Schnellsuche:

Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

17

Girardin (François Auguste Saint-Marc) – Giraud

Anmerkung: Fortsetzung des Artikels 'Girardin (Emile de)'

rend der Commune ließ er vom 5. bis zum 25. Mai 1871 ein Tageblatt erscheinen mit dem Titel «L’Union française, Journal de la République fédérale», worin er eine föderative Einteilung des Nationalgebietes in 15 unabhängige Staaten mit eigenen Pairs- und Deputiertenkammern vorschlug. Im Nov. 1874 wurde G. Chefredacteur des ehemals kaiserlich-konservativen, jetzt republikanisch-liberalen Journals «La France». Als Broglie und Fourtou 16. Mai 1877 zum Ministerium gelangten, erklärte sich G. sogleich gegen das reaktionäre Kabinett und bekämpfte es scharf. Sechs Monate hindurch schrieb er mehrere Artikel, um die im Namen der «moralischen Ordnung» begangenen Mißbräuche und Ausschreitungen zu rügen. Die «France» fand darum ungeheuern Absatz, und G. wurde an Grevys Stelle im 9. Wahlbezirk von Paris zum Deputierten ernannt. Er nahm aber an den Verhandlungen der Kammer keinen bedeutenden Anteil. G. starb 27. April 1881 zu Paris. Seine polit. und socialen Ideen erörterte G. in vielen Büchern und Broschüren, unter denen «Études politiques» (Par. 1838; 2. Aufl. 1849) und «La politique universelle, décrets de l’avenir» (Brüss. 1852; 4. Aufl., Par. 1854) hervorzuheben sind. Eine große Anzahl seiner Zeitungsartikel sammelte er in den «Questions de mon temps, 1836 à 1856» (12 Bde., Par. 1858). Ferner ist noch zu erwähnen: «Hors Paris» (Bordeaux 1871), «L’Union française. Extinction de la guerre civile» (Par. 1871), und «L’homme et la femme. L’homme suzerain, la femme vassale» (1872), «L’égale de son fils» (1872), Entgegnungen auf die Schrift von A. Dumas (fils) «L’homme-femme» und Seitenstücke zu seiner frühern Schrift «La liberté dans le mariage par l’égalité des enfants devant la mère» (1854). Nach dem Tode seiner ersten Gemahlin, Delphine G. (s. d.), vermählte er sich 1856 mit Wilhelmine Brunold, Gräfin Tiefenbach, der Stieftochter des Prinzen Friedrich von Nassau. – Vgl. Lauser, Emile de G. (in «Unsere Zeit», Lpz. 1868).

Girardin (spr. schirardäng), François Auguste Saint-Marc, franz. Publizist, s. Saint-Marc Girardin.

Girardin (spr. schirardäng), Jean Pierre Louis, franz. Chemiker, geb. 16. Nov. 1803 zu Paris, trat 1821 in das pharmaceut. Centrallaboratorium der Hospitäler von Paris, 1825 in das chem. Laboratorium von Thénard am Collège de France und wurde 1828 zum Professor der angewandten Chemie in Rouen ernannt. 1838 erhielt er an der auf seine Veranlassung neu gegründeten Landwirtschaftsschule zu Rouen die Professur der Agrikulturchemie; 1848 begann er im Depart. Seine-Inférieure seine Vorlesungen über den Dünger und übte dadurch einen großen Einfluß auf die Fortschritte der Bodenkultur in der Normandie aus; 1858 erhielt er eine Professur der Chemie in Lille, 1868 wurde er Rektor der Akademie zu Clermont-Ferrand. Er starb 24. Mai 1884 in Rouen. Er schrieb: «Eléments de minéralogie appliquée aux sciences chimiques» (mit Lecoq, 2 Bde., Par. 1826), «Considérations générales sur les volcans» (Rouen 1830), «Du sol arable» (Par. 1842), «Des fumiers et autres engrais animaux» (7. Aufl., ebd. 1875), «Moyens d’utiliser le marc de pomme» (4. Aufl., ebd. 1854), «Des marcs dans nos campagnes» (Rouen 1854), «Traité élémentaire d’agriculture» (2 Bde., 3. Aufl., Par. 1874), «Chimie générale et appliquée» (4 Bde., ebd. 1868–69), ↔ «Leçons de chimie élémentaire appliquée aux arts industriels» (5 Bde., 6. Aufl., ebd. 1880).

Girardin (spr. schirardäng), René Louis, Marquis de G., geb. 25. Febr. 1735, trat frühzeitig in die franz. Armee, diente später am Hofe des entthronten poln. Königs Stanislaus Leszczynski zu Nancy und erwarb sich im Siebenjährigen Kriege den Grad eines Kavallerieobersten. Nach dem Frieden führte er auf seinem Landgute Ermenonville (s. d.) im Depart. Oise großartige Verschönerungen aus und gewährte hier seinem Freunde Rousseau einen Zufluchtsort. Er starb 20. Okt. 1808 in Ermenonville. Seine Schrift «De la composition des paysages» (Par. 1771 u. ö.) wurde fast in alle Sprachen übersetzt.

Girardon (spr. schirardóng), François, franz. Bildhauer, geb. 1630 zu Troyes, war ein Schüler von Francois Anguier, bildete sich in Rom aus und lieferte in der Glanzepoche Ludwigs XIV. viele Arbeiten für diesen; er wurde Professor an der königl. Akademie, 1695 deren Kanzler. Nach Lebruns Tode 1690 wurde ihm die Leitung der für den König beschäftigten Bildhauer übertragen. Er starb 1. Sept. 1715 in Paris. G. ist in seinen Werken einfacher und natürlicher als seine Zeitgenossen. Neben vielen Büsten arbeitete er das berühmte, in der Revolution zertrümmerte Reiterbild Ludwigs XIV. für den Vendômeplatz sowie das Grabmal Richelieus in der Kirche der Sorbonne. Teils von ihm selbst, teils unter seiner Aufsicht wurden die meisten Skulpturen in Versailles gefertigt; die namhaftesten darunter sind der Raub der Proserpina, der Winter als Greis u. a. – Vgl. Corrard de Breban, Notice sur la vie et les œuvres de G. (Par. 1850).

Girards Schlitteneisenbahn, s. Gleiteisenbahn.

Girardturbine, s. Turbinen.

Girasol (frz., spr. schirasóll) oder Girasöle (ital., spr. dschi-), Handelsname der auch Mondstein genannten Feldspatvarietät Adular (s. d.). Orientalischer G. oder Girasol-Saphir, eine Abart des Korunds (s. d.), die beim Hin- und Herbewegen einen bläulichen Lichtschimmer zeigt.

Girat, Giratar, s. Giro.

Giraud (spr. schiroh), Graf Giovanni, ital. Lustspieldichter, geb. 28. Okt. 1776 in Rom, von franz. Abkunft, folgte seiner Neigung für das Theater, auch als er 1793 nach dem Tode seines Vaters Soldat und bald Offizier wurde. Nachdem er sechs Komödien geschrieben, die in Venedig mit großem Beifall zur Aufführung kamen, wurde er von Napoleon 1809 zum Generalintendanten aller Theater im Departement jenseit der Alpen ernannt, verlor aber 1814 diese Stelle und siedelte nach Toscana über, wo er durch glückliche Handelsunternehmungen ein ansehnliches Vermögen erwarb. Er starb 1. Okt. 1834 zu Neapel. Von seinen Lustspielen ist das beste «L’ajo nell’imbarazzo» (deutsch von Th. Hell: «Der Hofmeister in tausend Ängsten». Im «Dramat. Vergißmeinnicht», Bd. 2, Dresd. 1824). Seine Komödien erschienen als «Teatro» (3 Bde., Mail. 1823) und «Teatro domestico» (2 Bde., ebd. 1822). Spätere, unvollständige Ausgaben sind «Commedie del Conte G. G.» (4 Bde., Flor. 1828), «Commedie scelte» (Par. 1829).

Giraud (spr. schiroh), Pierre François Eugène, franz. Maler, geb. 9. Aug. 1806 zu Paris, besuchte die École des beaux arts daselbst, hielt sich später längere Zeit in Italien auf und kehrte 1832 wieder

Anmerkung: Fortgesetzt auf Seite 18.