Anmerkung: Fortsetzung des Artikels 'Falk (Paul Ludw. Adalbert)'
zu Breslau, gest. 20. Aug. 1872 als Pfarrer zu Waldau bei Liegnitz) damals Pastor war. F. studierte in Breslau, trat 1847 als Auskultator in den preuß. Staatsdienst, wurde
1850 Staatsanwaltsgehilfe zu Breslau und 1853 Staatsanwalt zu Lyck, wo er 1858 von den Kreisen Lyck, Oletzko und Johannisburg ins Abgeordnetenhaus gewählt ward,
in welchem er sich den Altliberalen anschloß. Im Frühjahr 1861 wurde F. als Staatsanwalt an das Kammergericht zu Berlin berufen, gleichzeitig als Hilfsarbeiter im
Justizministerium verwendet und schon im Juli 1862 zum Rat bei dem Appellationsgericht zu Glogau befördert. Hier beteiligte sich F., wie schon vorher in Lyck, an den
ursprünglich von Gräff, Koch, Rönne, Simon und Wentzel, später von Rönne allein herausgegebenen und unter dem Namen «Fünfmännerbuch» bekannten
«Ergänzungen und Erläuterungen der preuß. Rechtsbücher». Von dem Glogauer Wahlkreise wurde er Febr. 1867 in den Konstituierenden Norddeutschen Reichstag
gewählt. 1868 zum Geh. Justizrat und vortragenden Rat im Justizministerium ernannt, war er zunächst für die Herstellung der neuen Subhastationsordnung für das
Rechtsgebiet der Allgemeinen Gerichtsordnung thätig, die 15. März 1869 als Gesetz verkündet wurde, und erhielt darauf das Referat in allgemeinen
Verwaltungssachen. Auch war er Mitglied der Kommissionen, die im preuß. Justizministerium mit der Umarbeitung des Entwurfs einer Civilprozeßordnung sowie mit
der Aufstellung eines Entwurfs der Strafprozeßordnung für das Deutsche Reich beauftragt waren. Im Febr. 1871 wurde F. zum preuß. Bevollmächtigten beim
Bundesrate und zum Geh. Oberjustizrat ernannt und auch in die Kommission für die Ausarbeitung einer Civilprozeßordnung für das Deutsche Reich gewählt.
Am 22. Jan. 1872 wurde F. an Heinr. von Mühlers Stelle zum Kultusminister ernannt, in welcher Stellung ihn ungewöhnlich schwere Aufgaben erwarteten. Sein
leitender Grundsatz war, der Kirche und den Kirchengemeinschaften ihre volle freie Bewegung zu lassen, aber wo Rechte des Staates in Frage kämen, alle
unberechtigten Ansprüche zurückzuweisen. Er vertrat zunächst im Landtage mit Erfolg das noch von seinem Vorgänger eingebrachte Schulaufsichtsgesetz, das dem
Staate die Aufsicht über alle öffentlichen und Privat-Unterrichts- oder Erziehungsanstalten zuwies. Er hob sodann die das Volksschulwesen betreffenden Regulative
von 1854 auf und ersetzte sie durch andere Bestimmungen, wobei ihn die Überzeugung leitete, daß die Regulative das Gegenteil von dem bewirkt hätten, was sie
beabsichtigten, und einem großen Teil des Lehrerstandes Haß und Widerwillen gegen das positive Christentum eingeflößt hätten. Ferner sorgte er für eine erhebliche
Vermehrung der Seminare, höhere Dotierung der Lehrer und Verbesserung des Lehrplans der Volksschulen. Als eine seiner Hauptaufgaben betrachtete er den
Abschluß des durch die Verfassung verheißenen Unterrichtsgesetzes. Nach langen Vorarbeiten hatte er 1877 einen Entwurf vollendet, der jedoch wegen der Höhe der
erforderlichen Geldmittel auf den Widerspruch des Finanzministers Camphausen stieß und wegen der sich vorbereitenden Änderung in den innern Verhältnissen
Preußens nicht weiter gefördert werden konnte.
Während der Arbeiten für das Volksschulwesen nahm die Sicherstellung der Rechtssphäre des Staates ↔ in dem mit der kath. Kirche ausgebrochenen
Kulturkampfe die unausgesetzte Thätigkeit F.s in Anspruch. Diese Thätigkeit führte zu den tief eingreifenden kirchenpolit. Gesetzen (den sog. Maigesetzen), deren
Reihe mit dem im Nov. 1872 eingebrachten Entwurfe über die Grenzen des Rechts zum Gebrauche kirchlicher Straf- und Zuchtmittel eröffnet wurde. (S.
Preußen, Geschichte.)
Um auch der evang. Kirche gegenüber die Grenze der staatlichen Machtbefugnisse dauernd festzustellen und zugleich der Kirche selbst eine größere Selbständigkeit
zu geben, wirkte F. für den Erlaß der zunächst für die acht ältern Provinzen geltenden Kirchengemeinde- und Synodalordnung vom 10. Sept. 1873 und der
General-Synodalordnung vom 20. Jan. 1876. Die orthodox-prot. Partei, schon längst durch das Schulaufsichtsgesetz, die Einführung der obligatorischen Civilehe, die
Errichtung von Simultanschulen und andere Maßregeln erbittert, bekämpfte nun von dem Boden aus, den ihr die neue Synodalverfassung gab, das F.sche System mit
aller Entschiedenheit. Infolge des Rückhalts, den sie beim Könige selbst fand, gelang es ihr auch, die Stellung des Ministers in hohem Grade zu erschweren, sodaß
dieser 1878 seine Entlassung forderte, die jedoch damals abgelehnt wurde. Als aber nach dem Tode des Papstes Pius IX. dessen Nachfolger Leo XIII. mit der preuß.
Regierung Unterhandlungen anknüpfte, um den Frieden zwischen Staat und Kirche wiederherzustellen, und sich ein Frontwechsel des Centrums anbahnte infolge der
Unterstützung, die es dem Reichskanzler bei der Zoll- und Steuerreform lieh, erachtete F. seine Stellung für zweifellos unhaltbar. Er erbat im Juni 1879 seinen
Abschied, den er 14. Juli erhielt. In Anerkennung seiner Verdienste wurde ihm bei dieser Gelegenheit der erbliche Adel angeboten, jedoch von F. nur für seinen im
Heere als Offizier dienenden Sohn angenommen.
Seine öffentliche Thätigkeit beschränkte sich während der nächsten Zeit vorzugsweise auf den Reichstag, worin er seit 1873 den Wahlkreis Bunzlau-Lüben vertrat, und
das preuß. Abgeordnetenhaus, für das er im Okt. 1873 in sechs verschiedenen Wahlkreisen gewählt worden war und ein Mandat des Kreises Essen-Duisburg-Mühlheim
angenommen hatte. Als Landtagsabgeordneter trat F. namentlich hervor durch seine Opposition gegen den von seinem Nachfolger im Kultusministerium von
Puttkamer 1880 eingebrachten Gesetzentwurf, durch den die Regierung die Befugnis in Anspruch nahm, gewisse Bestimmungen der Maigesetze außer Kraft zu setzen.
1882 zum Präsidenten des Oberlandesgerichts in Hamm ernannt, gab er seine parlamentarische Wirksamkeit auf. – Vgl. F.s Reden, gehalten in den Jahren 1872–79 (3
Tle. in 1 Bd., Berl. 1880).