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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Ionien; Ionier; Ionische Dialekte; Ionische Inseln

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Ionien – Ionische Inseln

Anmerkung: Fortsetzung des Artikels 'Ionicus'

der Fuß I. a minore (˘ ˘ ‗ ‗), im letztern I. a maiore (‗ ‗ ˘ ˘). Bekannt ist die im ionischen Versmaß gedichtete Ode des Horaz (III, 12) «Miserarum est │ neque amori │ » u. s. w. (˘ ˘ ‗ ‗ │ ˘ ˘ ‗ ‗ │).

Ionĭen, s. Ionier.

Ionĭer, ein ausgedehnter Zweig des griech. Volks, der vor der sog. dor. Wanderung hauptsächlich über die Nord- und Ostküste des Peloponnes, über Megaris, Attika und Euböa verbreitet war, aber infolge der dor. Wanderung sich genötigt sah, mit Ausnahme von Attika und Euböa das griech. Festland zu räumen und (nach jetziger Annahme) bald nach der Mitte des 10. Jahrh. v. Chr. über die Inseln des Ägäischen Meers und über die mittlern Teile der Westküste Kleinasiens sich als Auswanderer zu verbreiten. (S. Griechenland, Bd. 8, S. 320b fg.) Nach ihnen ward seitdem der Küstenstrich Kleinasiens vom Flusse Hermos an bis südlich des Mäander, mit Einschluß der Inseln Chios und Samos, Ionien (Ionia) genannt. Eine Art religiöser und polit. Mittelpunkt der großen und blühenden ion. Zwölfstädte bildete das sog. Panionion, ein Heiligtum des Poseidon am Vorgebirge Mykale bei Priene, wo alljährlich das Fest der Panionien gefeiert und auch Beratungen über gemeinsame Angelegenheiten gepflogen wurden. Auch fanden Festversammlungen im Tempel des Apollon auf der Insel Delos statt. Der bedeutende Reichtum, zu welchem die meisten dieser Städte infolge der Fruchtbarkeit des Landes und mehr noch durch ihren ausgedehnten Seehandel, ihre Kolonisationen und ihre Industrie gelangten, weckte die Eroberungslust ihrer Nachbarn. So gelang es (um 560 v. Chr.) dem König Krösus von Lydien die sämtlichen ion. Städte des Festlandes sich zu unterwerfen, und als dann Cyrus diesen König gestürzt und sein Reich erobert hatte (549 v. Chr.), brachte jener mit leichter Mühe bis 540 auch die sämtlichen griech. Städte Kleinasiens und der benachbarten Inseln (außer Samos) in seine Gewalt. Der Versuch, welchen die I. unter Führung des Aristagoras (s. d.) von Milet 500 v. Chr. machten, mit Unterstützung von Athen und Eretria und in Verbindung mit den griech. Städten am Hellespont, in Äolis, in Karien und auf der Insel Kypros das pers. Joch abzuwerfen, mißlang nach anfänglichem kurzem Erfolge infolge Mangels an Ausdauer von seiten der I. Die Städte wurden insgesamt durch die Feldherren des Königs Darius I. wieder unterworfen, 495 v. Chr. nach hartem Widerstande auch Milet, und anfangs hart behandelt und entwaffnet, dann aber gegen Zahlung eines bestimmten Tributs an den Perserkönig ihnen die Verwaltung ihrer innern Angelegenheiten überlassen. Bei Salamis (480 v. Chr.) mußten die I. gegen ihre Stammesgenossen in Hellas fechten. Aber die Niederlagen, die die Perser dort, dann bei Platää, Mykale und am Eurymedon erlitten, brachten den griech. Städten Kleinasiens die Freiheit und veranlaßten sie, sich dem athenischen Seebunde anzuschließen. Nach dessen Auflösung gegen Ende des Peloponnesischen Krieges kamen sie zunächst in die Gewalt der Spartaner, und als deren Seeherrschaft durch die Schlacht von Knidos (394 v. Chr.) gebrochen war, nach kurzer Freiheit in dem sog. Antalcidischen Frieden (386 v. Chr.) wieder an Persien. Nach der Zertrümmerung des Perserreichs durch Alexander d. Gr. teilten sie unter den sog. Diadochen die Schicksale der übrigen Bruchstücke des macedon. ↔ Weltreichs, obgleich Alexander ihnen allen die Wiederherstellung ihrer Freiheit versprochen und zum großen Teile auch gewährt hatte. Doch wurden nach Besiegung des Königs Antiochus d. Gr. von Syrien durch die Römer viele wieder für frei erklärt (189 v. Chr.), und blieben es auch, als 129 v. Chr. die röm. Provinz Asia eingerichtet wurde, soweit sie nicht durch Unbotmäßigkeit die Gunst der Römer verscherzt hatten. Die Mißregierung habgieriger Statthalter, wie die äußern und innern Kriege der ausgehenden Republik brachten für die Städte schwere Prüfungen, aber unter dem Schutz der röm. Kaiser gediehen sie noch einmal zur Blüte. Gegenwärtig sind jene einst so blühenden Städte, mit Ausnahme von Smyrna, Chios und Samos, zu elenden Dörfern herabgesunken.

Ionien ist die Wiege der epischen wie der elegischen Poesie, und ihm gehören die Anfänge der Geschichtschreibung (Logographen) und der Philosophie, sowie der rationellen Medizin (Hippokrates) und anderer Wissenschaften an. Auch auf dem Gebiete der Kunst hatten die ion. Griechen in der ältern Zeit die führende Rolle (s. Griechische Kunst).

Ionische Dialekte, s. Griechische Sprache.

Ionische Inseln, die im Ionischen Meere, an der Westküste von Albanien und Griechenland gelegenen, seit 1864 dem griech. Königreiche einverleibten sieben Inseln mit einem Gesamtflächenraum von 2296, nach Strelbitskij 2349 qkm; davon kommen auf Zakynthos (Zante) 427, auf Kephallenia 664, auf Ithaka 97, auf Leukas (Santa Maura) 285, auf Korfu 712, auf Paxos 19 qkm; dazu gerechnet wird auch das vor der Südspitze des Peloponnes gelegene Kythera (Cerigo) mit 277 qkm. Die Inseln sind mit Gebirgen erfüllt, welche aus Kalken und Schiefern der Kreideformation (auf Korfu auch Jura) bestehen und meist die Streichrichtung von Nordnordwest nach Südsüdost besitzen; daran lagern sich Hügelländer tertiärer Schichten und kleine Schwemmlandebenen. Die höchste Erhebung ist der Elatovuni auf Kephallenia (1620 m). Erdbeben sind besonders auf den mittlern Inseln häufig. Im allgemeinen sind sie fruchtbar, ihr Klima mild, doch leiden sie an Dürre und Wassermangel. Wälder giebt es außer prächtigen Olivenhainen nur noch auf den Bergen Kephallenias. Die hauptsächlichsten Produkte sind: Korinthen (außer auf Korfu und Cerigo), Wein, Öl und Südfrüchte. Der Getreidebau genügt dem Bedarf nicht, die Viehzucht beschränkt sich auf Schafe und Ziegen, Industrie ist kaum vorhanden. Dagegen blühen Handel, Schiffahrt und Fischerei in hervorragendem Maße. Infolge der langen Ruhe unter der venet. Herrschaft und der fürsorglichen Verwaltung der Engländer übertreffen die I. I. an Wohlstand, Gesittung und Bevölkerungsdichte alle andern Teile des Königreichs; mit Fahrstraßen sind sie wohl versehen. Mit dem Festland und dem Ausland sowie unter sich stehen sie durch österr., ital. und griech. Dampferlinien in Verbindung. Die Inseln bilden die drei Nomen (Kreise): Korfu, Kephallenia und Zante mit zusammen (1889) 238783 E.; Cerigo gehört zum Nomos Argolis und Korinthia. Die griech. Gesetze gelten auch hier, mit Ausnahme der privatrechtlichen, für welche ein eigener Civilcodex rechtskräftig geblieben ist. – Vgl. Unger, Wissenschaftliche Ergebnisse einer Reise in Griechenland und in den I. I. (Wien 1862), und Partsch in Petermanns «Ergänzungsheften», Nr. 88, 95 u. 98.

Anmerkung: Fortgesetzt auf Seite 671.