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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Licinio - Liderung

Besonders bekannt ist Gajus Licinius (Calvus) Stolo, der mit Lucius Sextius, seinem Kollegen im Volkstribunat, 366 v. Chr. die wichtigen (Sextisch-)Licinischen Gesetze durchbrachte. Von diesen Gesetzen gebot das eine, künftighin nur Konsuln als oberste ordentliche Magistrate zu wählen, und sicherte die eine Stelle im Konsulat den Plebejern zu; das zweite war ein agrarisches (s. Agrargesetzgebung); das dritte milderte die Schuldenlast der Plebs durch Abschreibung der gezahlten Zinsen vom Kapital und Festsetzung von Terminen für Abzahlung des übrigen; das vierte, nach Livius zuletzt eingebrachte und zuerst durchgegangene ordnete die Wahl von Decemviri sacrorum, unter denen die Hälfte Plebejer sein sollten, an. In neuerer Zeit ist allerdings die Glaubwürdigkeit dieser Gesetzgebung stark angefochten worden. Licinius bekleidete das Konsulat selbst zweimal in den J. 364 und 361; 357 wurde er wegen Übertretung seines eigenen Ackergesetzes zu einer Geldstrafe verurteilt.

Später sind namentlich die Familien der Crassus und Lucullus aus dem Licinischen Geschlecht berühmt geworden. Andern Familien desselben gehören an: Gajus Licinius Macer, der als Volkstribun 73 v. Chr. sich als heftigen Feind der Optimaten zeigte, nach der Verwaltung einer prätorianischen Provinz 66 wegen Erpressungen angeklagt wurde und nach seiner Verurteilung, die Cicero als Prätor aussprach, sich selbst den Tod gab. Licinius schrieb Annalen (s. d.) mit Benutzung urkundlichen Materials, aber mit tendenziöser Färbung im Interesse seines Geschlechts und der Plebejer (die Reste in Peters "Historicorum romanorum fragmenta", Lpz. 1883). Sein Sohn, Gajus Licinius Macer Calvus, geb. 82, Ankläger des Publius Vatinius, den Cicero verteidigte, ein Freund des Catullus, starb früh, ausgezeichnet als Redner und Dichter. Lucius Licinius Murena, 65 Prätor, wurde 63 angeklagt, weil er sich bei der Bewerbung um das Konsulat durch gesetzwidrige Mittel die Stimme verschafft habe, aber auf Ciceros Verteidigung hin freigesprochen, und bekleidete das Konsulat 62 mit Decimus Junius Silanus.

Licinǐo (spr. litschi-), Giovanni Antonio, ital. Maler, s. Pordenone.

Licinǐus, C. Flavius Valerius Licinianus, röm. Kaiser, geboren in Dacien, arbeitete sich als tüchtiger Soldat aus niedrigem Stande empor und wurde in der stürmischen Zeit nach Diocletians Rücktritt durch den Kaiser Galerius zu Carnuntum 11. Nov. 307 n. Chr. zum Augustus für Illyricum ernannt. Nach der Niederwerfung des in Italien herrschenden Maxentius durch den gallischen Kaiser Konstantin d. Gr. (312) erließ der mit des letztern Schwester Constantia verlobte L. zu Anfang des J. 313 zu Mailand im Verein mit Konstantin das berühmte Toleranzedikt zu Gunsten der Christen und besiegte nachher den Kaiser Maximinus Daja. Nunmehr Herr der Osthälfte des Reichs, geriet er 314 mit Konstantin in Krieg und mußte ihm nach Verlust der Schlachten bei Cibalis und bei Adrianopel Illyrien und die Balkanhalbinsel (mit Ausnahme von Thrazien) abtreten. In einem neuen Kriege 323 n. Chr. verlor er die Schlachten bei Adrianopel und bei Chrysopolis, mußte zu Gunsten des Konstantin der Herrschaft entsagen und wurde, wider die eidliche Zusage des Siegers, 325 zu Thessalonich aus dem Wege geräumt. - Vgl. Antoniades, Kaiser L. (Münch. 1884).

Licinǐus, Gajus und Lucius, s. Licinier.

Licitation (lat.), Versteigerung, s. Auktion; Licitánt, der Bieter, Meistbietende bei Versteigerungen; licitieren, versteigern; auch bei Versteigerungen bieten.

Licǐtum (lat., Mehrzahl licita), das Erlaubte; bei Versteigerungen soviel wie Gebot; licito modo, auf erlaubte Weise.

Lick-Sternwarte, die nach ihrem Stifter John Lick, einem reichen Pianoforte- und Orgelfabrikanten in San Francisco, benannte Sternwarte auf dem Mount-Hamilton in Kalifornien, 13 engl. Meilen östlich von San José. Die Lage der Sternwarte, auf dem südlichen plateauartig abgesprengten Gipfel des Berges, ist die denkbar beste für astron. Beobachtungen; das Hauptinstrument der L., ein von Clark gebauter Refraktor von 36 Pariser Zoll Öffnung, wird hinsichtlich der Größe nur von dem Refraktor von 40 Zoll Öffnung übertroffen, der 1893 in Chicago aufgestellt worden ist. Direktor der L. ist Edward Singleton Holden (s. d.).

Licmetis, Papageienart, s. Nasenkakadus.

Licus, der lat. Name des Flußes Lech (s. d.).

Lid, Augenlid, s. Auge (Bd. 2, S. 106a).

Lida. 1) Kreis im südl. Teil des russ. Gouvernements Wilna, hat 5615,8 qkm, 172010 E. (meist Litauer); Getreide-, Flachsbau, Brennerei, Gerberei und Holzhandel. - 2) Kreisstadt im Kreis L., an der L. und an der Linie Wilna-Rowno der Poljessjebahnen, hat (1893) 7490 E., darunter 60 Proz. Israeliten; 1 russ., 1 kath. Kirche, 1 Synagoge, 3 israel. Bethäuser, Ruinen alter Bauten. L. wurde 18. Okt. 1891 durch einen großen Brand verheert.

Liddel, Nebenfluß des Esk, in der schott. Grafschaft Roxburgh, entspringt in den Cheviot-Hills und mündet oberhalb Longtown.

Lidentzündung (Blepharitis), die Entzündung der Augenlider, hat ihren Sitz entweder in der äußern Lidhaut oder häufiger in den Haarbalgdrüsen des Lidrandes (Blepharitis ciliaris, Blepharitis adenitis) und giebt sich durch entzündliche Röte des Augenlidrandes, brennende oder juckende Empfindung und durch vermehrte Absonderung von Schleim und Augenbutter, häufig auch durch Bildung von kleinen Schüppchen, Krusten und Borken zu erkennen. Das Leiden entsteht entweder durch Zugluft, Staub, Rauch, Arbeiten beim Feuer u. s. w., oder es liegt ihm ein Allgemeinleiden zu Grunde, insbesondere Blutarmut, Bleichsucht und Skrofulose. Der Verlauf ist meist ein chronischer; die Behandlung erfordert außer der gehörigen Schonung und sorgfältigen Reinigung des Auges das Erweichen der Krusten und Schüppchen durch milde Salben oder schleimige Augenwässer, häufig auch das Ausziehen der erkrankten Augenwimpern. Wenn die L. auf einem Allgemeinleiden (Skrofulose u. a.) beruht, so muß dieses angemessen bekämpft werden.

Liderung, im Maschinenwesen, s. Dichtung. Bei Hinterladern ist L. die Vorrichtung, das Durchschlagen der brennenden Pulvergase durch die Fuge zwischen dem Rohre und dem Verschluß zu verhindern. Die ersten, nach Erfindung des Schießpulvers auftauchenden Geschütze waren Hinterlader; das Hinterladungsprincip wurde jedoch aus Mangel einer guten L. bald wieder verlassen. Erst im 19. Jahrh. gelang es, sichere Mittel zum Lidern herzustellen, und erst hiermit war eine allgemeine Einführung von Hinterladern ermöglicht. Diese Vorrichtungen sind entweder am Rohre, oder am Ver-^[folgende Seite]