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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Frauenschuh - Frauenstudium

gen führte. Das beiderseitige Bedürfnis ließ allmählich an die Stelle des Rachekampfes die Sühnezahlung treten, und hieraus entwickelte sich die Zahlung eines Kaufpreises für die Frau. Die Ehe durch F. konnte je nach der Macht und dem Ansehen des Mannes eine monogame (s. Monogamie) oder eine polygame sein (s. Polygamie), auch konnte sie in ganz unkultivierten gesellschaftlichen Zuständen eine polyandrische sein (s. Polyandrie). Die Erinnerungen an ein früheres Bestehen des F. hat sich bei vielen Volksstämmen noch in der Form des "Scheinraubes" erhalten. Es darf dann die Ehe erst geschlossen werden, entweder nachdem die Braut aus dem elterlichen Hause nach einem Scheingefecht mit ihren Angehörigen mit Gewalt entführt worden ist, oder nachdem sie vor dem Bräutigam die Flucht ergriffen hat und dann von ihm eingeholt und gefangen worden ist. Der echte F. soll noch bei einzelnen Stämmen Australiens herrschen; der Scheinraub findet sich auch jetzt noch bei mehrern Völkern Sibiriens (Kamtschadalen, Tungusen, Samojeden, Kalmücken), bei den Batak in Sumatra, bei einigen Stämmen Bengalens: auch bei einigen südslaw. Stämmen und selbst bei den Altbayern finden sich Anklänge an diese Sitte. Ein Rest der polyandrischen Ehe durch F. lebt bei den Wateita in Ostafrika fort. Die fliehende Braut wird von vier Freunden des Mannes gefangen und in dessen Wohnung getragen. Zum Lohne hierfür haben sie dann einen Anteil an seinen ehelichen Rechten.

Frauenschuh, Pflanzenart, s. Cypripedium.

Frauensommer, s. Altweibersommer.

Frauenstädt, Jul., Philosoph, geb. 17. April 1813 zu Bojanowo in Posen, studierte seit 1883 in Berlin Theologie, dann Philosophie, war 1841-44 Lehrer im Hause des russ. Gesandten zu Berlin, Baron von Meymdorff, und ging dann in gleicher Eigenschaft mit dem Fürsten Ludwig zu Sayn-Wittgenstein nach Rußland, wo er bis 1846 auf dessen Gütern bei Wilna lebte. Auf einer Reise durch Deutschland (1846-47) machte er zu Frankfurt a. M. die Bekanntschaft Schopenhauers und wurde, nachdem ihn dieser persönlich in seine Lehre eingeführt, ihr energischer Vorkämpfer. Er ließ sich 1848 wieder in Berlin nieder, wo er 13. Jan. 1879 starb. F. veröffentlichte: "Die Freiheit des Menschen und die Persönlichkeit Gottes" (mit einem Briefe Gablers, Berl. 1838), "Die Menschwerdung Gottes nach ihrer Möglichkeit, Wirklichkeit und Notwendigkeit" (ebd. 1839), "Studien und Kritiken zur Theologie und Philosophie" (ebd. 1840), "Schellings Vorlesungen in Berlin" (ebd. 1842), "über das wahre Verhältnis der Vernunft zur Offenbarung" (Schopenhauer gewidmet, Darmst.1848), "Ästhetische Fragen" (Dessau 1853), "Briefe über die Schopenhauersche Philosophie" (Lpz. 1854), "Die Naturwissenschaft in ihrem Einfluß auf Poesie, Religion, Moral und Philosophie" (ebd. 1855), "Der Materialismus" (ebd. 1856), "Briefe über natürliche Religion" (ebd. 1858), "Das sittliche Leben. Ethische Studien" (ebd. 1866), "Blicke in die intellektuelle, physische und moralische Welt" (ebd. 1869) und "Neue Briefe über die Schopenhauersche Philosophie" (ebd. 1876), worin F. durch eine Beschränkung des subjektiven Idealismus und des Pessimismus die Schopenhauersche Philosophie fortbildet. Seit dem Tode Schopenhauers, der ihm das Verlagsrecht seiner Werke vermachte, wandte F. seine Thätigkeit hauptsächlich der Herausgabe neuer Auflagen derselben sowie von Schriften, die an den Nachlaß Schopenhauers anknüpften, zu. So gab er heraus: "A. Schopenhauer. Lichtstrahlen aus seinen Werken" (7. Aufl., Lpz. 1891), Schopenhauers Übertragung von "Gracians Hand-Orakel und Kunst der Weltklugheit" (4. Aufl., ebd. 1891), "A. Schopenhauer. Von ihm, über ihn u. s. w." (Berl. 1863), "Aus A. Schopenhauers Nachlaß" (Lpz. 1864), endlich die erste Gesamtausgabe der Werke Schopenhauers (6 Bde., ebd. 1873 - 74; 2. Aufl. 1877) und das "Schopenhauer-Lexikon" (2 Bde., ebd. 1871).

Frauenstein, Stadt in der Amtshauptmannschaft Tippoldiswalde der sächs. Kreishauptmannschaft Dresden, 18 km im SW. von Dippoldiswalde, in 656 m Höhe, zwischen der Bobritzsch und Gimmlitz, Sitz eines Amtsgerichts (Landgericht Freiberg), Forstrentamtes, einer Oberförsterei und Obergrenzkontrolle, hat (1890) 1269 meist evang. E., Post, Telegraph, städtisches Krankenhaus, Vorschußverein, Kisten- und Cigarrenfabrikation und wird als Sommerfrische besucht. Dabei ein königl. Schloß nebst Park, 1588 von denen von Schönberg gebaut, und eine Burgruine mit drei Türmen.

Frauenstudium. Von jeher ist es vorgekommen, daß Frauen von hervorragender geistiger Befähigung gelehrte Studien mit Erfolg betrieben, sei es auf dem Wege privater Belehrung, sei es mittels Besuchs der bestehenden wissenschaftlichen Anstalten. Häufiger erscheinen weibliche Studierende an den nordital. Universitäten im Zeitalter der Renaissance und später; vereinzelt bestieg auch wohl eine Frau den akademischen Lehrstuhl. In den mittelalterlichen Städten gab es verschiedentlich weibliche Ärzte. Im vorigen Jahrhundert und zu Anfang des jetzigen wurden in vereinzelten Fällen Frauen zum Studium und zur Promotion an deutschen Universitäten zugelassen, so Anna von Siebold in Gießen, Dorothea von Schlözer in Göttingen u. a. Zur Zeit wogt in Deutschland noch ein lebhafter Streit um die Frage des F., d. h. um die Frage, ob und in welchem Maße den Frauen allgemein der Zutritt zu den bestehenden Hochschulen gewährt werden solle. Einesteils bildet sie einen Teil der Frauenerwerbsfrage, insofern der Besuch der Hochschulen die Voraussetzung für die Ausübung einer Reihe höherer Berufsarten bildet, andernteils kommt ihr eine darüber hinausgehende Bedeutung zu, weil der bestehende Ausschluß der Frauen von den höchsten Bildungsanstalten wesentlich mit der Behauptung einer geistigen Inferiorität des weiblichen Geschlechts verteidigt wird.

Über das Maß der weiblichen Befähigung für das Studium und die liberalen Berufe theoretisch zu streiten, erscheint müßig. Hierin vermag nur die praktische Erfahrung zu entscheiden, eine Erfahrung, die nur gewonnen werden kann, wenn den Frauen der Zugang zur höhern geistigen Bildung und zu den liberalen Berufen thatsächlich eröffnet wird. Diejenigen, welche an die Befähigung des weiblichen Geschlechts für das Gebiet höherer Geistesthätigkeit nicht glauben, haben am wenigsten Ursache, die Möglichkeit einer praktischen Probe abzuschneiden. Daß das F. große Dimensionen annehmen und das weibliche Geschlecht seinen natürlichen Aufgaben entfremden werde, ist nicht anzunehmen. Die Möglichkeit, später zu heiraten und damit der Gelegenheit zur Verwertung der mühsam und unter großen Opfern erworbenen Kenntnisse und Fähigkeiten verlustig zu gehen, wird stets eine weitgehende