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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Ancien régime; Ancillon; Anckarström; Anckarswärd; Ancona

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Ancien régime - Ancona

Ancien régime (frz., spr. angßĭäng reschihm), "frühere Regierungsform", gewöhnlich von der Bourbonenherrschaft vor der franz. Revolution gebraucht.

Ancillon (fpr. angßijóng), Charles, jurist. und histor. Schriftsteller, geb. 28. Juli 1659 zu Metz, war daselbst Advokat, ging aber nach Aufhebung des Edikts von Nantes (1685) gleich vielen seiner reform. Glaubensgenossen in die brandenb. Lande. In Berlin wurde er zum Mitglied des Richterkollegiums und des Direktoriums der franz. Kolonie ernannt und kurze Zeit mit diplomat. Aufträgen des Kurfürsten nach der Schweiz und an den Hof von Baden-Durlach gesandt, dann 1699 als Nachfolger Pusendorfs zum Hofhistoriographen berufen. Er starb 5. Juli 1715 zu Berlin. Von seinen Schriften sind besonders zu erwähnen: "L'irrévocabilité de l'édit de Nantes" (Amsterd. 1688), "Historie de l'etablissement des Français réfugiés dans les États de Brandebourg" (Berl. 1690).

Ancillon (spr. angßijóng), Friedr., oder Jean Pierre Fréderic, preuß. Staatsminister, Urenkel des vorigen, geb. 30. April 1767 zu Berlin, studierte in Genf Theologie, war in Paris 1789 Augenzeuge der Revolution, wurde 1790 Prediger bei der franz. Kirche zu Berlin und 1792 zugleich Professor der Geschichte an der Militärakademie zu Berlin, dann Mitglied der Akademie der Wissenschaften und auf Grund seines "Tableau des révolutions du système politique de l'Europe depuis le 15e siècle" (4 Bde., Berl. 1803-5: neue Ausg., Par. 1823) königl. Historiograph. Im Aug. 1810 verließ er die Kanzel und den Lehrstuhl, um die Erziehung des Kronprinzen zu übernehmen, gewann aber auch polit. Einfluß. Seine Denkweise charakterisiert ein vom Könige gebilligter Aufsatz vom 4. Febr. 1813, der von energischer Erhebung gegen Napoleon abriet und das specielle preuß. Interesse unbedingt über das deutschnationale setzte. Als Wirkl. Geh. Legationsrat trat er ins Ministerium der Auswärtigen Angelegenheiten und erhielt 1832 als Staatsminister die Verwaltung dieses Ministeriums, die er im Metternichschen Geiste führte. A. starb 19. April 1837. Von seinen Schriften sind noch hervorzuheben: "Über Souveränität und Staatsverfassungen" (2. Aufl., Berl. 1816), "über die Staatswissenschaft" (ebd. 1820), "über Glauben und Wissen in der Philosophie" (ebd. 1824), "Über den Geist der Staatsverfassungen und dessen Einfluß auf die Gesetzgebung" (ebd. 1825), "Zur Vermittelung der Extreme in den Meinungen" (2 Bde., 2. Aufl. 1838), "Pensées sur l'homme" (2 Bde., ebd. 1829).

Anckarström, Joh. Jak., Mörder König Gustavs III. von Schweden, geb. 11. Mai 1762, Sohn eines Oberstlieutenants, kam als Page an den schwed. Hof, trat dann in die Armee, nahm aber schon 1783 als Hauptmann seinen Abschied. Sein Haß gegen den König, mit dessen Maßregeln er längst unzufrieden war, wurde noch gesteigert, als dieser (1789) seine Macht gewaltsam erweiterte. 1790 angeklagt, hochverräterische Reden gehalten zu haben, wurde A. eine Zeit lang in strenger Untersuchungshaft gehalten, mußte aber wegen Mangels an Beweisen wieder freigelassen werden. In demselben Jahre siedelte er nach Stockholm über, wo er sich mehrern Mißvergnügten anschloß und mit ihnen den Plan zur Ermordung des Königs verabredete. Nachdem man 1792 auf dem Reichstag zu Gefle vergeblich nach Gelegenheit zur Ausführung des Vorhabens gesucht halte, schoß A. 16. März, als der König in Stockholm einen Maskenball im Opernhause besuchte, auf den König, den er tödlich verwundete. Er wurde am folgenden Tage entdeckt und gestand sein Verbrechen, weigerte sich jedoch, die Mitverschworenen zu verraten. Zum Tode verurteilt, wurde er drei Tage hintereinander mit Ruten gepeitscht und 27. April hingerichtet. Falsch ist die Überlieferung, daß nicht A., sondern Graf Ribbing die Pistole auf den König abgefeuert habe.

Anckarswärd, Karl Henrik, Graf, schwed. Oberst und Politiker, geb. 22. April 1782 zu Sweaborg, war der älteste Sohn des Grafen Michael A. (gest. 1838), der als Beförderer der Revolution von 1772 (s. Gustav III. von Schweden) mit Lieutenantsrang und Adelsstand (sein väterlicher Name war Coßwa) belohnt worden war, sich im Finnischen Kriege 1788-90 ausgezeichnet und allmählich zum General und Grafen emporgeschwungen hatte. Sein Sohn nahm als Major am Norwegischen Kriege von 1808 teil. Gegen das Ende des Feldzugs von Adlersparre in die Revolution von 1809 verflochten (s. Gustav IV. Adolf), ward er nach dem glücklichen Ausgange zum Obersten befördert. Im Feldzug gegen Frankreich 1813 folgte er mit seinem Regiment dem schwed. Kronprinzen (Bernadotte) nach Deutschland, mußte jedoch, als er sich in einem Briefe an den Kronprinzen gegen dessen Politik ausgesprochen hatte, seine Entlassung nehmen. Er kehrte nach Schweden zurück, wo er als Privatmann auf seinem Gute Carlslund bei Örebro lebte. Seine parlamentarische Laufbahn begann er 1817, wo er im Reichstage mit feuriger Beredsamkeit gegen die Regierung auftrat, sich aber durch seine persönliche Abneigung gegen den König Karl Johann oft zur Leidenschaftlichkeit hinreißen ließ. Auch nach dem Tode des Königs (1844) gehörte A. fortwährend der Opposition an. Doch nahm mit dem Reichstage 1840 seine eigentliche polit. Rolle ein Ende. Er starb 25. Jan. 1865 in Stockholm.

Ancona. 1) Provinz und Kreis in Mittelitalien, in den Marken, grenzt im O. an das Adriatische Meer, im N. an die Provinz Pesaro-Urbino, im W. an Perugia, im S. an Macerata und hat 1907 qkm (nach Strelbitskij 2040 qkm), (1881) 267 338 E. mit 51 Gemeinden. Die Provinz ist ein wein- und ölreiches Hügelküstenland, welches nach Westen zu den Höhen des Apennin allmählich ansteigt und von den Flüssen Misa, Esino und Musone westöstlich durchschnitten wird. Neben Getreide-, Obst- und Weinbau finden sich Seidenkultur und -Spinnerei, Seilerwaren- und Papierfabrikalion, Viehzucht, Schiffbau und Schiffahrt. Neben der Küstenbahn Bologna-A.-Otranto geht die Linie A.-Foligno-Orte durch das Gebiet. - 2) Hauptstadt der Provinz A. und nach Venedig die wichtigste Seestadt am Adriatischen Meere, steigt amphitheatralisch am nordöstl. Vorgebirge (Monte-Conero 572 m) der adriatischen Küste auf und gewährt von der See aus einen malerischen Anblick, ist Sitz eines Bischofs, eines Appellationsgerichts, der Provinzialbehörden, der Kommandos des 7. Armeekorps, der 13. Division und der Infanteriebrigade "Friuli" und hat (1881) 31 277, als Gemeinde 47 729, (1891) 55 000 E.,darunter über 6000 Israeliten, in Garnison das 88. Infanterie-^[folgende Seite]