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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Diät; Diätār; Diäten

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Diät (Sitzungsperiode) – Diäten

gemäßeste Nahrung des Säuglings. Bei Kranken und geschwächten Rekonvalescenten ist in zahlreichen Fällen der Verdauungsapparat erheblich geschwächt und weniger leistungsfähig. Die Auswahl der Nahrungsmittel hat daher bei ihnen in der Art zu geschehen, daß einerseits weiche, leicht verdauliche Speisen dargereicht werden, andererseits jede Überfüllung und Überanstrengung des Magens sorgfältig vermieden wird, d. i. häufige, aber kleine Nahrungszufuhren erfolgen. Rücksichtnahme auf den Körperzustand ist es ferner, die bei Kranken die Anwendung einer Fieberdiät verlangt, wobei im Hinblick auf die im Fieber eingetretene allgemeine Steigerung des Stoffumsatzes eine wirkliche Hungerdiät sich nötig machen kann. Wichtig jedoch ist hierbei, daß dem fiebernden Körper durch reichliches Darreichen von Wasser, von kühlenden Getränken, von dünnen Schleimsuppen oder von Milch die Flüssigkeitsmengen zugeführt werden, die er zur Abkühlung und zur Wasserverdampfung durch die Atmung sowie zur Ausscheidung der im Körper gebildeten Zersetzungsprodukte dringend benötigt. (S. Fieber.) Die D. für Diabetiker erfordert, daß die Bestandteile in der Nahrung weggelassen werden, die, wie die Kohlehydrate, die krankhafte Ausscheidung des Zuckers durch die Nieren noch weiter steigern würden. (S. Diabetes.)

Es ist klar, daß durch Auswahl und Zusammenstellung bestimmter Nahrungsmittel Diätformen gruppiert werden können, die nun ganz bestimmte Ernährungszustände zur Folge haben. Dahin gehört z. B. die Fleischdiät. Dieselbe ist besonders reich an Eiweißstoffen und hat als Typus der nahrhaften, roborierenden Kost zu gelten. Der Körper bedarf der Eiweißverbindungen nicht bloß für Zersetzungsvorgänge, sondern auch für die Zellbildungen und den Aufbau der Gewebe. Die vegetabilische D. ist ärmer an Eiweißstoffen, sodaß bei längerm ausschließlichem Gebrauch derselben der Körper um so rascher an Eiweiß verarmt, wenn ein zu reichlicher Gehalt an unlöslicher Cellulose die Pflanzennährstoffe weniger verdaulich und schlechter ausnutzbar macht. Muskelschwäche und die Zustände hochgradiger Blutarmut und Blässe sind häufig die Folgen solcher unzweckmäßigen Pflanzenkost. Die richtige Auswahl und sachgemäße Zubereitung der Pflanzenkost, wobei die nahrhaften Bestandteile von dem Zuviel der unverdaulichen thunlichst geschieden werden, ist darum bei lange dauernder Pflanzendiät von größter Wichtigkeit. Im Gegensatze zur reinen Fleischdiät veranlaßt die vegetabilische D. eine stete, leichte Reizung der Verdauungswege, wodurch eine regere Darmbewegung entsteht und Störungen des Wohlbefindens vermieden werden, wie sie durch hartnäckige Stuhlverstopfung bei Fleischkost nicht selten bedingt werden. Bei vorherrschend sitzender Lebensweise oder bei trägem Verdauungskanal ist die rationell geleitete vegetabilische D. ein treffliches Hilfsmittel, besser als jedes Medikament, um die an sich geringfügigen, aber durch ihre Dauerwirkung höchst peinlich empfundenen Erscheinungen der gestörten Darmfunktion und Peristaltik zu bekämpfen und zu beseitigen.

Litteratur. Wiel, Tisch für Magenkranke (7. Aufl., Karlsb. 1892); ders., Diätetisches Kochbuch (6. Aufl., Freiburg 1886); Biermann, Tisch für Lungenkranke (Karlsb. 1882); Eyselein, Tisch für Nervenkranke (ebd. 1883); Uffelmann, Tisch für Fieberkranke (ebd. 1882); von Voit, Physiologie des Stoffwechsels und der Ernährung (im «Handbuch der Physiologie», Ⅵ, 1, Lpz. 1881); Hofmann, Die Bedeutung von Fleischnahrung (ebd. 1880); Munk und Uffelmann, Die Ernährung des gesunden und kranken Menschen (2. Aufl., Wien 1891); Heyl, Die Krankenkost (Berl. 1889); Naumann, Systematik der Kochkunst (2. Aufl., Dresd. 1887).

Diät (frz. diète), im polit. Sprachgebrauch Bezeichnung für die Sitzungsperiode einer parlamentarischen Körperschaft.

Diätār, der Empfänger von Diäten (s. d.).

Diäten (vom lat. dies, «Tag»), Tagegelder, die nach Tagen berechnete Entschädigung für solche Dienste, welche nicht in dem ständigen Gehalt inbegriffen sind. Sie werden teils an nicht dauernd angestellte, sondern nur zeitweise bei Behörden beschäftigte Personen, sog. Diätare, gezahlt, teils an wirkliche Beamte neben dem Gehalt, wenn denselben außerordentliche Arbeiten übertragen werden, mit denen Reisen verbunden sind, Aufenthalt an andern Orten u. s. w. Die Höhe der den Beamten bei Dienstreisen zu gewährenden Tagegelder bestimmt sich teils nach dem Range der Beamten, teils nach dem Range der Behörden, bei welchen sie angestellt sind. Diejenigen Beamten, welche auf D. von gleicher Höhe Anspruch haben, bilden eine Diätenklasse. Die Abstufung der D. und die Einteilung der Landesbeamten in Klassen ist Sache der Gesetzgebung der Einzelstaaten; hinsichtlich der etatsmäßig angestellten Reichsbeamten werden nach der Verordnung vom 21. Juni 1875 (Reichs-Gesetzblatt, S. 249) sieben Klassen unterschieden: 1) die Chefs der obersten Reichsbehörden (30 M.), 2) die Direktoren der obersten Reichsbehörden (24 M.), 3) die vortragenden Räte der obersten Reichsbehörden (18 M.), 4) die Mitglieder der übrigen Reichsbehörden (12 M.), 5) die Sekretäre der höhern Reichsbehörden (9 M.), 6) die Subalternen der übrigen Reichsbehörden (6 M.), 7) die Unterbeamten (3 M.). Für einzelne Kategorien von Beamten, z. B. Eisenbahn-, Post-, Konsularbeamte, die Beamten der Militär- und Marineverwaltung, bestehen teilweise abweichende Vorschriften.

Ferner werden durch D. den Abgeordneten zu den gesetzgebenden Versammlungen die Kosten ersetzt, welche ihnen durch den Aufenthalt an dem Versammlungsort entstehen. Ein Verzicht der Abgeordneten auf gesetzmäßig ihnen zustehende D. ist gewöhnlich für unstatthaft erklärt. Es sind fast allerwärts solche D. üblich, ausgenommen beim Deutschen Reichstag, beim engl. (seit der zweiten Revolution), wo aber lebhaft für D. agitiert wird, und ital. Parlament. Die deutsche Reichsverfassung Art. 32 verbietet jede «Besoldung oder Entschädigung» für die Reichstagsmitglieder «als solche»; durch ein reichsgerichtliches Erkenntnis ist ausgesprochen, daß hierunter auch D. aus sog. Parteifonds fallen. Dagegen ist den Mitgliedern des Reichstags freie Eisenbahnfahrt bisher nur zwischen Berlin und ihrem Wohnsitz während der Sessionsdauer gewährt. Man betrachtete bei Errichtung des deutschen Gesamtstaates die Thatenlosigkeit als Korrektiv für das allgemeine Wahlrecht. Wiederholt (zuletzt 1892) aus der Mitte des Reichstags gestellte Anträge auf Einführung von D. scheiterten am Widerspruch des Bundesrats. In der Theorie hat besonders John Stuart Mill die D. bekämpft.

Über die D. in den Volksvertretungen der deutschen Einzelstaaten giebt die folgende Übersicht Auskunft: