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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Broglie; Broglio; Brogniart; Brohan

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Broglie (Achille Charles Léonce Victor, Herzog von) - Brohan

Broglie (spr. brollj oder brolljih), Achille Charles Léonce Victor, Herzog von, franz. Staatsmann, Sohn des während der Revolution hingerichteten Prinzen Claude Victor von B., geb. 28. Nov. 1785 zu Paris, wurde während des Kaiserreichs Anditor im Staatsrat, dann Intendant in Illyrien, später in Spanien, endlich Attaché bei den Gesandtschaften zu Warschau und Wien und 1813 Gesandtschaftsrat in Prag. Nach der ersten Restauration erhielt er einen Sitz in der Pairskammer, wo er gegen die Verurteilung Neys, die Ausnahmegesetze und Proskriptionen sprach. Er vermählte sich 1816 mit Albertine, der als religiöse Schriftstellerin bekannten Tochter (geb. 1797, gest. 22. Sept. 1838) der Frau von Stael. Als Gesinnungsgenosse Guizots und der Doktrinärs wurde er 30. Juli 1830 von der Provisorischen Regierung zum Minister des Innern, im August von König Ludwig Philipp zum Minister des Kultus und Unterrichts sowie zum Präsidenten des Staatsrats ernannt, trat aber im November bei dem Eintritt Duponts de l'Eure ins Ministerium zurück. Vom Okt. 1832 bis April 1834, dann vom Nov. 1834 bis Febr. 1836 war er Minister des Auswärtigen, seit März 1835 zugleich Conseilpräsident. In dieser Eigenschaft führte er die Verhandlungen mit England über das gegenseitige Durchsuchungsrecht zur See. Seit 1836 wurde er wiederholt, zuletzt noch 1840, zur Bildung eines Ministeriums aufgefordert, lehnte aber stets ab. Später entfernte er sich von Guizot und seinen frühern Meinungsgenossen und schien mehr zu Thiers hinzuneigen. Nach der Revolution von 1848 blieb er als Anhänger der Orléans einige Zeit dem polit. Schauplatze fern. Erst im Mai 1849 gelangte er in die Nationalversammlung, wo er einer der Führer der Rechten wurde und die Angelegenheit der Verfassungsrevision eifrig betrieb. Während er hierdurch die Herstellung der Monarchie der Orléans beabsichtigte, wurde er durch Napoleons Staatsstreich vom 2. Dez. 1851 überrascht. Er zog sich ins Privatleben zurück, wurde 1856 zum Mitgliede der Akademie erwählt, veröffentlichte "Écrits et discours" (3 Bde., Par. 1863) und starb 25. Jan. 1870. Seine Memoiren gab sein Sohn Jacques Victor Albert als "Souvenirs du feu duc de B." (4 Bde., Par. 1886-87) heraus. - Vgl. Guizot, Le Duc de B. (Par. 1872).

Broglie (spr. brollj oder brolljih), Jacques Victor Albert, Herzog von, franz. Publizist, Geschichtschreiber und Staatsmann, Sohn des vorigen, geb. 13. Juni 1821 zu Paris. In den konstitutionellen Ansichten der doktrinären Schule und in kath. Ideen auferzogen, nahm er früh thätigen Anteil an den polit. und kirchlichen Meinungskämpfen und schrieb für die "Revue des Deux Mondes" und das klerikal-orléanistische Wochenblatt "Le Correspondant" Artikel, die später gesammelt erschienen als: "Études morales et littéraires" (Par. 1853) und "Questions de religion et d'histoire" (ebd. 1860; 2. Aufl. 1863). 1862 wurde B. Mitglied der Académie française. Im Frühjahr 1871 wurde er in die Nationalversammlung gewählt, wo er sich dem rechten Centrum anschloß. Als Gesandter nach London geschickt, suchte er das engl. Kabinett zu einer diplomat. Intervention zu Gunsten Frankreichs zu bewegen und trat 13. März als Bevollmächtigter Frankreichs in die Pontuskonferenz. Doch beschäftigte er sich vorzüglich mit den innern Angelegenheiten und betrieb das Zustandekommen der parlamentarischen Koalition aller monarchischen Parteien, die 24. Mai 1873 die Abdankung Thiers' und die Präsidentschaft Mac-Mahons zur Folge hatte. In dem neuen Kabinett übernahm B. die Vicepräsidentschaft und das Ministerium des Auswärtigen, später das des Innern. Dabei machte er sich verhaßt durch Begünstigung des Klerikalismus. Da aber gleichwohl die Legitimisten und Bonapartisten ihre Interessen durch ihn beeinträchtigt sahen, so verbanden sie sich mit der Linken zu seinem Sturze und brachten ihm eine Niederlage bei. Am 16. Mai 1874 nahm B. mit seinen Kollegen die Entlassung. 1876 in den Senat gewählt, trat er wieder an die Spitze der reaktionären Parteien. Bei der unerwarteten Entlassung des Kabinetts Simon 16. Mai 1877 wurde B. mit der Bildung eines Koalitionsministeriums der Rechten beauftragt und übernahm den Vorsitz und die Justiz. Die Kammer wurde aufgelöst und die ganze Regierungsgewalt zur Erreichung günstiger Neuwahlen aufgeboten. Aber bei den Wahlen vom 14. Okt. siegten die Republikaner auch bei den Generalratswahlen; B. fiel in seiner Heimat durch, er gab daher 20. Nov. seine Entlassung. Von da an ist B. nicht mehr in den Vordergrund der parlamentarischen Verhandlungen getreten und seit 1885 nicht wiedergewählt. B. ist Präsident der Société d'histoire diplomatique in Paris. Von seinen größern Werken sind zu nennen: "L'Église et l'Empire romain au 4e siècle" (3 Tle., Par. 1856-66; zum Teil in 4. Aufl. 1869), "Le secret du roi. Correspondance secrète de Louis XV avec ses agents diplomatiques, 1752-74" (2. Aufl., 2 Bde., ebd. 1879), "Frédéric II et Marie-Thérèse" (2 Bde., ebd. 1882; auch deutsch, Minden 1884), "Frédéric II et Louis XV" (Par. 1884), "Marie Thérèse impératrice" (2 Bde., 1888), "Histoire et diplomatie" (1889), "Maurice de Saxe et le marquis d'Argenson" (2 Bde., 1891). Außerdem gab er die Memoiren seines Vaters (s. oben) und 1891-92, nach dem in seinen Besitz übergegangenen authentischen Originalmanuskript, die Memoiren Talleyrands (5 Bde.) heraus.

Broglio (spr. brolljo), Emilio, ital. Schriftsteller und Staatsmann, geb. Febr. 1814 zu Mailand, studierte die Rechte in Verona und Pavia, lehrte in Mailand Naturrecht und Statistik, später Politik und Staatswirtschaft (1835-42 und 1846-48) und war 1842-46 Sekretär bei der lombard. Eisenbahngesellschaft. Nach der Revolution 1848, wo er als Mitglied der provisorischen Regierung mit Karl Albert verhandelte, wurde er Professor der Staatswissenschaften in Turin. 1859 kehrte er nach Mailand zurück und leitete das Journal "La Lombardia"; 1861-76 war er Mitglied des Parlaments und unter Menabrea 1867-69 Unterrichtsminister. Er starb 20. Febr. 1892 in Rom. Von seinen Arbeiten sind hervorzuheben: "Dell' imposta sulla rendita e del capitale in Inghilterra e negli Stati Uniti" (25 an Cavour gerichtete Briefe, 2 Bde., Tur. 1856), "Studi constituzionali" (Mail. 1860), "Delle forme parlamentari" (ebd. 1865), "Vita di Federico II il Grande" (2 Bde., ebd. 1874-76), "Il regno di Federico II di Prussia" (2 Bde., Rom 1879-80); außerdem führte er mit Giambattista Giorgini nach Manzonis Rücktritt 1869 die Redaktion des "Nuovo vocabulario della lingua parlata".

Brogniart (spr. bronjĭahr), s. Brongniart.

Brohan (spr. broáng), Augustine, Schauspielerin, geb. 2. Dez. 1824 zu Paris, Tochter der vor-^[folgende Seite]