707
Antokolski – Anton (von Bourbon)
Anmerkung: Fortsetzung des Artikels 'Antoine'
aber, nach dem mißglückten Versuche, im Reichstage eine franz. Rede zu halten, den Verhandlungen nur sehr selten bei. Am 1. April 1887 aus dem Reichslande
ausgewiesen, siedelte er nach Grevenmachern in Luxemburg über; sein Reichstagsmandat legte er erst, als ihm die Verwicklung in einen Landesverratsprozeß
dauernd die Rückkehr nach Deutschland verbot, am 11. März 1889 nieder. Er ging dann nach Frankreich, trat hier als Revancheredner auf und stellte sich später der
franz. Regierung in dem Wahlfeldzuge gegen Boulanger zur Verfügung. Im März 1889 wurde er durch Beschluß der Deputiertenkammer in Frankreich naturalisiert. Es
gelang ihm zwar nicht, ein parlamentarisches Mandat zu erringen, doch belohnte ihn die Regierung durch Anstellung bei der Verwaltung des Tabakmonopols. 1893
wurde er zum Generalzahlmeister ernannt.
Antokolski, Markus, russ. Bildhauer, geb. 1843 in Wilna, besuchte die Akademie in Petersburg und ist seit 1880 Professor derselben. Er
lebt in Paris. Seine Werke sind interessant durch ihren packenden Realismus. Zu den hervorragendsten gehören: Iwan der Grausame (1871, Eremitage zu Petersburg
s. Tafel: Russische Kunst I, Fig. 2), Peter d. Gr. (1872), Christus vor dem Volke (1874), Tod des Sokrates
(1876).
Antomboka, Bai an der Nordspitze Madagaskars, auch Bai von
Diego Suarez genannt, liegt unter 12° 14' südl. Br. und erstreckt sich an der Spitze einer langgestreckten Halbinsel, die ins Kap
Amber ausläuft, durch eine schmale Einfahrt tief ins Land hinein, so einen großen wohlgeschützten Hafen bildend, der jetzt mit dem umgebenden Lande zu
Frankreich gehört und mit Mozambique und den madagassischen Häfen in Verbindung steht.
Antommarchi (spr. -ki), Francesco, Napoleons I. Arzt auf St. Helena, geb. 1780 auf Corsica, studierte zu Pisa
Medizin und war seit 1812 Prosektor am Hospitale Sta. Maria zu Florenz. Er wurde 1818 im Namen der Mutter Napoleons durch Kardinal Fesch bewogen nach St.
Helena zu gehen, um dem Kaiser, von dem man soeben den Dr. O'Meara entfernt hatte, ärztlichen Beistand zu leisten. Nach Napoleons Tode erklärte er, daß der
Kaiser nicht am Magenkrebs, sondern an einem auf der Insel herrschenden Fieber gestorben sei, und weigerte sich, das Obduktionsprotokoll zu unterzeichnen. Er
wandte sich dann nach Paris, wo er das vielgelesene Werk «Mémoires du docteur F. A. ou les derniers moments de Napoléon»
(2 Bde., Par. 1823; deutsch Stuttg. 1825) herausgab. Die poln. Revolution 1830 veranlaßte A., als Arzt nach Warschau zu gehen. Von da kehrte er nach Paris zurück,
ging 1836 nach Amerika und starb 3. April 1838 zu San Antonio auf Cuba.
Anton Ulrich, Herzog von Braunschweig-Wolfenbüttel, geb. 4. Okt. 1633 zu Hitzacker, wurde 1685
Mitregent seines Bruders Rudolf August, nach dessen Tode (1704) alleiniger Regent. Nachdem seine Enkelin Elisabeth Christine auf sein Anstiften 1707 katholisch und
1708 Gemahlin des Prätendenten auf den span. Königsthron, nachherigen deutschen Kaisers Karl VI. geworden war, trat er 1710 selbst in Bamberg zum Katholicismus
über. A. starb 27. März 1714. Er war äußerst prachtliebend, zugleich eifriger Gönner der Wissenschaften und Künste, auch als der «Siegprangende» Mitglied der
Fruchtbringenden Gesellschaft (1659); die Bibliothek zu Wolfenbüttel vermehrte er beträchtlich und erbaute das herrliche Lustschloß Salzdahlum. ↔
Außer einigen für Hoffeste bestimmten Singspielen giebt es von ihm 61 geistliche Lieder, die u. d. T. «Christfürstliches Davids Harpffenspiel» (Nürnb. 1007; Wolfenb.
1670; in Auswahl von Wendebourg, Halle 1855) erschienen; Melodien dazu setzte seine Stiefmutter Sophia Elisabeth von Mecklenburg. Außerdem verfaßte A. U. zwei
ihrer Zeit hochberühmte Romane: «Die durchleuchtige Syrerinn Aramena» (5 Bde., Nürnb. 1669–73; 1678–79; verkürzt von S. A[lbrecht], 3 Bde., Berl. 1782–86) und
«Octavia» (6 Bde., Nürnb. 1677; 1685; als «Die Römische Octavia», 6 Bde., Wittenb. 1711 und 7 Bde., Braunschw. 1712). Beide leiden an großer Breite und
verwickelter Anlage, oft auch an Unwahrscheinlichkeit, geben aber dem Dichter Gelegenheit zu geistvollen Betrachtungen über staatliche und sociale Verhältnisse
und zu Episoden, die verhüllt Ereignisse aus dem damaligen Hofleben erzählen. – Vgl. Hock, A. U. und Elisabeth Christine von Braunschweig (Wolfenb. 1845);
Cholevius, Die bedeutendsten deutschen Romane des 17. Jahrh. (ebd. 1800).
Anton Ulrich, zweiter Sohn des Herzogs Ferd. Albert von
Braunschweig-Wolfenbüttel (bis 1735 Braunschweig-Bevern), war 28. Aug. 1714 geboren. Als die russ. Kaiserin Anna für ihre
Nichte, die Prinzessin Anna (s. Anna Leopoldowna) von Mecklenburg-Schwerin, einen Gemahl wünschte, lenkte der österr. Einfluß die Wahl auf
A. U. Derselbe kam Anfang 1733 nach Rußland und ward zum Obersten eines Kürassierregiments ernannt. Die Vermählung fand 14. Juli 1739 statt. Das erste Kind
dieser Ehe war der 23. Aug. 1740 geborene Prinz Iwan, den die Kaiserin Anna bei ihrem Tode zum Nachfolger erklärte,
Biron (s. d.) aber zum Regenten. Nachdem die Herrschaft Birons durch Münnich 20. Nov. gestürzt war,
übernahm Anna die Regentschaft, und A. U. wurde zum Mitregenten ernannt. Beide wurden in der Nacht vom 5. zum 6. Dez. 1741 durch eine Palastrevolution
abgesetzt und Peters d. Gr. Tochter Elisabeth auf den russ. Thron erhoben. A. U. und seine Gemahlin wurden nach Cholmogory im Gouvernement Archangelsk
verwiesen. Vor ihrer Verbannung war ihnen 26. Juli 1741 die Prinzessin Katharina geboren worden; in die Zeit der Gefangenschaft fällt die Geburt von Elisabeth,
Peter und Alexis. Anna starb 18. März 1746, A. U. 4. Mai 1774. Im J. 1780 verschaffte die Kaiserin seinen Kindern mit Ausnahme des schon geopferten Iwan ein Asyl in
Horsens in Jütland, wo dieselben lebten, bis 1807 auch das letzte von ihnen starb. – Vgl. Brückner, Die Familie Braunschweig in Rußland im 18. Jahrh. (Petersb. 1876).
Anton von Bourbon, König von Navarra, Sohn des Herzogs
Karl von Bourbon-Vendôme (s. Bourbon), geb. 22. April 1518, Gouverneur der Picardie, an den spätern
Kriegen Franz' I. und denen Heinrichs II. beteiligt, 1548 mit der Erbin von Navarra, Jeanne d'Albret (s. d.), vermählt, 1555
durch den Tod ihres Vaters Gouverneur der Guienne und König von Navarra, wurde durch seinen Gegensatz zu Spanien und den Guisen neben seinem Bruder
Condé seit 1557 eins der Parteihäupter der Hugenotten und unter Franz II. der oberste Führer der Opposition gegen die Guisen. Herbst 1560 scheint er eine weitere
Empörung, aber kraftlos, gegen sie geplant zu haben. Der Tod Franz' II. befreite ihn aus dem bereits zugezogenen Netze seiner Gegner; unter dem unmündigen Karl
IX. trat er als ältester Prinz an die Spitze der Regierung, ließ sich aber von
Anmerkung: Fortgesetzt auf Seite 708.