. 1848 zu Kingston in Canada, studierte in Oxford seit 1867 und ward 1871 daselbst Bachelor of arts. Er wurde ein eifriger Anhänger des Darwinismus und trat, früh schriftstellernd, in sachkundigen und scharfsinnigen Aufsätzen für ihn ein. Er veröffentlichte: "Physiological aesthetics" (1877), "'The colour sense" (1879), "The evolutionist at large" (1881; 2. Aufl. 1885), "Anglo-Saxon Britain" (1881), "Vignettes from nature" (1881), "Colours of flowers" (1882), "Colin Clout's Calendar" (1883), "Flowers and their pedigrees" (1884; 2. Aufl. 1886), "Charles Darwin" (1885), "Force and energy; a theory of dynamics" (1888). A.s Erzählungen sind: "Strange stories" (1883), "Philistia" (1884), "Babylon" (3 Bde., 1885), "For Maimie's sake" (1886), "In all shades" (3 Bde., 1887), "The devil's die" (3 Bde., 1888), neben "Babylon" die beste Erzählung, "This mortal coil" (3 Bde., 1888), "The tents of Shem" (3 Bde., 1889), "Dr. Palliser's patient" (1889), "What's bred in the bone" (1891), "The duchess of Powsyland" (3 Bde., 1892), "At market value" (2 Bde., 1894) u. a. Zu nennen sind auch A.s "Biographies of working men" (1888).

Allen, Karl Ferd., dän. Geschichtsforscher, geb. 23. April 1811 zu Kopenhagen, studierte seit 1830 daselbst, bereiste behufs Archivforschungen 1845 - 48 Holland, England, Frankreich, Italien, Deutschland und wurde 1851 zu Kopenhagen Universitätsdocent und Titularprofessor, 1862 ord. Professor der Geschichte und der nordischen Archäologie. Geschwächter Gesundheit wegen brachte A. zuletzt mehrere Winter im Süden zu und starb 27. Dez. 1871 zu Kopenhagen. Seine wichtigsten Schriften sind: "Haandbog i Fädrelandets Historie" (Kopenh. 1840; 8. Aufl. 1880; deutsch Lpz. 1849; neue Aufl. 1855; auch sonst übersetzt), "Lärebog i Danmarks Historie" (Kopenh. 1842; deutsch ebd. 1843) und "De tre nordiske Rigers Historie under Hans, Christiern den Anden, Frederik den Förste, Gustav Vasa, Grevefejden, 1497 - 1536" (Bd. 1 - 5, ebd. 1864 - 72), sein Hauptwerk, das unvollendet, aber eine Hauptleistung nordischer Geschichtschreibung ist. Von den politischen sind hervorzuheben: "Om Sprog og Folkeeiendommelighed i Hertugdömmet Slesvig eller Sönderjylland" (Kopenh. 1848, auch deutsch), "Det Danske Sprogs Historie i Hertugdömmet Slesvig eller Sönderjylland" (2 Bde., ebd. 1857 fg.; deutsch Schlesw. 1857); beide riefen von deutscher Seite heftige Widersprüche hervor.

Allenburg, Stadt im Kreis Wehlau des preuß. Reg.-Bez. Königsberg, an der schiffbaren Alle, Sitz eines Amtsgerichts (Landgericht Königsberg i. Pr.) und einer Reichsbanknebenstelle, hat (1890) 1958 evang. E., Post, Telegraph, evang. Kirche, Stadtschule, Privatschule mit Pensionat, Damenstift (gegründet von von Rauschke), Krankenhaus, Mädchenwaisenhaus, Spar- und Vorschußverein; Zündholzfabrik, Dampfsägewerk, Molkerei, Handelsmühle und 2 Windmühlen, Holz- und Getreidehandel, Kram-, Vieh- und Pferdemärkte. A. wurde 1407 durch den Hochmeister Konrad von Jungingen gegründet.

Allendale (spr. ällendehl), Kirchspiel und Marktstadt in der engl. Grafschaft Northumberland, am Allen, 15 km im SW. von Hexham, hat (1891) 5045 E. und in der Nähe große Bleigruben.

Allendorf. 1) A. an der Werra, Stadt im Kreis Witzenhausen des preuß. Reg.-Bez. Cassel, in 154 m Höhe, an der Linie Frankfurt-Bebra-Göttingen der Preuß. Staatsbahnen, Sitz eines Amtsgerichts (Landgericht Cassel), hat (1890) 2770 E., darunter 25 Katholiken, Postamt zweiter Klasse, Telegraph, Krankenhaus; Fabrikation von Papierwaren und künstlichem Dünger und 2 Holzschleifereien. A. ist Geburtsort des Fabeldichters Burkard Waldis. Jenseit der Werra, mit A. durch zwei Brücken ver-^[folgende Seite]