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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Darbysten; D'Arcet; D'Arcets Metall; Dardanariat; Dardanellen

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Darbysten – Dardanellen

Anmerkung: Fortsetzung des Artikels 'Darby'

von der anglikan. Geistlichkeit bedrängt, begab sich D. 1838 nach Genf, 1840 nach Lausanne und gewann im Waadtlande zahlreiche Anhänger. Er kehrte später nach England zurück und starb 28. April 1882 in der Nähe von London. Von seinen zahlreichen Schriften wurden ins Deutsche übertragen: «Die gegenwärtige Erwartung der Kirche Gottes verbunden mit den Weissagungen in Betreff der Juden und der Nationen» (2. Aufl., Tüb. 1850), «Die Welt und die Kirche» (1848) und «Die Kirche nach dem Worte Gottes» (Tüb. 1850).

Darbysten oder Plymouthbrüder, die Anhänger des John Darby (s. d.), der, nachdem er in Plymouth eine Vereinigung der Brüder im Herrn gestiftet, in der Schweiz unter Methodisten und Dissidenten viel Freunde gewann, bis die Freie Kirche des Waadtlandes (1845) die oppositionellen Elemente in ihre Bahnen lenkte. In Frankreich, Württemberg, Bayern, Westfalen und Rheinland, in Ostindien, Amerika und England ist die Sekte verbreitet, ihr Organ für Deutschland ist der «Botschafter des Heils» (Elberfeld). Die D. teilen mit den Irvingianern (s. d.) die Annahme, daß alle Kirchen gleich unecht seien und das wahre Christentum mit den Aposteln und ihren Schülern aufgehört habe; sie fordern daher Trennung von der Kirche und keine neue Kirchenbildung, nur Versammlungen, Assemblées de culte, und auch kein pastorales Amt mehr. Im Gegensatz zu den Irvingianern verwerfen sie jede priesterliche Bevormundung, jeden geistlichen Stand und verkünden das allgemeine Priestertum und das Recht zum Dienst am Wort für jeden Geistbegabten. Die Wiedergeborenen halten sie vom Augenblick ihrer Bekehrung an für neue, gerechte und selige Menschen; Taufe und Abendmahl halten sie zur Seligkeit nicht für erforderlich, daher sie vielfach die Kindertaufe verwerfen; auch hat das Abendmahl für sie nur die Bedeutung einer Dank- und Bekenntnisfeier. Darby lebte der festen Hoffnung baldiger sichtbarer Wiederkunft des Herrn; in diesem Punkte stimmen die D. mit den Irvingianern überein, ebenso folgerichtig in der Geringschätzung der irdischen Lebensverhältnisse; Staat, Kunst, Wissenschaft, alles ist vom Übel. – Vgl. Herzog, Les frères de Plymouth et John Darby (Laufen 1845); Estéoul, Plymouthisme d'autrefois et le Darbyisme d'aujourdhui (Par. 1858); Grunewald, in den «Jahrbüchern für deutsche Theologie» (Gotha 1870); Dresbach, Die prot. Sekten der Gegenwart (Barmen 1887).

D'Arcet (spr.-ßeh), Jean Pierre Jos., franz. Chemiker, geb. 31. Aug. 1777 zu Paris, Sohn des ebenfalls als Chemiker bekannten Jean D'A. (geb. 7. Sept. 1725, gest. 13. Febr. 1801 als Direktor der Porzellanmanufaktur zu Sèvres), wurde 1801 Münzwardein und starb 2. Aug. 1844. Man verdankt ihm namentlich Verbesserungen in der Pulverfabrikation, in Zusammensetzung von Bronzen und ähnlichen Legierungen, in der Fabrikation von Stahlwaren, Arbeiten über Darstellung der Knochengallerte, über Verwendung der Knochen als Dünger, über Seidenwürmerzucht und eine Reihe gesundheitspolizeilicher Vorschläge und Einrichtungen für Hospitäler und Waschanstalten, Blechhütten u.s.w. Zu seinen wichtigsten Entdeckungen gehört die 1802 eingeführte Scheidung des Goldes vom Silber durch kochende Schwefelsäure.

D'Arcets Metall, eine leichtflüssige, schon bei 79° C. schmelzende Legierung aus 8 Teilen Wismut, 3 Teilen Zinn und 8 Teilen Blei. ↔

Dardanariat (von Dardanarius, dem Namen eines berüchtigten röm. Kornwucherers), die Verteuerung von Lebensmitteln und sonstigen gemeinverkäuflichen Waren durch Vorkauf und Aufspeicherung oder auch durch Zurückhaltung eigener Erzeugnisse. Das D. war schon im röm. Rechte mit arbiträrer Strafe bedroht. Die ehemalige deutsche Reichsgesetzgebung bestrafte das D. mit Landesverweisung und Vermögenskonfiskation. Der neuern Gesetzgebung ist das D. unbekannt. (S. auch Aufkauf.)

Dardanellen, im Altertum Hellespont (s. d.), Seestraße, die das Marmarameer mit dem Ägäischen Meere verbindet und Kleinasien von der Halbinsel von Gallipoli (im Altertum Thrazischer Chersonnes genannt), einem schmalen Vorsprung der Balkanhalbinsel, trennt. (S. Doppelkärtchen: Bosporus und Dardanellen, Bd. 3.) Sie ist etwa 65 km lang, im Durchschnitt 5–6 km, an der schmalsten Stelle nur 1900 m breit. Wie im Bosporus, so zieht auch durch diese Straße eine doppelte Strömung, eine obere vom Marmarameer und eine untere vom Ägäischen Meere her. Der Name kommt von der Stadt Dardanus (s. d.) im Gebiet von Troas.

Die D. haben als westl. Eingangsthor nach Konstantinopel eine hohe kommerzielle wie auch militär. Bedeutung; die erstere konzentriert sich in Gallipoli am östl. Eingange, die letztere in den Sperrforts des durchgängig von den Kanonen beherrschten schmalen südwestl. Teils. Schon seit langer Zeit sind befestigt der Eingang selbst durch die 1881 neugebaute Batterie Seddil-Bahr und das gegenüberliegende Fort Kum-Kale, dann die engste Stelle zwischen Kilid-Bahr und Tschanak-Kalessi oder Kale-Sultanie (s. d.), einer Stadt von 7000 E., wo 1660 Mohammed IV. zwei Schlösser erbauen ließ, in denen später die Riesenkanonen (Kämmerliks von den Türken genannt) Aufstellung fanden. Diese Anlagen wurden 1830 durch Errichtung der Batterien Namasigia unmittelbar im S. und Degirmen-Burun-Tabiassi im N. verstärkt und im Bereich der Enge zwischen den Ruinen des alten Sestos und Abydos das Fort Boghalü Tabia und gegenüber das von Nagara erbaut. Unter Sultan Abd ul-Asis beschloß die Pforte 1863, auf Anregung des damaligen brit. Botschafters Sir Henry Bulwer, den allmählichen Umbau der infolge der Erfindung der gezogenen Kanonen wie der Panzerschiffe beiden gegenüber fast vollkommen wertlos gewordenen Dardanellenbefestigungen; die bezüglichen Arbeiten wurden im April 1864 begonnen. Danach, bis zum Ausbruch des letzten russ.-türk. Krieges (April 1877) unter mancherlei Erneuerungen fortgeführt, haben sie das Resultat gehabt, daß die drei Batterien Namasigia, Medschidieh und Degirmen-Burun-Tabiassi und das Fort Nagara den Anforderungen unserer Tage entsprechend fertig gestellt worden sind.

Die Meerenge hat eine große Rolle in der Geschichte gespielt. Hier, mutmaßlich auf der Schmalstelle von Nagara, schlug Xerxes seine Brücken; und hier setzte Alexander nach Asien über. 1356 überschritten die Türken die Straße. Den ersten Versuch, in die Straße einzudringen, machte der als Admiral in russ. Diensten stehende Engländer Elphinstone 26. Juli 1770 mit drei Linienschiffen und vier Fregatten bei Verfolgung zweier türk. Linienschiffe. Indes scheint er, Kum-Kale und Seddil-Bahr passierend, nur bis Kepes-Burun gelangt zu sein. Der engl. Admiral Duckworth gelangte, von

Anmerkung: Fortgesetzt auf Seite 801.