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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Brunnen; Brunnenberg; Brunnenfaden; Brunnenkresse; Brunnenkuren; Brunnenrausch; Brunnenrecht

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Brunnen (Dorf) - Brunnenrecht

schiedene Formen aus; entweder wird die der Antike entlehnte Form der Wandbrunnen in reich verzierter Nische angewendet, wie bei dem B. zu Prato (s. Taf. II, Fig. 5), oder es wird die der Cisternen mit an Ketten niederzulassenden Eimern benutzt, wofür die Cisterne zu Ferrara (s. Taf. II, Fig. 4) und zu Monte-Cassino (s. Taf. I, Fig. 2) als Beispiel dienen können. Die wichtigste Form ist die eines Kelches mit weit ausladendem Becken und schlankem Stiel, welche bald durch die Renaissance über ganz Europa verbreitet wurde. Beispiele hierfür sind: der Singende B. zu Prag (s. Taf. I, Fig. 5; von Thomas Jarosch 1565), der Aufsatz über dem Becken eines B. zu Nürnberg, das "Gänsemännchen" genannt (s. Taf. II, Fig. 1; von Pankraz Leberwolf, Mitte des 16. Jahrh.), der Perseusbrunnen zu München (s. Taf. II, Fig. 2; von Peter Candid, 1583). In Verbindung mit dem reicher ausgebildeten Brunnenbecken ergeben sich dann in der Hochrenaissance und dem Barockstil große Prachtwerke, als deren Beispiele der Schildkrötenbrunnen zu Rom (Fontana delle Tartarughe; von Giac. della Porta und T. Landini, 1585; s. Taf. I, Fig. 1), der Neptunbrunnen zu Bologna (von Giov. da Bologna, 1564-66; s. Taf. I, Fig. 6) sowie als Übertragung in deutsche Kunstformen: der Wittelsbacherbrunnen zu München (von Peter Candid, 1576; s. Taf. II, Fig. 6). Außerdem sind der Tugendbrunnen zu Nürnberg (1589, von Wurzelbauer), der Merkurbrunnen zu Augsburg (von A. de Vries, 1599), der Herculesbrunnen daselbst (1596, von demselben), der Augustusbrunnen daselbst (von H. Gerhard, 1594), die B. zu Mainz, Basel, Bern, Wertheim zu erwähnen. Im Barockstil schuf L. Bernini die wichtigsten Brunnenanlagen in Rom (auf Piazza Navone, vor Palazzo Barderini u. s. w.). Ähnliche meist stark naturalistische, aber prachtvoll ausgebaute Werke entstanden auch in Deutschland (Salzburg, Wien, Dresden; s. Taf. I, Fig. 7) während des 17. und 18. Jahrh., ja sie erweiterten sich zu großartigen Wasserkünsten (s. d.), deren Vorbild jene zu Versailles, Marly und St. Cloud bei Paris waren. Als die glänzendsten Brunnenwerke dieser Zeit sind zu nennen: die Fontana Trevi zu Rom (von N. Salvi, 1735), die Fontäne im Park zu Caserta, die Fontäne Latona im Park zu Versailles (von Marsy), das Bassin de Neptune daselbst, der Marcolinibrunnen in Dresden (von Knöffel, 1737), der B. auf dem Neuen Markt zu Wien (von R. Donner, 1731). In neuerer Zeit ist man wieder zu den Vorbildern der Gotik und Renaissance zurückgekehrt und hat in fast allen größern Städten Schmuckbrunnen in reicher plastischer und architektonischer Ausgestaltung geschaffen, die mehr zur Zier der Stadt als zum Zweck der Wasserbeschaffung angelegt sind. (S. Springbrunnen, Bohrbrunnen.) Als Beispiele mögen der die got. Formen wieder aufnehmende Marktbrunnen zu Lübeck (s. Taf. I, Fig. 8, von H. Schneider, 1873) und der Mendebrunnen in Leipzig (s. Taf. II, Fig. 3, von A. Gnauth und Ungerer, 1886) gelten. Auch dem Barockstil verwandte große Brunnenanlagen sind neuerdings wiederholt aufgenommen worden. So schuf R. Begas den mächtigen Schloßbrunnen zu Berlin (1892 aufgestellt). Auch mit Denkmälern hat man Brunnenwerke wiederholt in Verbindung gebracht. In Frankreich haben die B. zu Paris (am Observatoire, von Cordier, 1874; S. Michel, von Rude, 1860), in Marseille das Château d'eau am Palais de Longchamp hervorragende Bedeutung. In England ist wenig Entsprechendes geschaffen worden; dagegen besitzt Nordamerika großartige B.

Im uneigentlichen Sinne benennt man in der Kriegsbaukunst, speciell im Minenwesen mit B. diejenigen Schächte, die zum Zwecke der Anbringung von Minen auf der Brunnensohle (Angriffsbrunnen) oder am Ausgangspunkt unterirdischer Minengänge (Galerien) angelegt werden (s. Mine). - Im Schiffbau wird das Wort B. wohl auch Brune, für einen Verschlag im Schiffsraume gebraucht, in den man das eingedrungene Seewasser durch Rinnen leitet, um es von da auszupumpen.

Brunnen, Dorf im schweiz. Kanton und Bezirk Schwyz, in 440 m Höhe, am östl. Ufer des Vierwaldstättersees, am Anfang des südl. Seearms, des Urnersees, unweit der Mündung der Muotta gelegen, hat Post, Telegraph, ein großes Sust- oder Warenhaus und mehrere Kurhäuser, und ist als Station der Gotthardbahn und der Dampferlinie Luzern-Flüelen einer der wichtigsten Uferorte des Sees mit lebhaftem Reisenden- und Warenverkehr, zugleich auch seines milden Klimas und seiner schönen Lage wegen ein sehr beliebter Luftkurort. Die bemerkenswertesten Punkte der Umgebung sind die Kurhäuser Arenstein, Axenfels und Frohnalp, die am See entlang nach Flüelen führende Axenstraße (s. Axenberg) und das Dorf Ingenbohl, das mit B. eine Gemeinde von (1888) 2278 E., darunter 109 Protestanten, bildet und ein Frauenkloster mit einer Erziehungsanstalt und einer großen Wallfahrtskirche besitzt. In B. erneuerten 9. Dez. 1315 die 3 Waldstätte (s. d.) nach der Schlacht am Morgarten ihren 1291 geschlossenen Bund.

Brunnenberg, s. Blauenberg.

Brunnenfaden, Pilzart, s. Crenothrix.

Brunnenkresse (Nasturtium officinale R. Br.), eine Pflanze aus der Familie der Kruciferen (s. d.), die in Deutschland überall an fließendem Quellwasser mit schlammigem Grunde wild wächst. Die Pflanze, deren junge Blätter einen eigenartigen scharfen Geschmack (altdeutsch cresso, scharf) besitzen, galt schon in alter Zeit als heilkräftig, wird aber heute nur als angenehm schmeckende und gesunde Salatpflanze angebaut. Am frühesten geschah dies wohl in Dreienbrunnen bei Erfurt, wo sie in den zwischen hoch aufgeworfenen Gemüsebeeten (Jähnen) sich hinziehenden Wassergräben (Klingen) prächtig gedeiht. Die kultivierte Kresse ist fleischiger, saftiger und von milderm Geschmack als die wildwachsende und giebt vom Oktober an den ganzen Winter hindurch bis gegen Ende April ein angenehmes Gemüse und einen pikanten, auch Kranken zuträglichen Salat. Bei der Anlage, die im August geschieht, wird die Erde der hierzu bestimmten Beete 0,66 m tief und in einer Breite von 2 bis 3 m ausgegraben. Nachdem die Erde gut durchgewühlt und schlammig geworden ist, werden die Brunnenkressesetzlinge, bestehend aus den etwa fingerlangen Spitzen derselben, mit der Hand in den Schlamm gedrückt. An den Rändern bleibt ein Streifen von 30 cm unbepflanzt, um bei der Berieselung eine bessere Wassercirkulation zu erzielen. Nach dem Bepflanzen werden die Gräben 10-12 cm hoch unter Wasser gesetzt.

Brunnenkuren, s. Mineralwässer.

Brunnenrausch, s. Berauschende Mittel.

Brunnenrecht ist die Gesamtheit der den Schutz eigener, die Benutzung fremder Brunnen betreffender Rechtssätze. Dringen vom Nachbargrundstücke