Schnellsuche:

Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Brünn

621

Brünn

Abhandlungen ist im "Almanach der bayer. Akademie für die Jahre 1884 und 1890" zu finden.

Brünn. 1) Bezirkshauptmannschaft, ohne die Stadt B., in Mähren, hat 1227,87 qkm, (1890) 147 842 (70 281 mannl., 77 561 weibl.) E., darunter 267 Evangelische und 1529 Israeliten; 19 557 Häuser und 31 264 Wohnparteien in 199 Gemeinden mit 288 Ortschaften und umfaßt die Gerichtsbezirke B. (Umgebung), Eibenschitz und Tischnowitz. - 2) B., czech. Brno, Stadt mit eigenem Statut, Hauptstadt von Mähren und Sitz der Bezirkshauptmannschaft B., liegt 49° 11' 39'' nördl. Br. und 16° 40' östl. L. von Greenwich, in 227 m Höhe und in einer fruchtbaren Gegend, zum Teil auf einer Anhöhe in schöner Lage, am Zusammenfluß der Schwarzawa und Zwittawa, hat 16,68 qkm Fläche und hatte 1831: 35 948, 1880: 82 660, 1890: 94 462 (45 349 männl., 49 113 weibl.) E., 2665 Häuser, 18 247 Wohnparteien; in Garnison (3747 Mann) das 8. mähr. Infanterieregiment "Erzherzog Karl Stephan", das 4. Bataillon des 99. mähr. Infanterieregiments "Georg I., König der Hellenen", das 17. und 25. mähr. Jägerbataillon, die 5. und 6. Eskadron des 6. mähr. Dragonerregiments "Albrecht, Prinz von Preußen" und die 19. Batteriedivision. 1890 betrug die Zahl der Eheschließungen 808, Geburten 3021, Sterbefälle 3348.

^[Abb.]

Anlagen, Straßen, Denkmäler. Die unregelmäßig gebaute innere Stadt ist an Stelle der 1860 niedergelegten Festungswerke mit schönen Anlagen umgeben, um die sich ansehnliche Vorstädte mit breiten Straßen angebaut haben. In den Anlagen des Franzensberges steht ein Obelisk (20 m) aus grauem Marmor, zum Andenken an die Kriege von 1813 bis 1815 errichtet. Von den 7 öffentlichen Plätzen sind erwähnenswert der Große Platz mit einer Mariensäule und einem von Prokop wiederhergestellten Hause mit reichen Sgraffitomalereien, der Krautmarkt mit einem Brunnen und einer Dreifaltigkeits- und Mariensäule, der Elisabethplatz mit schönen Anlagen und hervorragenden Neubauten; die Technische Hochschule, das I. deutsche Gymnasium, das von Hansen erbaute slaw. Vereinshaus (Besední dům), die Kronprinz-Rudolf-Bürgerschule und die deutsche Turnhalle, von Prokop erbaut; ferner der Dominikanerplatz, der Lažanskyplatz mit der Thomaskirche, der Statthalterei (frühern Augustinerkloster, jetzt Wohnung des Statthalters) und dem 1890 vollendeten Deutschen Haus.

Gebäude. B. hat 17 Kirchen und 6 Kapellen, u. a. die Domkirche St. Peter und Paul auf einem felsigen Hügel, im 15. Jahrh. im got. Stil erbaut, 1645 von den Schweden zerstört, später im Zopfstil wiederhergestellt; die schöne got. dreischiffige Hallenkirche St. Jakob, 1502 vom Meister Anton Pilgram begonnen, mit kühn zugespitztem Turm (93 m), Glasmalereien in den Fenstern von Geyling (Wien) und Zettler (München); die Minoritenkirche mit schönen Fresken, dem Lorettohause und der heil. Stiege; die schöne got. Augustinerkirche (14. Jahrh.) im Königskoster der Vorstadt Altbrünn mit Altarbild von J. Potter, die Kapuzinerkirche mit einer Gruft, wo die Gebeine des Pandurenführers Trenck ruhen, und die neue evang. Kirche in streng got. Stil (nach Ferstels Plänen). Jenseit des Bahnhofs die prächtige Synagoge im maur. Stil von Schwendewein und Romano. Von weltlichen Gebäuden seien genannt das neue Landhaus, der Versammlungsort des Landtags, 1881 eröffnet, das Rathaus mit got. Portal und Altertümern, 1511 erbaut, das alte Landhaus, jetzt Eigentum der Stadt, fast ganz erneuert, die Staatsgewerbeschule, das 1882 vollendete Gewerbemuseum nach Plänen von Professor Schön in Wien, die Gebäude der Militärökonomiekommission und des Militärkommandos, die große sog. Jesuitenkaserne (ehemaliges Kloster), die 1882 vollendete Landwehrkaserne, das große Krankenhaus, die bischöfl. Residenz, das adlige Damenstift zu Maria-Schul, die Oberrealschule und das 1882 errichtete Theater (das erste elektrisch beleuchtete Europas).

Verwaltung. Die Stadt hat seit 1850 eigenes Gemeindestatut; die gesamte städtische Verwaltung liegt in den Händen der Gemeindevertretung, an deren Spitze ein aus ihrer Mitte auf 3 Jahre gewählter Bürgermeister steht und die für den Bereich der Stadt auch die Obliegenheiten einer staatlichen Verwaltungsbehörde erster Instanz versieht. Die Einnahmen betrugen (1889) 1 922 005 Fl. (davon 319 186 Fl. außerordentliche), die Ausgaben 1 922 005 Fl. (davon 463 507 Fl. außerordentliche). Das Vermögen bestand aus 2 544 073 Fl., welches frei verfügbar war und 3 418 222 Fl., welches gestiftet war. Die Schulden betrugen 2069489 Fl.

Behörden. B. ist Sitz der Landesbehörden für das Kronland Mähren, nämlich der Statthalterei, der Finanzlandesdirektion und des Oberlandesgerichts für Mähren und Österreich-Schlesien; ferner der mährisch-schles. Postdirektion, der Landeshauptkasse, eines Landesgerichts, einer Geniedirektion, der 4. Infanterietruppendivision, der 8. Infanteriebrigade, des 4. Landes-Gendarmeriekommandos, eines Monturdepots, Garnisongerichts, einer Bezirkshauptmannschaft (B. Umgebung), eines Bezirksgerichts (505 qkm, 79 Gemeinden, 87 Ortschaften, 80 406 E.), einer Polizeidirektion, einer Finanz-Bezirksdirektion, einer Finanzprokuratur, einer Steueradministration, eines Hauptzoll- und Hauptsteueramts; endlich eines kath. Bischofs und eines prot. Superintendenten Augsburgischer Konfession.

Unterrichts- und Bildungswesen. B. hat eine theol. Diöcesananstalt (1890: 180 Besucher), eine technische Hochschule (1850 gegründet, 200 Studierende), 2 deutsche, 1 czech. Obergymnasium, 1 czech. Untergymnasium, 2 deutsche, 1 czech. Oberrealschule, 1 deutsche und 1 czech. Lehrer- und 1 deutsche und 1 czech. Lehrerinnenbildungsanstalt, 1 Webeschule, je 1 deutsche und czech. Staatsgewerbeschule, 2 allgemeine gewerbliche Fortbildungsschulen, 2 Handelsschulen, 1 Musikschule, 6 Bürger-, 22 öffentliche und 12 Privatvolksschulen; eine Landwehroffizier-Aspirantenschule und in Karthaus bei B. eine Infanteriekadettenschule. Außerdem sind zu erwähnen 1 Knabenseminar, 1 Blinden- und 1 Taubstummeninstitut, 17 städtische Kindergärten, viele wohlthätige und Humanitätsanstalten, darunter namentlich eine öffentliche Kranken- und Irrenanstalt, 1 Gebär-, 1 Waisenanstalt, 1 Rettungsanstalt für verwahrloste Knaben, 1 Siechenhaus, 4 andere Krankenhäuser und 1 Garnisonlazarett; ferner 1 Zwangsarbeitshaus. Auch befindet sich zu B. die Mährisch-Schlesische Gesellschaft zur Beförderung des Ackerbaues, der Natur- und Landeskunde und das Landes-(Franzens-) Museum zur Aufsammlung aller mährisch-schles. Erzeugnisse der Natur, Kunst