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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Bülow

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Bülow (Hans Guido von) - Bülow (Ludw. Friedr. Victor Hans, Graf von)

bis gegen Ende Jan. 1814 ganz Holland und Belgien, mit Ausnahme weniger Punkte, von den Franzosen, wurde dann zu der in der Champagne kämpfenden Schlesischen Armee unter Blücher herangezogen und nahm unterwegs die Festungen La Fère und Soissons früh genug, um 9. und 10. März an der Schlacht von Laon mit seinen Truppen teilzunehmen, und schloß den Feldzug mit Erstürmung des Montmartre bei Paris. Dort ernannte ihn der König von Preußen zum General der Infanterie und erhob ihn 3. Juni 1814 unter dem Namen B. von Dennewitz in den Grafenstand. 1815 erhielt er den Oberbefehl über das 4. Armeekorps, brachte aber nicht ohne eigene Schuld sein Korps nicht mehr zur Schlacht von Ligny zur Stelle. In der Schlacht bei Waterloo 18. Juni hatte er hervorragenden Anteil an der Entscheidung. 1816 kehrte er auf seinen Posten nach Königsberg i. Pr. als kommandierender General zurück und starb dort 25. Febr. desselben Jahres. B. hat auch mehrere Motetten, eine Missa und den 51. und 100. Psalm komponiert. 1822 wurde seine von Rauch gearbeitete Marmorstatue neben der Neuen Wache in Berlin aufgestellt. Seinen Namen führt seit 1889 das preuß. 55. Infanterieregiment. - Vgl. (von Klinkowström) General Graf B. von Dennewitz in den Feldzügen 1813 und 1814 (Lpz. 1843); Varnhagen von Ense, Leben des Generals Grafen B. von Dennewitz (Berl. 1854).

Bülow, Hans Guido von, Musikdirigent und Klavierspieler, Sohn von Karl Ed. von B., geb. 8. Jan. 1830 zu Dresden, war Schüler Fr. Wiecks (Klavierspiel) und seit 1844 M. K. Eberweins (Theorie). In Stuttgart, wo er seit 1846 das Gymnasium besuchte, ließ er sich zuerst öffentlich als Klavierspieler hören, ging 1848 nach Leipzig, um die Rechte zu studieren, und nahm bei Hauptmann nebenbei kontrapunktischen Unterricht. 1849-50 setzte er in Berlin seine jurist. Studien fort. Inzwischen aber war in ihm der Entschluß gereift, sich der Musik als Lebensberuf zu widmen. Er begab sich zu diesem Zweck nach Zürich zu Rich. Wagner, den er von Dresden aus kannte, und nach kurzer Wirksamkeit als Theatermusikdirektor in St. Gallen und Zürich 1851 nach Weimar zu Liszt. Auf dem Ballenstädter Musikfest 1852 legte B. den Grund zu seinem Ruf. Seit 1854 nahm er seinen Wohnsitz in Berlin und wurde 1858 zum königlich preuß. Hofpianisten ernannt. Ende 1864 siedelte er, einem Rufe Rich. Wagners folgend, nach München über, wo er seit 1867 als königl. Hofkapellmeister und Direktor der neuorganisierten königl. Musikschule wirkte. Familienverhältnisse veranlaßten ihn 1869, diese Stellungen aufzugeben. Er lebte nun mehrere Jahre in Italien (meist in Florenz), nahm dann in noch umfänglicherer Weise als früher seine Kunstreisen wieder auf und besuchte England und 1875 die Vereinigten Staaten von Amerika. 1878-79 war er Kapellmeister in Hannover, 1880-85 Hofmusikintendant in Meiningen und unternahm mit der Hofkapelle 1881-82 Konzertreisen. 1885 verließ er auch diese Stellung und wirkte dann als Dirigent von Orchesterkonzerten in Hamburg und Berlin. B.s Ruf als Dirigent wie als Klavierspieler beruhte in erster Linie auf einer außerordentlichen Klarheit des Vortrags, auf einer scharfen, geistvollen Wiedergabe der Formen und Charaktere einer Komposition. Mit dieser Gabe hat er sowohl den Klassikern wie den neuen Meistern (unter denen er Brahms und Berlioz bevorzugt) gute Dienste geleistet. Ein starkes Gedächtnis unterstützte sein Wirken. Als Komponist hat er sich in Orchester-, Klavier- und Vokalsachen bethätigt, welche in den Wagner-Lisztschen Kunstmaximen wurzeln. Außerdem hat er eine Reihe von klassischen Klavierstücken herausgegeben, sowie Arrangements, Klavierauszüge und Transskriptionen der Werke von Berlioz, Wagner und Liszt veranstaltet. Er starb 12. Febr. 1894 in Kairo, wohin er sich seines Nervenleidens wegen begeben hatte. - Vgl. Vogel, Hans von B. (Lpz. 1887).

Bülow, Heinr., Freiherr von, preuß. Staatsmann, geb. 16. Sept. 1792 zu Schwerin, wuchs in den Kreisen des mecklenb. Hofadels auf, studierte in Jena-, Heidelberg und Genf und nahm an dem Feldzuge 1813-14 m dem Walmodenschen Korps teil. Nach dem zweiten Pariser Frieden wurde er zunächst unter dem Staatsminister Wilh. von Humboldt, der zu Frankfurt a. M. die deutschen Gebietsaustausche zu erledigen hatte, beschäftigt. 1817 folgte er Humboldt, mit dessen jüngster Tochter er sich 1820 vermählte, als Gesandtschaftssekretär nach London. Als Humboldt noch in demselben Jahre wieder als Minister nach Berlin zurückkehrte, blieb B., mit den Geschäften der Gesandtschaft beauftragt, in London. Nachdem er später einige Jahre im Ministerium des Auswärtigen zu Berlin namentlich Handelssachen bearbeitet hatte (u. a. die Zollverträge mit Anhalt), ward er 1827 Gesandter zu London. Er hatte als solcher bedeutenden Anteil an den Konferenzen zu London über die Belgische und Orientalische Frage und an dem gegen Frankreichs Orientpolitik gerichteten Vertrage der vier Mächte vom 15. Juli 1840, sowie an dem Abschlusse des Handelsvertrags zwischen Großbritannien und dem Deutschen Zollverein. Auch die öffentliche Meinung Englands für den Zollverein zu gewinnen war er eifrig bemüht. Zu Anfang 1841 ging er als preuß. Gesandter an den Bundestag zu Frankfurt a. M., wurde aber schon 2. April 1842 an Stelle des Grafen von Maltzan als Staatsminister mit der Verwaltung der auswärtigen Angelegenheiten beauftragt. B. trat 1845 aus dem Ministerium, zog sich nach Tegel zurück und starb 6. Febr. 1846 zu Berlin.

Bülow, Karl Ed. von, Schriftsteller, geb. 17. Nov. 1803 zu Berg vor Eilenburg, dem Gute seiner Eltern, studierte in Leipzig und lebte seit 1828 zu Dresden der Litteratur und Poesie, mit Elisa von der Recke und Tieck befreundet. Seit 1842 befand er sich auf Reisen in Italien, hielt sich in Stuttgart und bei Tieck in Berlin auf, bis ihn die polit. Verhältnisse 1849 bestimmten, nach dem Schlosse Ötlishausen im Thurgau überzusiedeln. Hier starb er 16. Sept. 1853. Seinen litterar. Ruf begründete das "Novellenbuch" (4 Bde., Lpz. 1834-36), das 100 Novellen, nach alten italienischen, spanischen, französischen, englischen, lateinischen und deutschen bearbeitet, enthält, und an das sich ein "Neues Novellenbuch" (Braunschw. 1841) sowie eigene "Novellen" (3 Bde., Stuttg. 1846-48) und "Eine allerneueste Melusine" (Frankf. 1849) anschlossen. Alle diese Schriften bekunden B. als Romantiker. Verdienstlich sind auch seine zahlreichen Ausgaben, darunter "H. von Kleists Leben und Briefe" (Berl. 1848), "Dietrich von B.s militär. und vermischte Schriften" (mit W. Rüstow, Lpz. 1853) und die interessante Selbstbiographie des schweiz. Webers Ulrich Bräker ("Der arme Mann im Tockenburg", ebd. 1852).

Bülow, Ludw. Friedr. Victor Hans, Graf von, preuß. Staatsmann, geb. 14. Juli 1774 zu Essen-^[folgende Seite]