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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Anwenderecht; Anwerben; Anwünschung; Anzain; Anzeichen; Anzeige

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Anwenderecht - Anzeige

wird, als er ohnedies dem Anweisenden schuldet. Solange der Angewiesene die A. weder dem Anweisungsempfänger gegenüber angenommen noch diesem geleistet hat, darf der Anweisende ihm gegenüber die A. widerrufen. Der Widerruf ist nicht mehr zulässig, wenn der Angewiesene dem Anweisungsempfänger gegenüber die A. auch nur angenommen hat. Hat er sie angenommen, so kann er nach Sächs. Bürgerl. Gesetzbuch von dem Anweisenden, noch bevor er leistet, Vorschuß oder Sicherheit fordern, außer wenn etwas anderes bestimmt, oder auf Schuld angewiesen war. Nach der Zahlung kann er gemäß §. 1335, Österr. Gesetzb. §. 1409 und dem Deutschen Entwurf §. 623 Ersatz von dem Anweisenden nach den Vorschriften über den "Auftrag" fordern, wenn sich nicht aus ihren Vereinbarungen etwas anderes ergiebt; war er Schuldner des Anweisenden, so wird er durch die Leistung von jener Schuld frei. Nach Preuß. Allg. Landr. §. 203 und nach Österr. Gesetzb. §. 1408 kommen zwischen dem Anweisenden und seinem angewiesenen Schuldner die Grundsätze von der Cession zur Anwendung. Das Rechtsverhältnis zwischen dem Anweisenden und dem Anweisungsempfänger ist nach der Natur des zu Grunde liegenden Rechtsgeschäfts zu beurteilen. Im Zweifel ist der Anweisungsempfänger verpflichtet, den Angewiesenen zur Leistung aufzufordern, und er hat den Anweisenden bei Vermeidung der Haftung auf Schadenersatz sofort zu benachrichtigen, wenn der Angewiesene die Leistung oder die Annahme weigert, solange der Angewiesene weder geleistet noch angenommen hat, darf der Anweisende auch dem Anweisungsempfänger gegenüber die A. widerrufen, ausgenommen (Sächs. Bürgerl. Gesetzb. §. 1335) der Fall, daß der Empfänger den Gegenstand zum eigenen Vorteil erheben sollte. Ist die A. zur Tilgung einer Schuld an den Anweisungsempfänger gegeben, so kann dieser seine Forderung gegen den Anweisenden geltend machen, wenn der Angewiesene die Annahme der A. oder die Leistung weigert, es sei denn, daß der Empfänger die A. an Zahlungsstatt angenommen hat.

Der Angewiesene wird durch Annahme der A. dem Anweisungsempfänger zur Leistung verpflichtet, ohne daß er sich diesem gegenüber auf Einreden berufen darf, welche ihm im Verhältnis zum Anweisenden zustanden. Für schriftliche A. an Kaufleute hat das Deutsche Handelsgesetzbuch Art. 300 dies in der Form ausgesprochen, die unterschriebene Annahmeerklärung auf der A. gelte als ein dem Anweisungsempfänger geleistetes Zahlungsversprechen. Aus diesen A. kann, wenn sie über Leistungen von Geld oder von einer Menge vertretbarer Sachen oder Wertpapiere lauten, ohne daß die Leistung von einer Gegenleistung abhängig gemacht ist, gegen den angewiesenen Kaufmann, welcher sie angenommen hat, geklagt werden, auch wenn sie die Angabe eines Verpflichtungsgrundes (wie Darlehen, Kauf, "Wert erhalten" u. dgl.) nicht enthalten; derartige von einem Kaufmann ausgestellte A. können, wenn sie an Order lauten, durch Indossament (wie ein Wechsel) übertragen und von jedem durch Indossament legitimierten Inhaber gegen den Angewiesenen, welcher die A. angenommen hat, eingeklagt werden, ohne daß dem Kläger andere Einreden entgegengesetzt werden dürfen, als sie dem Beklagten unmittelbar gegen den Kläger (nicht aus einem Verhältnis gegen einen Indossanten) zustehen oder aus der Urkunde hervorgehen. (Handelsgesetzbuch Art. 301, 303.)

Für den Besitz hat das Preuß. Allg. Landr. I, 7, §. 67 die eigentümliche Vorschrift, daß, wenn der Besitz durch einen Dritten ausgeübt wird, die Übergabe dadurch vollzogen wird, daß der Besitzer demjenigen, welchem er übergeben will, erklärt, er weise den dritten Inhaber an, für den andern zu besitzen, und der neue Besitzer diese Erklärung annimmt, auch wenn der Inhaber noch nicht von jener A. erfahren hat. Nur wird er dem neuen Besitzer verantwortlich erst, wenn er die A. erfährt.

Anwenderecht, die Befugnis eines Grundeigentümers, bei der Bestellung seines Ackers den Pflug oder die Egge auf dem Grundstück des Nachbars umzuwenden, kommt partikularrechtlich in Deutschland vor.

Anwerben, s. Werbesystem.

Anwünschung, s. Annahme an Kindesstatt.

Anzain, s. Anzin.

Anzeichen nennt man Zeichen von etwas Entstehendem oder Vorhandenen, aber noch nicht völlig Erkennbarem, wie einer Krankheit, dem Tode, der Witterung; in diesem Sinne, gleichbedeutend mit Symptom (s. d.), sind die A. überaus wichtig; ihr Verständnis ist für den Arzt, den Landmann, den Seemann u. s. w. unentbehrlich. Anders verhält es sich mit den zahlreichen A. (oder Anzeigen), mit denen sich der Aberglaube beschäftigt (z. B. unerklärliches starkes, plötzliches Geräusch als A. eines Todesfalls) und wo kein Zusammenhang zwischen dem A. und dem angeblich Angezeigten besteht. Der Glaube an die letztern A. gehört in den Seelenglauben.

Anzeige, gleichbedeutend mit Annonce (s. d.), mit Anzeichen (s. d.) oder Indizien (s. d.); endlich soviel wie Mitteilung einer rechtlich erheblichen Thatsache, welche eingetreten ist oder deren Eintritt erwartet wird. Das Recht schreibt A. dieser Art im weiten Umfange vor, sei es im allgemeinen Interesse oder in dem der Nächstbeteiligten. Im bürgerlichen Recht gehören hierher die Anmeldungen zu den im allgemeinen Interesse vom Staat geführten öffentlichen Büchern und Registern mit verschiedenen Wirkungen. Um das Grundeigentum und seine Belastung jedermann kenntlich zu machen, werden Grund- und Hypothekenbücher (s. d.) geführt, zu welchen die Übertragungen des Grundeigentums und dessen Belastungen zu verlautbaren sind. Die wesentlichsten der sich hierauf beziehenden Rechtsveränderungen entstehen erst mit dem Eintrag auf erfolgte Anmeldung. Eine ähnliche Bedeutung haben die A. der Warenzeichen Gewerbtreibender zum Eintrag in die Zeichenrolle (s. Marke), die A. von Mustern und Modellen zur Musterrolle (s. Musterschutz), die Vorlegung des Gesellschaftsvertrags einer Aktiengesellschaft oder Gesellschaft mit beschränkter Haftung zum Handelsregister (s. d.), die Anmeldung der Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften (s. d.) zum Genossenschaftsregister. In andern Fällen sind die Beteiligten durch Strafandrohungen zur A. behufs Eintrag in das öffentliche Register anzuhalten, so zur A. der Firmen (s. d.) und ihrer Veränderungen für das Handelsregister. Oder es treten Strafen ein, wenn die Anmeldung nicht erfolgt ist, z. B. wenn Schiffe, welche die Nationalflagge führen, nicht zum Schiffsregister angemeldet werden. Oder es tritt gegen den, welcher die A. zum Eintrag unterlassen hat, der Nachteil ein, daß er sich gegen den Nichtwissenden nicht am die nicht angezeigte Thatsache berufen darf, wie bei der nicht angezeigten Änderung einer Firma (Handelsgesetzbuch Art. 25), des Erlöschens einer Prokura (Art. 46).