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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Jus curiae - Jus privatum

u. s. w., schlechthin versagt war, eine Ehe zu schließen, so stand denjenigen, auf welche diese Verbote nicht zutrafen, das J. c. zu.

Jus curĭae (lat.), Hofrecht (s. d.).

Jus deliberándi (lat.), s. Überlegungsfrist.

Jus de non appellándo (lat.), Recht der letzten Instanz; im ehemaligen Deutschen Reiche das Vorrecht einzelner Fürsten und zuletzt aller Kurfürsten, selbst höchste Gerichte im Lande zu haben und somit der Berufung an die Reichsgerichte aus ihren Landen zu wehren.

Jus de non evocándo (lat.), das ehemalige Recht deutscher Reichsstände, wonach aus ihren Territorien kein Rechtshandel in erster Instanz vor die Reichsgerichte gebracht werden konnte.

Jus detractus (lat.), s. Abschoß.

Jus devolutiōnis (lat.), Devolutionsrecht.

Jus divīnum (lat.), göttliches Recht.

Jus emĭnens (lat.), das oberste Recht des Staates, in Fällen der Not oder dringender Gefahr oder eines unabweisbaren Bedürfnisses in Privatrechte einzugreifen, überhaupt alles zu thun, was ein zwingendes oder dringendes Interesse der Gesamtheit fordert. – Vgl. Bischof, Das Notrecht der Staatsgewalt (Gießen 1860).

Jus emporĭi (lat.), im Mittelalter das Recht mancher Städte, wonach alle durchgehenden Waren eine gewisse Zeit lang in der Stadt lagern und dort zum Verkauf gestellt werden mußten. Man hatte dafür auch den Ausdruck jus stapulae, Stapelrecht.

Jus episcopāle (lat.), die bischöfl. Gewalt (s. Bischof); in der prot. Kirche Deutschlands die dem Landesherrn, welcher als an die Stelle des Bischofs getreten gedacht wurde, namentlich nach dem sog. Territorialprincip zugeschriebene Kirchengewalt (Jus circa sacra [s. d.] oder Jus supremae inspectionis). (S. Evangelische Kirchenverfassung.)

Jus eúndi in partes (lat., «das Recht, sich in Parteien zu trennen»), die im Westfälischen Friedensvertrag (Art. Ⅴ, §. 9) enthaltene Bestimmung, daß auf dem Reichstage bei der Beschlußfassung über Religionsangelegenheiten nicht die Majorität entscheiden, sondern die kath. und evang. Reichsstände in zwei Teile sich trennen sollten, sodaß ein Beschluß des Reichstags nur zu stande kommen konnte, wenn das Corpus Catholicum und das Corpus Evangelicum (s. d.) sich vereinigten. Das Recht, die Itio in partes (Trennung in Parteien) zu verlangen, stand jeder der beiden Religionsparteien zu, so oft die Majorität ihrer Mitglieder diesen Beschluß faßte. Ob die Angelegenheit die Religion betreffe oder nicht, hatte jedes Corpus für sich nach freiem Ermessen, also nach völliger Willkür zu entscheiden, und es bestand in der Praxis und in der Theorie kein Zweifel, daß das J. e. i. p. nicht nur in Religionssachen, sondern in allen polit. Angelegenheiten ohne Ausnahme ausgeübt werden könnte. Es bot ein bequemes Mittel dar, das Zustandekommen eines Reichstagsbeschlusses zu vereiteln.

Jus ferĕtri (lat.), Bahrrecht, s. Gottesurteil.

Jus Flaviānum (lat.), eine von Cn. Flavius, einem Schreiber des Appius Claudius, 312 v. Chr. veröffentlichte, aber nicht erhaltene Formularsammlung über die alten röm. Klagformeln (legis actiones). Er soll sie dem Claudius entwendet haben. Das wurde von den Patriciern als Verrat am Kollegium der Pontifices, welche ihre Rechtskenntnis als Geheimnis hüteten, angesehen, von den Plebejern aber, welche den Flavius deshalb zum Volkstribunen wählten, als ein Segen für das Volk betrachtet.

Jus gentĭum (lat.), s. Civilrecht und Völkerrecht.

Jus gladĭi (lat.), das Recht über Leben und Tod.

Jus honorarĭum (lat.), s. Prätorisches Recht.

Jus humānum (lat.), menschliches Recht.

Jus imagĭnum (lat.), s. Imagines.

Jus in sacra, s. Jus circa sacra.

Jusjurándum (lat.), Eid (s. d.).

Jus Latĭi, s. Lateiner.

Jus lignandi (lat.), s. Beholzungsrecht.

Jüslik bedeutet im Türkischen Hunderter. Sarrejüslik, d. h. gelber Hunderter, Goldmedschidjeh (Medjidié) sind andere Namen für die türk. Lira (s. d.). Bejas-jüslik, d. h. weißer Hunderter, ist der Name des halben Beschlik (s. d.).

Jus manuarĭum (lat.), Faustrecht (s. d.).

Jus naturāle (lat.), Naturrecht.

Jus offeréndi et succedéndi (lat), Ablösungsrecht, Recht des nachstehenden Pfandgläubigers oder sonstigen dinglich Berechtigten, sich die gekündigte, eingeklagte oder bis in die Zwangsvollstreckungsinstanz gediehene – die verschiedenen Gesetzgebungen weichen voneinander ab – Hypothekforderung eines Vorberechtigten durch dessen Befriedigung zu verschaffen. Die Befriedigung kann nach vergeblichem Angebot auch durch Hinterlegung geschehen. (Vgl. Preuß. Allg. Landr. Ⅰ, 20, §§. 36‒41; Code civil Art. 1251, Nr. 1; Sächs. Bürgerl. Gesetzb. §. 446.)

Jus optiōnis (lat.), das Wahlrecht, wie es bei alternativen Obligationen (s. Alternative) gewöhnlich dem Schuldner, bei Vermächtnissen, welche auf eine oder die andere von zum Nachlaß gehörigen oder auch nur der Gattung nach bestimmten Sachen gestellt sind, dem Vermächtnisnehmer zusteht. In neuern Friedensschlüssen, wie im Frankfurter Frieden (s. d.), ist den Einwohnern des von dem Besiegten an den Sieger abgetretenen Landes das Recht der Option gegeben, daß sie unter Verlegung ihres Wohnsitzes in das dem Besiegten verbliebene Gebiet ihre Nationalität behalten können. Wählen sie dies, so werden sie, falls sie zurückkehren, im heimatlichen Lande als Fremde behandelt.

Jüspāra, türk. Münze, s. Beschlik.

Jus pascéndi (lat.), Weiderecht, Hutrecht.

Jus postliminĭi (lat.), s. Postliminium.

Jus praesentándi (lat.), s. Präsentationsrecht.

Jus primae noctis (lat., «das Recht auf die erste Nacht»), die gegenüber frühern kirchlichen Verboten durch Dispensation erlangte Befugnis des Bräutigams, alsbald nach Eingehung der Ehe die fleischliche Vermischung eintreten zu lassen. In Schottland und einigen Gegenden Frankreichs wurde im Mittelalter von den Gutsherren die Brautnacht der neu vermählten Hörigen in Anspruch genommen, wenn das Recht (droit de culage, de prélibation) nicht durch einen Schürzenzins (Bedemund, s. d.) abgekauft wurde. Eine Anspielung darauf kommt auch in einem deutschen Weistum vor (Grimm, Rechtsaltertümer, S. 384); doch wird behauptet, daß die Ausübung solchen Rechts in Deutschland nicht erweislich sei. – Vgl. K. Schmidt, J. p. n. (Freib. i. Br. 1881); Gierke, Humor im deutschen Recht (2. Aufl., Berl. 1887).

Jus primārum precum oder primariārum precum (lat.), Recht der ersten Bitte (s. Exspektanzen).

Jus privātum (lat.), Privatrecht.