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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Belgard; Belgaum; Belgen; Belgern; Belgĭca; Belgien

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Belgard - Belgien (Oberflächengestaltung)

Belgard. 1) Kreis im preuß. Reg.-Bez. Köslin, hat 1127,12 qkm, (1890) 44547 E., 2 Städte, 68 Landgemeinden und 96 Gutsbezirke. – 2) B. (ehemals Bjaligrod, d. h. weiße Burg), Kreisstadt im Kreis B., an der Mündung der Leitnitz in die Persante und den Linien Stargard-Stolp-Zoppot und B.-Kolberg (35,80 km) der Preuß. Staatsbahnen, Sitz des Landratsamtes, eines Amtsgerichts (Landgericht Köslin), Zoll- und Steueramtes und einer Reichsbanknebenstelle, hat (1890) 7046 E., in Garnison die reitende Abteilung des Feldartillerieregiments Nr. 2, Post, Telegraph, ein Schloß, drei evang. Kirchen, städtisches Gymnasium (Direktor Dr. Bobrik, 12 Lehrer, 190 Schüler), höhere Mädchenschule mit Selekta, Krankenhaus; Eisengießerei, zwei Dampfschneidemühlen, eine Holzbearbeitungsfabrik, eine Tuchfabrik, Landwirtschaft und drei große Pferdemärkte. B. wird schon 1125 als Stadt genannt.

^[Abb: Wappen von Belgard]

Belgaum, s. Belgaon(g).

Belgen (Belgae), Name der den nördl. Teil Galliens bewohnenden, erst durch Cäsars Feldzüge den Römern bekannt gewordenen Völker; nach den B. wurde seit Augustus die nördlichste gallische Provinz (Belgica) genannt. Die große Masse der Völker von «Belgium» (die Namen der B. und mehrerer belg. Stämme treten im Altertum auch in Britannien und Irland auf) war jedenfalls kelt. Abkunft. Allerdings behauptet Cäsar, der ansehnlichste Teil der B. sei aus Germanien eingewandert; daß aber deshalb nur eine Übersiedelung vom rechten Rheinufer nach dem linken, nicht eine ethnogr. Zusammengehörigkeit der B. mit den Germanen angenommen werden darf, hat Müllenhof («Deutsche Altertumskunde», Bd. 2, Berl. 1887) endgültig nachgewiesen. Die hauptsächlichsten Stämme in dem Lande, welches südlich durch Marne und Seine, westlich durch das Meer, nördlich und östlich durch den Rhein, südöstlich durch das Moselgebiet begrenzt wurde, waren die Bellovaker (bei Beauvais), die Suessionen (bei Soissons), die Remer (bei Reims), die Viromanduer (bei Vermandois), die Ambianer (bei Amiens); dann mehr nördlich in Artois die Atrebaten, und an der Küste die Moriner und Menapier. Aus Germanien rühmten sich eingewandert zu sein die Nervier an der Sambre (im Hennegau und Namur), die angeblich von den Cimbern stammenden Aduatuker (zwischen Schelde und Maas) und die Eburonen (zwischen Maas und Rhein). Die belg. Völker, wie sie Cäsar kennen lernte, waren von den Kelten des innern Gallien in ihrer Sprache nur dialektisch verschieden; sonst standen sie hinter ihnen an Civilisation noch weit zurück, übertrafen sie aber an zäher Tapferkeit. Diese Völker erkannten nur im Kriege einen gemeinschaftlichen Führer an und machten, als Cäsar seit 57 v. Chr. sie angriff, den Römern die Unterwerfung vorzugsweise schwer. Als der Kaiser Augustus das gallische Land zwischen Pyrenäen und Rhein 27 v. Chr. organisierte, wies er die Südwesthälfte Belgiens der Provinz Belgica, die Nordosthälfte der Provinz Niedergermanien zu.

Belgern, Stadt im Kreis Torgau des preuß. Reg.-Bez. Merseburg, links an der Elbe, bis zur Reformation dem Stift Wurzen gehörig, hat (1890) 2821 E., Amtsgericht (Landgericht Torgau), Post, Telegraph, Zoll- und Steueramt; Weinbau, Thongruben, Töpferei, Ackerbau, Fischerei und Getreidehandel. ^[Spaltenwechsel]

Belgĭca, s. Belgen und Gallien.

Belgien (frz. La Belgique; hierzu Karte: Belgien und Luxemburg), einer der jüngsten europ. Staaten, ist aus dem südl. Teile des durch den Wiener Kongreß geschaffenen Königreichs der Niederlande entstanden und hat seinen Namen erhalten in Erinnerung an die Provincia Belgica der röm. Reichseinteilung, zu deren Gebiet es dem größten Teile nach gehörte. Es begreift in seiner jetzigen Gestaltung etwa die ehemaligen österr. Niederlande mit Ausnahme des jetzigen Großherzogtums Luxemburg sowie das ehemalige Fürstbistum Lüttich. B. liegt zwischen 49° 30’ und 51° 30’ nördl. Br. und 2° 32’ und 6° 7’ östl. L. von Greenwich und grenzt im N. an Holland, im O. an holländ. Limburg, Rheinpreußen und an das Großherzogtum Luxemburg, gegen S. und SW. an Frankreich, im NW. an die Nordsee. Die größte Längenausdehnung (270 km) hat es von Ostende im NW. nach Arlon im SO., in der Richtung von S. nach N. von Chimay nach Turnhout (180 km). Der Gesamtflächenraum beträgt 29457,12 qkm.

Oberflächengestaltung. B. ist vorwiegend Flach- und Hügelland, die mittlere Höhe ist zu 163 m, von andern auf 148 m berechnet worden; doch greift in den südöstl. Teil, der durch die Maas und Sambre abgeschnitten wird, der Westflügel des Ardennenplateau (höchster Punkt 674 m) ein, für das industrielle Leben ein Umstand von Bedeutung. Die Thonschiefer- und Grauwackenmassen der Ardennen sind von Streifen Grauwackenkalksteins durchsetzt, und mächtige Eisen- und Steinkohlenlager begleiten die Ufer der Maas, bevor die Tertiärschichten von Hennegau und Südbrabant zu dem Alluvialboden der flandr. Ebenen übergehen und hier zu solcher Tiefe absteigen, daß künstliche Deiche und Polder dort, wo die natürlichen Schutzwehren der Dünen Lücken lassen, das Einbrechen der Meereswellen abwehren müssen. Mit den Heidestrecken der Kempen (Campine) im nordöstl. Teile von Antwerpen beginnt zwar eine Zone unfruchtbarer Landstriche, doch die Kultur weist ihnen immer engere Grenzen an. Die reiche Bewässerung des Landes wird, mit Ausnahme der unterhalb Nieuport mündenden Yser (Yperlee), durch die Systeme der Schelde und Maas bewirkt, welche beide Flüsse schiffbar von Frankreich aus ins Land eintreten, aber auch außerhalb desselben im Königreich der Niederlande münden. Die Hauptzuflüsse der bei Antwerpen 700 m breiten und 10 m tiefen Schelde sind links Lys, rechts Dender und Rupel (letzterer aus Nethe und Dyle gebildet); die der Maas sind links Sambre, rechts Lesse, Ourthe und Vesdre. Die günstigen hydrogr. Verhältnisse sind mit großem Vorteil zu Kanalanlagen benutzt worden, welche Brüssel und Löwen mit dem Rupel, Brüssel mit Charleroi, Mons mit Condé, Ostende mit Brügge und Gent und dieses mit Terneuzen in Verbindung setzen. Seit 1859 ist auch der Verbindungskanal zwischen Schelde und Maas durch das Gebiet der Kempen, mit Abzweigung nach Turnhout, vollendet, wodurch die Urbarmachung jenes Gebietes erheblich gefördert wurde. Außerdem verbindet seit 1850 ein Kanal links von der Maas die Städte Lüttich und Maastricht. Die schiffbare Gesamtstrecke der Flüsse und Kanäle beträgt 2205,28 km.