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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Bussen - Bußordnungen

der Priester von der Kirche dazu beauftragt sein, im Ernste (serio) handeln und seine Befugnisse nicht überschreiten, sofern dem Papste und den Bischöfen gewisse Fälle der Absolution vorbehalten sind. Nur im Notfall darf jeder Priester von jeder Sünde absolvieren. Da aber die priesterliche Absolution nur die Schuld und die ewigen Strafen vergiebt, nicht aber die zeitlichen (penae canonicae, temporales), so hat die Kirche das Recht und die Verpflichtung, dem absolvierten Sünder Büßungen aufzuerlegen. Die griech.-kath. Kirche denkt wesentlich ebenso.

Die Reformatoren gingen auch hier von dem doppelten Hauptgedanken aus, daß der Mensch durchaus nichts zur Versöhnung seiner Schuld dem allein wirkenden Verdienste Christi beifügen könne, und daß der einzige Weg, dieses Verdienst zu ergreifen, der Glaube sei. Daher die Lehre der Protestanten, daß die Reue nur vom Heiligen Geiste gewirkt werde; daß das äußere Bekenntnis der Sünden unwesentlich, das eigene Werk, die menschliche Genugthuung unzulässig und unmöglich sei; daß nur zwei Stücke der B. anerkannt werden können: zuerst Reue, dann der seligmachende Glaube (fides salvifica) an die vergebende Gnade Gottes in Christo, die durch den Priester nicht gegeben, sondern nur verkündet wird. Hiermit ist im wesentlichen die neutestamentliche Anschauung von der B. wiederhergestellt und die Innerlichkeit dieses Vorgangs anerkannt, wie sich namentlich auch in der von Luther energisch ausgesprochenen, katholischerseits entschieden verworfenen Forderung der "täglichen B." zeigt. Während Luthers Schrift von der Babylonischen Gefangenschaft (1520) und die Apologie der Augsburgischen Konfession (1530) noch die B. oder die Absolution als Sakrament festhält, lassen die spätern Bekenntnisschriften nur zwei Sakramente, Taufe und Abendmahl, gelten. Nach luth. Lehre ist bei der B. (im Gegensatz gegen Pietisten und Methodisten) keine plötzliche Umwandlung des innern Menschen und äußerlich scharf hervortretende Bezeugung derselben nötig (Bußkampf, Durchbruch der Gnade), und ebensowenig ein nur bedingtes Gnadenziel (terminus gratiae peremtorius), wie die Pietisten zu Anfang des 18. Jahrh. wollten, für die Möglichkeit der B. anzunehmen.

Im Strafrecht ist B. die Entschädigung, die der durch eine strafbare Handlung Verletzte wegen der ihm entstandenen Nachteile im Anschluß an das Strafverfahren verlangt. Im Ermessen des Strafrichters steht es, diesem Verlangen zu entsprechen. Geschieht es, so schließt die erkannte B. die Geltendmachung eines weitern Entschädigungsanspruches im Civilprozeßverfahren aus, und die Entschädigungssumme selbst ist im Höchstbetrage für die einzelnen Fälle, in denen die B. Anwendung findet, gesetzlich fixiert. Diese Fälle sind: 1) üble Nachrede und Verleumdung (s. d.) - nicht einfache Beleidigung -, und zwar unter der Voraussetzung, daß nachteilige Folgen für die Vermögensverhältnisse, den Erwerb oder das Fortkommen des Beleidigten entstehen. Höchstmaß: 600 M. (Deutsches Strafgesetzb. §§. 186-188); 2) Körperverletzung (s. d.), vorsätzliche und fahrläßige, gefährliche und schwere, als Folge von Vergiftung, als Folge der beim Zweikampf vorsätzlich übertretenen, vereinbarten oder hergebrachten Regeln, endlich auch Körperverletzung, begangen in Ausübung oder in Veranlassung der Ausübung des Amtes (§§. 231, 223-225, 229, 230, 207, 340 a. a. O.). Höchstbetrag: 6000 M.; 3) Nachdruck: Gesetz, betreffend das Urheberrecht an Schriftwerken u. s. w., vom 11. Juni 1870, Gesetz, betreffend Urheberrecht an Werken der bildenden Künste, vom 9. Jan. 1876 und an Mustern und Modellen vom 11. Jan. 1876, Gesetz, betreffend den Schutz der Photographien, vom 10. Jan. 1876. Höchstmaß: 6000 M.; 4) Markenschutzgesetz vom 30. Nov. 1874, §. 15. Höchstmaß: 5000 M.; 5) Patentgesetz vom 25. Mai 1877, §. 36. Höchstmaß: 10000 M.

Die Formen, in welchen der Anspruch auf B. geltend zu machen ist, sind in der Strafprozeßordnung gegeben. Nach deren Vorschrift kann der Anspruch nur erhoben werden mittels der Privatklage (s. d.) oder in einem auf erhobene öffentliche Klage anhängigen Verfahren durch Anschluß der Nebenklage (s. d.). Der Antrag auf Zuerkennung einer B. kann bis zur Verkündung des Urteils erster Instanz gestellt, bis zu demselben Zeitpunkt auch zurückgenommen, aber - wenn zurückgenommen - nicht erneuert werden. Der Betrag, welcher als B. verlangt wird, ist anzugeben; auf einen höhern Betrag, als den verlangten, darf nicht erkannt werden. Die Erben des Verletzten können den Anspruch auf B. nicht erheben und auch nicht fortsetzen. Zur Erhebung des Anspruches ist auch der gesetzliche Vertreter des Verletzten befugt; sind mehrere durch Eine Handlung verletzt, so hat jeder den Bußanspruch. Mehrere zur Zahlung einer B. verurteilte Personen haften als Gesamtschuldner (Deutsche Strafprozeßordn. §§. 443-446, 413<sup>3</sup>).

Dem Österr. Strafgesetz von 1852 ist die B. fremd; der Entwurf von 1889 hat wesentlich gleiche Bestimmungen wie das Deutsche Strafgesetzbuch.

Vgl. Wächter, Die B. bei Beleidigungen und Körperverletzungen (Lpz. 1874); Dochow, Die B. im Strafrecht (Jena 1875); von Weinrich, Die Haftpflicht wegen Körperverletzung und Tötung eines Menschen (Straßb. 1883); Merklinghaus, Die B. im Deutschen Reichs-Strafrecht (Köln 1891).

Bussen oder Schwabenberg, einzeln stehender Berg im württemb. Donaukreis, im Oberamtsbezirk Riedlingen, nahe der Donau, südöstlich von Unlingen, von 757 m Höhe, gewährt eine Aussicht über 500 Ortschaften; auf ihm stehen eine Wallfahrtskirche und zwei Burgruinen auf röm. Fundamenten. Der B. war der Stammsitz des berühmten Bertholdischen Grafengeschlechts, kam später an Rudolf von Habsburg und 1806 an Württemberg. Vgl. Bück, Der B. und seine Umgebung (Sigmar. 1868).

Bussereth, s. Bosra.

Bußfertige Töchter Jesu, s. Sackbrüder.

Büßgänge, s. Bittgänge.

Bußgrade, s. Buße (S. 791 b) und Kirchenbuße.

Bußkanon, im frühen Mittelalter die Zusammenstellung kirchlicher Regeln für die Wiederaufnahme der Gefallenen oder für die kirchliche Bußzucht (s. Bußbücher).

Bußkapitel, die in den Ordensstatuten bestimmten Versammlungen aller Konventualen eines Klosters, um vor den Obern zu beichten (Kapitelbeichte) und eine Buße dafür zu übernehmen.

Büßling, die weibliche Hanfpflanze, s. Bästling.

Bussōle (Boussole), die franz. Benennung der verschiedenen Arten des Kompasses (s. d.). - In der Physik gebraucht man den Ausdruck B. auch für gewisse Instrumente, die zum Messen von elektrischen Stromstärken dienen. (S. Tangentenbussole.)

Bussōne, Francesco, s. Carmagnola.

Bußordnungen, s. Bußbücher.