Schnellsuche:

Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Chilisalpeter; Chilka; Chillan; Chillicothe; Chillon

187

Chilisalpeter - Chillon

erscheinen, den Satan auf 1000 Jahre fesseln, das röm. Heidenreich stürzen und die Weltherrschaft der Gläubigen beginnen. Nach Ablauf dieser 1000 Jahre sollte Satan auf kurze Zeit loskommen, aber bald besiegt werden und nach der zweiten Auferstehung und dem Endgericht die ewige Seligkeit der Frommen in dem auf die Erde herabgestiegenen himmlischen Jerusalem anheben. Der C. war in den beiden ersten Jahrhunderten der christl. Kirche, namentlich in judenchristl. Kreisen, allgemeiner Glaube. Selbst sinnliche Hoffnungen der krassesten Art fehlten nicht. Ein Kirchenlehrer des 2. Jahrh. versichert, es aus des Johannes eigenem Munde gehört zu haben, daß im Messiasreiche ungeheuere Kornähren und Weinstöcke wachsen und den Frommen ihre Früchte ohne Mühe zum Genusse entgegenbringen würden. Als gegen Mitte des 2. Jahrh. diese Hoffnungen weiter in die Ferne zurücktraten, kündigten neue Propheten das Tausendjährige Reich in unmittelbarer Nähe an (so die angeblichen Prophetenbücher des Hermas und des Elxai, die Weissagungen des Montanus, s. Montanisten). Als auch diese Erwartung getäuscht ward, schob man die Zeit immer weiter hinaus.

Doch fehlte es schon seit der Mitte des 2. Jahrh. nicht an einer geistigern Auffassung der künftigen Dinge. Während die "rechtgläubigen" Kirchenlehrer des 2. Jahrh., Papias, Justin, Irenäus, Hippolyt, Tertullian Chiliasten waren, traten ihnen zuerst die Gnostiker (s. Gnosis) mit ihrer Lehre von einer nur geistigen Fortdauer, dann namentlich Origenes entgegen. Seit dem 4. Jahrh. wurde bei den Orientalen die von ihm angebahnte geistige Auslegung der Offenbarung des Johannes ziemlich allgemein. Im Abendlande teilten noch Commodian (um 250) und Lactantius (um 320) die sinnliche Hoffnung der alten Kirche. Erst seit das Christentum Staatsreligion geworden war, brauchte man das "Reich Gottes auf Erden" nicht mehr in der Zukunft zu suchen. Dennoch tauchte die chiliastische Hoffnung in Zeiten großer äußerer Bedrängnis von Zeit zu Zeit wieder auf, wie ums J. 1000 n. Chr., wo man dem Jüngsten Tage entgegensah; danach riefen die Kreuzzüge, die Kämpfe der Hierarchie mit dem Kaisertum, der Sittenverfall des Klerus, der Schwarze Tod u. s. w. ähnliche Erwartungen hervor. Gegen Ende des 12. Jahrh. verkündigte Joachim von Floris (gest. um 1202) ein "Ewiges Evangelium" (s. d.), und bei verschiedenen, von der Kirche verfolgten Parteien regte sich die Hoffnung auf ein nahe bevorstehendes Zeitalter des Geistes. In der Reformationszeit ward der C., als die Wiedertäufer das Reich Christi in irdischer Herrlichkeit aufrichten wollten, von der Augsburgischen wie von der Helvetischen Konfession verworfen, weil das 1000jährige Reich nicht in der Zukunft, sondern in der Vergangenheit liege. Dafür fand der C. um so eifrigere Pflege bei theosophischen Schwärmern des 17. Jahrh. Während der Religionskriege in Frankreich und Deutschland, der Revolutionsstürme in England suchten die Verfolgten Trost in chiliastischen Träumen. Die Böhmischen und Mährischen Brüder, die Camisarden in den Cevennen und kleinere mystische und theosophische Parteien beschäftigten sich viel mit dem C., und in England suchten gelehrte Naturforscher, wie Thomas Burnet und William Whiston, ihn geologisch zu rechtfertigen. Die bis in die Mitte des 18. Jahrh. sehr beliebten Grübeleien über die prophetischen Bücher der Bibel, besonders über die Apokalypse, unterhielten namentlich in pietistischen Kreisen den Geschmack an chiliastischen Vorstellungen. Aber erst mit Joh. Albr. Bengel (s. d.) eroberte sich der C. gewissermassen Bürgerrecht in der luth. Kirche. Bengel berechnete die Zeit, in der das Reich Christi anbrechen werde, auf das J. 1830. Ähnliche Weissagungen machten Lavater und Jung-Stilling, Oetinger (s. d.) ersann eine eigene Theorie von der "Leiblichkeit" als dem "Ende der Wege Gottes". Später haben Hofmann, Delitzsch und Kurtz unter den Lutheranern, Joh. Peter Lange, Ebrard, Auberlen u. a. unter den Reformierten, Rothe im Zusammenhange mit andern theosophischen Ideen einen zum Teil bis ins einzelne ausgemalten C. vertreten. Die Mormonen endlich legten als die "Heiligen der letzten Tage" den Grund zu dem neuen Zion, von wo die Wiederverklärung der Natur zur verlorenen Paradiesesunschuld erfolgen soll. (S. auch Antichrist und Apokalyptiker.) - Vgl. Corrodi, Kritische Geschichte des C. (2. Aufl., 4 Bde., Zür. 1794); I.^[Ignaz] von Döllinger, kleinere Schriften: Der Weissagungsglaube und das Prophetentum in der christl Zeit (Stuttg. 1890).

Chilisalpeter, soviel wie Chilesalpeter (s. d.).

Chilka, See in Ostindien, s. Tschilka.

Chillan (spr. tschilljan), Hauptstadt der chilen. Provinz Ñuble, in 214 m Höhe, an der von Santiago nach Concepcion führenden Eisenbahn, ist regelmäßig gebaut, hat (1885) 20755 E., eine Kirche der Franziskaner-Missionäre und ein von deutschen Lehrern geleitetes Schullehrerseminar. Im SO. (75 km) in den waldigen Andes und in 1864 m Höhe die Schwefelbäder (35-60° C.) Baños de C. mit guten Badeeinrichtungen. Im O. der, 1861 thätige, Vulkan Nevado de C. (2879 m). - C. wurde 1835, als die 1579 gegründete alte Stadt durch Erdbeben zerstört war, an seiner jetzigen Stelle gegründet.

Chillicothe (spr. tschillikohth). 1) Hauptstadt des County Livingston in Missouri, nordöstlich von Kansas City, unweit des Grand-River, ist Eisenbahnknotenpunkt, hat (1890) 5717 E., Holzindustrie und Kohlengruben. - 2) C., Hauptstadt des County Roß in Ohio, 154 km ostnordöstlich von Cincinnati, auf dem rechten Ufer des Scibio am Ohio-Eriekanal und an mehrern Eisenbahnen, in einer wohl angebauten Gegend, hat (1890) 11288 E., 3 Nationalbanken und 1 Sparbank. C. wurde 1796 gegründet.

Chillon (spr. schijóng), Schloß im schweiz. Kanton Waadt, zwischen Villeneuve und Montreux, am östl. Ende des Genfersees, in 375 m Höhe, ist auf einem bis zur Oberfläche des hier an 80 m tiefen Sees emporragenden Felsen erbaut und mit dem 20 m entfernten Ufer durch eine Brücke über den jetzt trocknen Graben verbunden. Es besteht gegenwärtig aus mehrern unregelmäßigen Gebäuden mit einem viereckigen Turme in der Mitte und ist durch seine gewaltigen weißen Mauern weithin bemerkbar. Die Säle mit ihren alten Holzdecken und die in den Felsen unter dem Spiegel des Sees eingehauenen Gewölbe mit ihren Pfeilern und Bogen sind interessant; an den Pfeilern sieht man viele Namen, darunter Byron, Eugène Sue, George Sand, Victor Hugo u. a. Die Zeit der Gründung des Schlosses, das urkundlich bereits 830 erwähnt wird, wo Ludwig der Fromme den Abt Wala von Corvey jedenfalls dort einsperren ließ, kennt man nicht genau. Peter von Savoyen, genannt le petit Charlemagne, machte es 1248 zur Feste. Am 29. März 1536 wurde es schon nach zweitägiger Belagerung durch die Berner

^[Artikel, die man unter C vermißt, sind unter K aufzusuchen.]