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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Ariovíst; Arîsch

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Ariovist – Arîsch

mit Garten, das man noch heute sieht. In den J. 1517‒31 entstanden seine Satiren in Terzinen (deutsch von Ahlwardt, Berl. 1794); es sind poet. Episteln an Freunde und Verwandte, Herzensergüsse über die eigene Lage, Urteile über Zeit und Dinge, Lehren einer liebenswürdig weltklugen Moral glücklicher Genügsamkeit, gewürzt mit Geschichtchen aller Art. Sie spiegeln treu das Wesen A.s ab, der kein Mann der That, aber eine Natur war, die durch Herzensgüte und bescheidene Rechtschaffenheit erobert. 1516 erschien «Orlando Furioso» in 40 Gesängen, 1521 gab der Autor die 2. Auflage heraus; doch ward das Gedicht vor- und nachher ohne seine Erlaubnis gedruckt. Der Beifall war unermeßlich, später erweiterte A. das Gedicht auf 46 Gesänge und gab ihm die Gestalt, in der es heute allgemein gelesen wird; so war es 1. Okt. 1532 fertig gedruckt. Seitdem kränkelnd, starb A. in Ferrara 6. Juni 1533. Er ward in der Benediktinerkirche bestattet, 1573 nach der neuen Kirche gleichen Namens versetzt, wo ihm 1612 sein gleichnamiger Nachkomme ein glänzendes Grabmal errichtete; dieses ließ 1801 der franz. General Miollis mit den Gebeinen in die Bibliothek von Ferrara übertragen. 1874 gestaltete sich die 400jährige Feier seiner Geburt zu einem glänzenden Feste.

Der «Orlando Furioso» bildet die Fortsetzung von Bojardos (s. d.) «Orlando Innamorato» und behandelt den Gegenstand ähnlich. Die große gemeinsame Handlung, der Kampf Karls d. Gr. gegen den Sarazenenkönig Agramonte, der in Frankreich eingebrochen ist, bildet nur scheinbar den Kern, um den sich die zerstreute Handlung hin und wieder sammelt. Im Vordergrunde stehen die Abenteuer der einzelnen Helden, in denen sich die Kraft und Empfindung der Persönlichkeit zu entfalten vermag. Die mannigfach bewegte und beständig wechselnde Welt des Rittertums ist zum Tummelplatz der Phantasie geworden, die sich in freiem, leichtem Spiele ergeht. In der Verschlingung dieser Episoden, im rechtzeitigen Abreißen und Wiederanspinnen des Fadens zeigt A. die höchste Kunst. Bojardo ist er weit überlegen in der anmutigen Feinheit der Darstellung und in der psychol. Entwicklung. Die Poesie ist hier nicht getragen von bedeutenden Gedanken und Fragen des wirklichen Lebens; sie ergötzt die Einbildungskraft. Der Dichter selbst glaubt nicht ernstlich an die Wesen der mittelalterlichen Rittersage; daher mischt sich, wie bei Bojardo, in die Erzählung eine feine Ironie, welche die Fabelwelt zerstört. (Vgl. Samosch, A. als Satiriker, Mind. 1891.) In A. hat das Kunstideal der Renaissance deutlichsten Ausdruck gefunden. Die Form der Oktave handhabt er mit unvergleichlichem Geschick und hat die Sprache überhaupt völlig in der Gewalt. Neueste Ausgaben von Gioberti (zuletzt 2 Bde., Mail. 1870), Casella (2 Bde., Flor. 1877), Prachtausgabe mit Zeichnungen von Doré und Vorrede Carduccis (Mail. 1880); zahlreiche Übersetzungen (auch lat., span., russ. und in ital. Mundarten), deutsch u. a. von Gries (Jena 1804‒9; 4. Aufl., Lpz. 1851‒52; neue Ausg. von Fleischer, 3 Bde., Stuttg. 1888; Auszug 2 Bde., ebd. 1881), am besten von Gildemeister (4 Bde., Berl. 1882). Die übrigen Werte A.s erschienen als «Opere minori in verso e in prosa di L. A.», hg. von Polidori (2 Bde., Flor. 1857), eine Gesamtausgabe zuerst Venedig 1730 (2 Bde.). «Lettere di L. A.» gab mit einer biogr. Einleitung Cappelli heraus (3. Ausg., Mail. 1887). Biographien A.s schrieben: Barbieri (Ferrara 1773; mit Auszug aus den drei ältern des 16. Jahrh.); Barussaldi (La vita de M. L. A., ebd. 1803; Flor. 1807); Fernow (A.s, des Göttlichen, Lebenslauf, Zür. 1809). Vgl. ferner Campori, Notizie per la vita di L. A. (Mod. 1871); Carducci, Delle poesie latine di L. A. (2. Aufl., Bologna 1876); Rajna, Le fonti dell’Orlando Furioso (Flor. 1876); Ferrazzi, Bibliografia Ariostesca (Bassano 1881).

Ariovíst, einer der ältesten bekannten deutschen Fürsten, berühmt durch seinen Kampf mit den Römern unter Cäsar. Um 71 v. Chr. riefen die Sequaner und Arverner in Gallien die deutschen Sueven am Oberrhein gegen die Äduer zu Hilfe. Mit 15000 Mann ging A. über den Rhein und zog in Gallien allmählich 120000 Germanen an sich. Die Äduer und ihre Verbündeten wurden im J. 61 in der Hauptschlacht bei Admagetobriga besiegt und genötigt, den Sequanern Geiseln zu stellen und Tribut zu zahlen. Obgleich die Äduer mit den Römern befreundet waren, erkannten diese dennoch im J. 59 den A. als Freund und Verbündeten an. Als A. aber auch die Sequaner unter seine Herrschaft beugen wollte, sie nötigte, ihm für seine Völker ein Drittel ihrer Mark, das obere Elsaß, abzutreten und bald noch ein zweites forderte, wendeten sich die Stämme des mittlern Galliens an Cäsar (im J. 58). Die Verhandlungen Cäsars mit A. führten schnell zum offenen Bruch zwischen Römern und Germanen. Cäsar kam dem A. in der Einnahme von Vesontio (Besançon) zuvor; dann kämpften beide Führer einige Zeit im Sundgau (in der Gegend von Belfort und Mülhausen) gegeneinander. Bei Nieder-Aspach westlich von Mülhausen kam es zu der Hauptschlacht, in der die Römer siegten. A. entkam über den Rhein in die Heimat, wo er bald nachher starb. – Vgl. Stoffel, Guerre de César et d’Arioviste (Par. 1890).

Arîsch oder El-Araisch (d. h. Weinberg), bei den Europäern Larasch genannt, befestigte Stadt an der atlantischen Küste von Marokko, 70 km südlich von Tanger, Hauptort der Provinz Azgar, malerisch auf zwei Hügeln am südl. Ufer des Lukkos oder El-Kos, hat etwa 5000 maur. E., schlecht erhaltene Ringmauern, eine stattliche, von Säulenarkaden gestützte Börse oder Kaufhalle der Getreidehändler, die aus der Zeit der Portugiesen stammt, einen Bazar, eine schöne Moschee, ein halbverfallenes Schloß des Gouverneurs und andere Ruinen. Die Einfuhr in den nur für kleinere Schiffe zugänglichen Hafen betrug 1887: 2278755 Frs., die Ausfuhr 1921330 Frs. Die Umgegend ist gut angebaut, reich an Oliven, Orangen und Granaten, aber sumpfig und ungesund. A. ist das alte Lixus am gleichnamigen Flusse. Der Stadt gegenüber, 4 km oberhalb und rechts vom Lukkos, die Ruinen der phöniz. Kolonie Lex oder Lix, arab. Tschemmts oder Teschmès. In dem von wildem Gestrüpp überwachsenen Ruinenfelde erkennt man noch die Reste eines Turms und anderer röm. Gebäude. An die Mündung des Flusses verlegte Plinius die Insel und Gärten der Hesperiden (s. d.).

Arîsch, El-Arîsch, ägypt. Stadt und Grenzfestung gegen Palästina, auf einem Felsen am Mittelmeere am Wadi el-A., das schon im Alten Testamente als «Bach Ägvptens» und Grenze des Landes bezeichnet wird, und an dem die Grenzstadt Rhinocolura lag, bildet mit 0,5 qkm Kulturfläche und (1882) 3923 E. einen eigenen Verwaltungsbezirk unter dem Festungsgouverneur. – Im Zeit-^[folgende Seite]