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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Griechenland (Geschichte 338–146 v. Chr.)

Anmerkung: Fortsetzung des Artikels 'Griechenland (Geschichte)'

Unheil brachte über G. der Phokische oder sog. Heilige Krieg (s. d.), der dem König Philipp von Macedonien Anlaß zur Einmischung in die Angelegenheiten G.s gab. Dieser hatte bereits die griech. Küstenstädte Amphipolis, Pydna, Potidäa, die chalkidischen Orte und endlich 348 auch das mächtige Olynth erobert und teilweise zerstört. Als Phokis (346) überwältigt und aus der Reihe der Amphiktyonen gestoßen war, erhielt Macedonien die bisher jenem zustehenden zwei Stimmen im Amphiktyonenrate. Philipps Absichten waren seitdem offenkundig; noch aber arbeitete ihm mehrere Jahre lang der attische Staatsmann Demosthenes entgegen und brachte zum letzten Kampfe der Athener gegen Philipp auch die Thebaner und andere Griechen unter die Waffen. Aber die Hellenen unterlagen in der Schlacht bei Chäronea (2. Aug. 338), und Philipp von Macedonien, von den Hellenen auf einer Nationalversammlung in Korinth zum Führer gegen Persien ernannt, übte fortan in ganz G., mit alleiniger Ausnahme Lakoniens, die unbestrittene Hegemonie aus.

5) Unter macedonischer Herrschaft (von der Schlacht bei Chäronea bis zur Unterjochung der Griechen durch die Römer, 338–146 v. Chr.). Das Schicksal G.s war jetzt ganz an das des Macedonischen Reichs geknüpft. Zunächst aber hatte nicht das Volk der Macedonier, sondern die Persönlichkeit Philipps G. besiegt, und so war die neue Herrschaft oder Hegemonie noch manchen Schwankungen unterworfen. Als Philipp (Aug. 336) ermordet worden war, genügte das bloße Erscheinen Alexanders d. Gr. (s. d.), die in G. entstandene Bewegung zu unterdrücken: er wurde auf einer allgemeinen Versammlung auf dem Isthmus ebenfalls zum Führer der Hellenen gegen Persien ernannt. Als kurz darauf das Gerücht von Alexanders Tode bei einem Zuge gegen die Triballer die Thebaner zum Abfall brachte, mußte die Zerstörung dieser Stadt (335) den Griechen zeigen, was Widerstand für die Zukunft zu erwarten habe. Als aber später Alexander durch seinen Feldzug gegen Persien tief im Innern Asiens beschäftigt und Thrazien im Aufstande gegen ihn begriffen war, glaubte (331) der junge König Agis III. von Sparta, unterstützt von den Eleern, Achäern und Arkadiern, den Peloponnes der Herrschaft Macedoniens entziehen zu können. Ein heldenmütiger, aber unglücklicher Kampf bei Megalopolis gegen die Übermacht des schnell herbeigeeilten Statthalters von Macedonien, Antipater, vernichtete jedoch im Juni 330 abermals die Hoffnungen der Griechen, die sich fortan ruhig verhielten, bis Alexanders unerwarteter Tod im Juni 323 von neuem fast ganz G. in Bewegung brachte. Athen und Ätolien traten diesmal an die Spitze des Aufstandes, die Thessalier, Lokrer und Phoker, die Messenier, Argiver, Eleer und Epidaurier schlossen sich ihnen an, und Leosthenes führte das Heer, welches dem Antipater zum zweitenmal die Spitze bieten sollte. Nach mehrern siegreichen Gefechten fiel Leosthenes Anfang 322 bei der Belagerung von Lamia, wo Antipater mit den Trümmern seines Heers Schutz gesucht hatte. Das Bundesheer, welches des Leosthenes Nachfolger, Antiphilus, führte, siegte zwar bei Melitäa über die macedon. Krieger des Leonnatus, mußte aber die Einschließung Lamias anfgeben und wurde von dem durch Kraterus verstärkten Antipater bei Krannon geschlagen (Anfang Aug. 322); die ↔ verbündeten Staaten unterwarfen sich einzeln, meist unter milden Bedingungen, dem Sieger; nur Athen wurde hart behandelt, mußte seine Verfassung ändern und eine macedon. Besatzung aufnehmen.

Die Verwirrung, welche Alexanders Tod in Asien veranlaßte, und die Verfeindung unter den macedon. Machthabern griff bald auch nach G. herüber. Nach des Reichsverwesers Antipater Tod (319) stritten dessen Sohn Kassander und Antipaters mit der königl. Familie befreundeter polit. Nachfolger Polysperchon um die Herrschaft über G. Kassander machte sich zum Herrn von Athen (318), wo an seiner Stelle Demetrius von Phaleron zehn Jahre unter oligarchischen Formen waltete. Auch in dem übrigen G. behielt Kassander die Oberhand. Er stellte 316 Theben her, gründete an der Stelle des alten Potidäa Kassandria, gewann Argos und die messenischen Städte und erhielt selbst nach einem unglücklichen Kampfe gegen Antigonus, der von Asien aus Polysperchons Partei unterstützte, in dem allgemeinen Frieden zwischen Alexanders Nachfolgern 311 die Herrschaft in Macedonien zuerkannt; doch wurde in demselben die Unabhängigkeit der Griechen von Macedonien ausgesprochen. Freilich hat diese Bestimmung nur wenig Segen über G. gebracht. Während Kassander, der keineswegs die ernsthafte Absicht besaß, auf Hellas zu verzichten, die meisten Städte mit macedon. Truppen besetzt hielt, und der Lagide Ptolemäus, der neue Herr von Ägypten, um Kassander im Schach zu halten, Sikyon und Korinth 308 einnahm, erschien des Antigonus Sohn, Demetrius Poliorketes, als Verkünder der Freiheit 307 zu Athen, vertrieb den Demetrius von Phaleron und empfing als Hersteller der Demokratie die ausschweifendsten Schmeicheleien von seiten der Athener, zugleich aber auch die wahre Herrschaft über sie. Auch Sikyon, Korinth, Megara und mehrere achäische Städte erkannten bald seine Herrschaft an. Seine Rückkehr nach Asien und die unglückliche Schlacht bei Ipsus (301), welche seinen Vater Antigonus das Leben, ihn die meisten asiat. Besitzungen kostete, machte ihm auch die griech. Städte und vor allen Athen abwendig. Schnell wurde zwar der größte Teil des Peloponnes und selbst Athen wiedergewonnen (295), als aber Demetrius 294 nach Kassanders Tode sich des Throns von Macedonien bemächtigt hatte, mußte er, durch den Krieg gegen Lysimachus und Pyrrhus bedrängt (288), es geschehen lassen, daß die Athener unter Anführung des Olympiodor die macedon. Besatzungen in Athen und im Peiraieus verjagten. Seine Truppen wurden besiegt; endlich wurde er selbst von seinem Heere verlassen und (287) genötigt, nach Asien zu entfliehen, wo er 283 als Gefangener des Seleucus starb. Schnell nacheinander bemächtigten sich seitdem Pyrrhus von Epirus, Lysimachus, Seleucus und Ptolemäus Keraunos des macedon. Throns; doch hielt des Demetrius Sohn Antigonus Gonatas einen Teil seiner Besitzungen in G. fest. Der Einfall kelt. Horden unter Brennus 279 brachte den größten Teil der Griechen noch einmal zur Vereinigung, und ihre Siege an den Thermopylen, am Öta und am Parnaß waren der Thaten der Vorfahren nicht unwert. Nachher zeigte 272 einen Rest der alten Kraft noch einmal Sparta in einem Kampfe gegen Pyrrhus von Epirus. Pyrrhus’ Tod (272) sicherte dem Antigonus Gonatas den Thron von Macedonien, die wichtigsten Plätze G.s hielt dieser nach wie vor be-

Anmerkung: Fortgesetzt auf Seite 327.