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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Lykurgos – Lymphdrüsen

Lykurgos, Sohn des Dryas oder Ares, König der Edonen in Thrazien. Als Dionysos mit seinen Ammen, den Nymphen, im Waldgebirge Nysa herumtobt, vertreibt sie L. mit geschwungener Geißel. Angstvoll fliehen die Mainaden, Dionysos aber rettet sich durch einen Sprung in das Meer, wo er von Thetis aufgenommen wird. L. wird deshalb von den Göttern geblendet und stirbt bald darauf. Nach andern Sagen wird er wahnsinnig und tötet in dem Glauben, einen Weinstock vor sich zu haben, mit dem Beile seinen eigenen Sohn, oder er haut sich selbst einen Fuß (oder beide) ab, oder er wird von der Mainade Ambrosia, die in eine Weinrebe verwandelt ist, unlösbar umschlungen, oder von wilden Pferden (oder Panthern) zerrissen. – L., König in Nemea, s. Hypsipyle.

Lykurgus, Gesetzgeber der Spartaner, dessen Zeit wahrscheinlich in das letzte Drittel des 9. Jahrh. v. Chr. fällt und dessen Person noch sehr von Sagen umwoben ist. Er war nach der ältern Überlieferung der Sohn des Königs Agis aus der Dynastie der Agiden, führte die Regierung einige Zeit als Vormund des unmündigen Königs Labotas, seines Neffen, und wurde durch eine Gegenpartei nach Kreta auszuwandern veranlaßt. Nach seiner Heimkehr gab er den Spartiaten unter der Sanktion des delphischen Orakels Gesetze und eine Verfassung. Nachdem L. die Könige, den Rat und die Bürger einen feierlichen Eid hatte schwören lassen, daß sie während seiner Abwesenheit nichts an den eingeführten Gesetzen und Einrichtungen ändern wollten, verließ er die Stadt und kehrte nie wieder zurück, sondern machte seinem Leben durch freiwilligen Hungertod ein Ende. Aus der Thatsache, daß seine dankbaren Mitbürger ihm ein Heiligtum errichteten und noch Jahrhunderte später jährlich Opfer darbrachten, haben manche neuere Gelehrte geschlossen, daß L. gar keine histor. Persönlichkeit gewesen, sondern mit einem arkad. Heros dieses Namens identisch sei. Diese Zweifel gehen zu weit; die Gesetzgebung verlangt einen Gesetzgeber, nur kann man nicht mehr bestimmen, was von den Gesetzen und Verfassungseinrichtungen, die man später auf L. zurückführte, wirklich L. gehört. L. ist wie Solon der Gesetzgeber schlechthin geworden. So lassen sich die Lykurgischen Gesetze wie die Lykurgische Verfassung nur im Rahmen der spartanischen (s. Sparta) betrachten. Mit Wahrscheinlichkeit weist man dagegen L. zu die Teilung des zu seiner Zeit vorhandenen spartan. Gebietes in 4500 (nach andern 6000 oder 9000) unteilbare und unveräußerliche Ackergüter mit einem Normalertrag von 82 Medimnen (60,68 hl) Gerste und dem entsprechenden Quantum Öl und Wein. – Vgl. außer der Biographie des L. von Plutarch und den Werken über griech. Geschichte: Gilbert, Studien zur altspartan. Geschichte (Gött. 1872); Winicker, Der Stand der Lykurgischen Frage (Programm, Graudenz 1884); Bazin, De Lycurgo (Par. 1885); Ed. Meyer, Forschungen zur alten Geschichte, I. (Halle 1892).

Lykurgus, athenischer Staatsmann und Redner aus dem Geschlecht der Eteobutaden, war nach 396 v. Chr. in Athen geboren. Vorgebildet durch rhetorische und philos. Studien unter Leitung des Isokrates und Platon, widmete er sich mit glühender Vaterlandsliebe dem Dienste des Staates und gehörte später zu den angesehensten Vertretern der antimacedon. Partei. Im Jahre der Schlacht bei Chäronea (338) trat er als Vorsteher der öffentlichen ↔ Einkünfte an die Spitze der athenischen Finanzverwaltung und verwaltete das Amt während dreier Finanzperioden (12 Jahre lang) mit ausgezeichnetem Erfolg. Zugleich förderte er durch bedeutende Bauunternehmungen (Theater, Stadion, Seearsenal, Schiffshäuser) die Sicherheit und den Glanz seiner Vaterstadt. Er starb um 325. Von seinen 15 Reden, welche man im Altertum von ihm besaß, ist nur eine (gegen Leokrates wegen Vaterlandsverrat, gehalten 330) erhalten; sie zeigt einen tief-sittlichen Ernst der Gedanken, aber einen gewissen Mangel an Glätte und Anmut des Ausdrucks. Sie ist, außer in den Gesamtausgaben der griech. Redner, häufig herausgegeben, unter andern von Rehdantz (Lpz. 1876), Thalheim (Berl. 1880). – Vgl. Blaß, Die attische Beredsamkeit, Bd. 3,2 (Lpz. 1880); Dürrbach, L’operateur Lycurgue (Par. 1890).

Lyly oder Lilly, John, engl. Dichter, geb. 1554 in Kent, studierte zu Oxford und lebte als Schriftsteller in London, wo er um 1606 starb. Am bekanntesten ist sein Roman «Euphues, the anatomy of wit» (1578) mit der Fortsetzung «Euphues and his England» (1581). L. führte darin eine gekünstelte, gezierte und pedantische Sprache ein, die den Beifall der vornehmen Welt fand, obwohl dieser sog. Euphuismus den Spott der dramat. Dichter, auch Shakespeares (Holofernes in «Love’s labour’s lost») u. a. herausforderte. Außerdem giebt es von L. neun Schauspiele, die sämtlich von den Chorknaben der St. Paulskirche vor der Königin aufgeführt wurden. Die Dramen (sechs druckte Blount 1632) gab sämtlich neu heraus Fairholt (2 Bde., Lond. 1858), teilweise verdeutschte sie Bodenstedt, «Shakespeares Zeitgenossen. III.» (Berl. 1860); neue Ausgabe des «Euphues» (beide Teile) von Arber (Lond. 1868) und von Landmann (Heilbr.1887).

Lyme-Regis (spr. leim rihdschis), Stadt in der engl. Grafschaft Dorset, am Kanal, westlich von Dorchester, ist auf der Landseite von Höhen umgeben, hat (1891) 2365 E., eine Sternwarte und beträchtliche Fischerei.

Lymexylon, Käfer, s. Holzfresser.

Lymfjord, Meerenge, s. Limfjord.

Lymington (spr. limmingt’n), Municipalborough in der engl. Grafschaft Hampshire, östlich von Christchurch, gegenüber von Yarmouth auf Wight, an der Mündung des Lym in den Solent, hat (1891) 4551 E. und Schiffbau, besonders von Jachten.

Lymm, Stadt in der engl. Grafschaft Chester, im SW. von Altrincham, an dem zum Mersey führenden Kanal, hat (1891) 4995 E.

Lymphadenitis(grch.), Lymphdrüsenentzündung.

Lymphadenom (grch.), Lymphdrüsengeschwulst.

Lymphämie (grch.), lymphatische Leukämie (s. d.).

Lymphangiëktasie (grch.), die krankhafte Erweiterung der Lymphgefäße.

Lymphangiom (grch.), s. Angiom.

Lymphangitis (grch.), s. Lymphe.

Lymphatisch (lat.) nennt man diejenige Konstitution, die sich durch Überwiegen des Lymphgefäßsystems auszeichnet und durch schlaffes, schwammiges Aussehen, blasse, gedunsene Haut, trägen Puls und Atem und geringe Widerstandsfähigkeit gegen entzündungserregende Schädlichkeiten zu erkennen giebt.

Lymphdrüsen (Glandulae lymphaticae), plattrundliche, linsen- bis haselnußgroße Organe, die an den verschiedensten Stellen des Körpers in das Lymphgefäßsystem (s. Lymphe) eingeschaltet sind

Anmerkung: Fortgesetzt auf Seite 417.