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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Explosionsgeschosse; Explosionsradius; Explosionswellen; Explosiv; Explosivstoffe

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Explosionsgeschosse - Explosivstoffe

Gasgemenge können explodieren; man bezeichnet solche Gasgemenge mit Knallgas (s. d.); in den Gaskraftmaschinen (s. d.) findet die E. solcher Gemenge praktische Verwendung. Je rascher die Verbrennung eines Explosivstoffs stattfindet, desto auffallender sind die Wirkungen der E. Verhältnismäßig langsam erfolgt die Umsetzung bei Schießpulver, rascher bei Schießbaumwolle, noch rascher bei Knallsilber und Dynamit. Schießpulver brennt im freien Raum auf einem Brett ziemlich langsam ab, ebenso Schießbaumwolle, während Dynamit, frei auf einer Metallplatte liegend, zur E. gebracht, durch die Platte ein Loch schlägt oder dieselbe ganz zertrümmert. Es erklärt sich dies aus der hohen Geschwindigkeit, welche die Teile des Dynamits plötzlich nach allen Seiten (auch nach unten) auseinandertreibt, sodaß sich dieselben wie Geschosse verhalten, die gegen die Platte fliegen. Vgl. Berthelot, Sur la force de la poudre et des matières explosives (3. Aufl., 2 Bde., Par. 1883) - Die Versicherung gegen den durch E. entstehenden Schaden übernehmen in Verbindung mit der Versicherung gegen Feuerschaden die Feuerversicherungsgesellschaften. Sie Versicherung gegen die Gefahren der Seeschifffahrt deckt auch die Gefahr der E. (Art. 824 des Handelsgesetzbuchs).

Explosionsgeschosse, alle für Feuerwaffen benutzten Geschosse, die im oder in der Nähe des Ziels durch eine in ihrem Innern befindliche Sprengladung zum Springen gebracht werden. Durch die Bestimmungen der internationalen Petersburger Konvention (10. Dez. 1868) sind zur Kriegführung nur Geschosse von über 400 g Gewicht zulässig.

Explosionsradius, s. Trichtermine.

Explosionswellen, die bei plötzlichem und heftigem Durchbrechen der Luft, wie z. B. bei elektrischen Funken, bei Schüssen, beim Knallen der Zündhütchen u. dgl., auftretenden und fortschreitenden Schwingungsbewegungen. Die von Töpler, Antolik, Mach studierten E. bringen auf berußten Platten eigentümliche Zeichnungen hervor und lassen sich auch auf optischem Wege mit dem Schlierenapparat (s. Schlierenmethode) beobachten. Nach Mach ist die Fortpflanzungsgeschwindigkeit der E. größer als die normale Schallgeschwindigkeit, solange die Verdichtung der Welle sehr bedeutend ist. Die großartigste bisher beobachtete Explosionswelle war die 1883 durch den Krakatauausbruch verursachte, die mehrmals um die Erde herumlief und an mehrern aufeinander folgenden Tagen von den selbst registrierenden Barographen der Meteorolog. Stationen aufgezeichnet wurde. - Vgl. Report of the Krakatoa-Comitee of the Royal Society, hg. von Symons (Lond. 1888).

Explosiv (lat'.), leicht explodierend.

Explosivstoffe, feste oder flüssige chem. Körper oder Gemische letzterer, welche sich durch gewisse Mittel zur Explosion (s. d.) bringen lassen.

In den meisten E. ist Sauerstoff, an Stickstoff oder Chlor gebunden, in großer Menge und außerdem Kohlenstoff vorhanden, der bei der explosiven Zersetzung sich des Sauerstoffs bemächtigt und damit in fast unmeßbar kurzer Zeit Kohlensäuregas liefert. Manche E. sind jedoch vollständig sauerstofffrei, so z. B. Stickstoffwasserstoffsäure, Jod- und Chlorstickstoff, welche sich bei den leisesten Erschütterungen in ihre gasförmigen Elemente zersetzen: 2NCl3 = N2 + 3Cl2, oder bei diesem momentanen Zerfalle wenigstens ein Gas entwickeln, wie die metallischen E. (s. unten 6). Viele E. finden technische Verwendung zum Schleudern von Geschossen oder zum Sprengen und werden dann speciell Triebmittel oder Sprengstoffe genannt.

Je nach der Entzündungstemperatur und der Heftigkeit, mit welcher die Gasentwicklung auftritt, kann man die E. in drei Hauptgruppen teilen. I. Impulsive E., welche bei hoher Entzündungstemperatur relativ langsam verbrennen, sie dienen sowohl als treibende Mittel für Geschosse in Feuerwaffen, als auch zu Sprengzwecken, namentlich in Hohlgeschossen und Minen. II. Brisante E., welche bei hoher Entzündungstemperatur außerordentlich heftig verbrennen; sie dienen lediglich als Sprengmittel, da sie in Feuerwaffen zu sehr zerstörend auf diese wirken würden. III. Fulminante E., bei welchen die Gasentwicklung bei niederer Entzündungstemperatur, aber mit der größten Heftigkeit und Geschwindigkeit vor sich geht; sie dienen als Zündmittel für andere E. (S. Detonator.) Die impulsiven E. werden gewöhnlich durch Feuer, die brisanten E. durch hohen Druck, die fulminanten E. durch eine geringere mechan. Einwirkung zur Thätigkeit gebracht. Die brisanten E. brennen bei der Berührung mit der gewöhnlichen Flamme nur lebhaft ab, ohne eine plötzliche Gasentwicklung zu zeigen, sind daher die wenigst gefährlichen, während die fulminanten E. außerordentlich leicht zur explosiven Zersetzung gebracht werden, und daher ihre Verwendung in größern Mengen zu vermeiden ist. Bei den impulsiven E. läßt sich die Verbrennungsgeschwindigkeit bis zu einem gewissen Grade durch die äußere Form beherrschen, was bei den brisanten bis jetzt nur selten gelungen ist.

Nach ihrer Zusammensetzung zerfallen die E. in mechanische Gemenge und chemische Verbindungen. Bei den erstern ist der Sauerstoffträger ein salpetersaures oder ein chlorsaures Salz; die Beimengungen sind leicht verbrennliche Stoffe, wie Holzkohle, Schwefel, Zucker u. s. w. Die chem. Verbindungen sind knallsaure Salze oder Nitrate von organischen Substanzen, wie von Baumwolle, Holzfaser, Stärkemehl, Glycerin u. s. w., welche durch Behandlung mit konzentrierter Salpetersäure (unter Anwendung von Schwefelsäure) Stickstoff und eine reiche Menge Sauerstoff aufnehmen. Die Nitrate können durch mechan. Beimengungen technisch besser verwertbar gemacht werden. Von anderer Seite ist eine Unterscheidung der E. in "direkt wirkende", deren Entzündungstemperatur mit der Explosionstemperatur zusammenliegt, und in "indirekt wirkende E.", bei denen die Explosionstemperatur höher liegt, in Vorschlag gebracht.

Die E. lassen sich folgendermaßen gruppieren:

1) E. mit salpetersaurem Kalium als Sauerstoffträger, Holzkohle als Brennstoff und Schwefel als Zusatz zur Förderung des Verbrennungsprozesses und Erhöhung der Ausbewahrungsfähigkeit. Hierher gehört das gewöhnliche oder schwarze Schießpulver (s. d.) und das Braune Pulver (s. d.) und in den Verhältniszahlen abweichende Pulverarten von Neumeyer, Champy und Bennet.

Ersatzmittel des Kalisalpeters sind:

a. Salpetersaures Natrium; so im Pyronone von Reynaud, ferner im Brise-rocs von Robaudi, im Pyrolithe humanitaire von Terré und Mercader, im Steinbrech von Wetzlar, sowie in den Pulvern von Davey, Oxland, Eaton, Schwarz, Schäffer und Budenberg.