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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Grallae; Gramen; Gramineen

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Grallae – Gramineen

Anmerkung: Fortsetzung des Artikels 'Gral'

und dem breton. Sagenhelden Perceval, als dem Gralsucher, in Verbindung brachte («Le Roman du Saint Graal», hg. von Fr. Michel, Bordeaux 1841). Aus dieser Erzählung schöpfte Chrétien de Troyes (s. d.) für seinen unvollendeten «Conte del Graal» (um 1190), den später andere Trouvères, Manessier, Gautier de Doullens und Girbert de Montreuil fortsetzten und beendeten (1190–1210). Gleichzeitig wurde die Vorgeschichte des G. und Josephs von Arimathia breiter und in mystischer Auffassung in einem Prosaroman (dem sog. «Grand Saint Graal», um 1200) behandelt und ebenso die «Suche» (Queste) von unbekannten Verfassern. Hier wurde statt des ritterlich verweltlichten Perceval Galaad, ein Sohn Lancelots, der erkorene Gralsucher. In die deutsche Dichtung wurde die Sage vom Heiligen G. zuerst durch Wolfram von Eschenbach (s. d.) eingeführt, dessen Quelle Chrétiens fragmentarisches Werk war, weshalb Wolfram, um die Lücken in seiner Gralüberlieferung auszufüllen, als seinen zweiten Gewährsmann einen gewissen Kyot erfand, von dem die franz. Überlieferung nichts weiß. Dieser vorgebliche Provençale Kyot beruft sich bei Wolfram auf die Schrift eines Mauren Flegetanis, die er zu Toledo gefunden haben will, und auf eine lat. Chronik von Anjou. Bei Wolfram ist der G. ein Stein, den Engel vor alter Zeit zur Erde gebracht und anfänglich selbst bewahrt haben; später kommt er unter die Obhut der Templeisen, einer Genossenschaft auserwählter Ritter, die unter einem Könige stehen und ihn in einer tempelartigen Burg auf dem Berg Mont-Salvage bewachten und verehrten. In weiterer Ausführung behandelte die Gralsage später, um 1270, der Dichter des «Jüngern Titurel», der noch die Beziehung auf den Priester Johannes einfügte. Die span., portug., mittelengl., walisischen Bearbeitungen des Stoffes gehen auf die franz. Prosaromane zurück. – Vgl. Zarncke, Der Graltempel (Lpz. 1876); Birch-Hirschfeld, Die Sage vom G. (ebd. 1877); A. Nutt, Studies on the legend of the Holy Grail (Lond. 1888); Hucher, Le Saint Graal (3 Bde., Par. 1875–79).

Grallae, Grallatores, s. Stelzvögel.

Gramen (lat.), Gras; gramĭna, Gräser (s. Gramineen).

Gramineen (Graminĕae) oder Gräser, monokotyledonische Pflanzenfamilie aus der Ordnung der Glumifloren (s. d.). Dieselbe gehört mit etwas über 3000 Arten zu den größten des ganzen Pflanzenreichs, sie ist zugleich eine der wichtigsten Familien für den Menschen, denn fast alle Getreidearten sowie die wichtigsten Futterpflanzen gehören hierher. Die G. sind über die ganze Erde verbreitet; fast überall, wo überhaupt noch phanerogamische Gewächse gedeihen, finden sich auch Vertreter aus der Familie der G., sie wachsen noch in den höchsten Alpen, in den kältesten Partien der arktischen und antarktischen Regionen sowie in den heißesten Gegenden der Tropen. Da sehr viele Arten derselben gesellig vorkommen, so bedecken sie oft große Flächen, wie die zahlreichen Steppengräser und die den Hauptbestandteil der Wiesen bildenden. Die meisten der mehlgebenden G. sind schon so lange in Kultur, daß man über ihr eigentliches Vaterland nichts Sicheres angeben kann, zumal sie in der jetzigen Gestalt fast nirgends mehr wild wachsen.

Die große Mehrzahl der G. sind krautartige einjährige, zweijährige oder ausdauernde Gewächse, nur wenige tropische Formen, wie die Arten der ↔ Gattung Bambusa (s. d.), haben einen baumartigen Wuchs. Die ausdauernden Arten besitzen in der Regel Rhizome, die entweder mit langen Internodien versehen sind und kriechend im Boden fortwachsen oder knollenförmige Gestalt mit verkürzten Internodien besitzen. Da aus ein und demselben Rhizome zahlreiche Halme hervorsprossen, so bilden diese G. meist dichte Rasen. Etwas Ähnliches findet sich bei den Getreidearten, die nur ein- oder zweijährig sind; hier werden an den untersten Partien der Halme zahlreiche Seitenknospen gebildet, sodaß aus jedem Korne eine größere oder geringere Anzahl von Halmen hervorsprossen kann. Man bezeichnet diese Verzweigung als Bestockung. Sie ist für den Ertrag der Getreidearten sehr wichtig. Einige Arten dienen zur Befestigung der Dünen (s. d.).

Die Wurzeln der G. sind sog. Faser- oder Zaserwurzeln. Bei den einjährigen Formen entstehen sie dadurch, daß die Hauptwurzel bald nach der Keimung abstirbt und an Stelle derselben sehr zahlreiche fadenförmige Nebenwurzeln hervorsprossen. Die mit Rhizomen versehenen G. besitzen gleichfalls büschelige und faserige Wurzeln, die an bestimmten Stellen der Internodien der Rhizome sich entwickeln. Die oberirdischen Stammorgane, die sog. Halme, sind bei den meisten G., wenn man von dem Blütenstände vorerst absieht, unverzweigt, wenigstens in ihren obern Partien, die größern Formen der wärmern Gegenden, besonders die Bambusen, zeigen dagegen oft eine ziemlich reichliche Verzweigung.

Die Stengel sämtlicher G. sind mit Knoten versehen und haben in der Regel hohle Internodien. An den Knotenstellen finden sich, auch wenn das Längenwachstum der Internodien schon lange beendet ist, noch wachstumsfähige Partien. Die G. sind deshalb auch in spätern Stadien noch im stande, durch ungleichmäßiges Wachstum an zwei gegenüberliegenden Partien eines Knotens Krümmungen auszuführen. Dies ist besonders für die Getreidearten wichtig, welche, wenn sie durch äußere Einflüsse wie Wind oder Regen sich gelagert haben, durch geotropische (s. Geotropismus) Aufwärtskrümmung ihre Halme wieder aufrichten können.

Die Blätter der G. sind in der Regel lang und schmal, sie besitzen eine den Halm vollkommen umschließende Blattscheide, die rings um den Knoten, an dem das Blatt sitzt, angewachsen ist und das darüberstehende Internodium bis fast zur Hälfte seiner Höhe oder auch noch höher hinaus umgiebt. Diese Scheide ist jedoch nicht vollkommen geschlossen, sondern sie stellt den cylindrisch eingerollten Basalteil des Blattes dar. An der Stelle, wo die eigentliche Blattspreite an die Scheide ansetzt, findet sich in den meisten Fällen als Fortsatz der röhrenförmigen Scheide ein zartes, farbloses, oft in zwei oder mehrere Lappen gespaltetes Häubchen, die sog. Ligula, deren Form und Größe bei den verschiedenen Gattungen in der Regel eine verschiedene ist. Die Ränder der Blätter sind bei vielen G. schneidend scharf, weil die Epidermiszellen an diesen Rändern kurze zackenförmige Fortsätze besitzen, die stark verkieselte Wände haben, überhaupt zeichnen sich die meisten G. durch ihren großen Gehalt an Kieselsäure aus, die sich vorzugsweise in der Epidermis der Halme ablagert und dadurch eine gewisse Sprödigkeit derselben bedingt.

Der Blütenstand der G. bietet große Verschiedenheiten dar. Die Blüten stehen zunächst in sog. Ährchen, die jedoch nur wenige Blüten ent-

Anmerkung: Fortgesetzt auf Seite 244.