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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Moldau

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Moldau (Fürstentum)

nach Norden. Die M. nimmt die Malsch, Luschnitz, Wottawa, Sazawa, Beraun und andere kleinere Flüsse auf und fällt, nachdem sie Rosenberg (527 m), Krumau (509 m), Budweis (384 m), Moldautein (356 m) und Prag (187 m) berührt hat, Melnik gegenüber in die Elbe. Sie ist 425 km lang und bewirkt durch ihren Wasserzuschuß die Schiffbarkeit der Elbe. Die Breite beträgt bei Hohenfurth 45 m, bei Budweis 30 m, bei Prag 270 m, bei Melnik 136 m, ihre Tiefe wechselt zwischen 0,6 bis 2,3 m. Das Gefälle beträgt durchschnittlich 2,4 m per Kilometer, die Geschwindigkeit 0,75 m. Bei Hohenfurth beginnt die Flößbarkeit, bei Budweis die Schiffbarkeit. Dampfer verkehren von Prag abwärts. Die Regulierungsarbeiten werden fortwährend unterhalten, doch geht der Verkehr seit 1884 zurück. In Prag kamen 1891 zu Thal 2632 Fahrzeuge an, 1585 gingen ab; zu Berg gingen 877 Fahrzeuge ab. Die wichtigsten Waren, welche in der Thalfahrt ankamen, sind Bauholz (327180 Festmeter), Brennholz (61879 Raummeter), Sägewaren (870063 Stück), Getreide 1037 t, andere Waren 835 t. Zu Thal gingen ab 286960 Festmeter Bauholz, 20420 Raummeter Brennholz, 580063 Stück Sägewaren; zu Berg 209 t Mineralkohlen und 75 t andere Waren.

Moldau, das nördl. der beiden unter dem Namen Rumänien (s. d.) vereinigten Donaufürstentümer (s. d.) und Walachei), lehnt sich mit seiner westl. Seite an die Karpaten, die sie von Österreich scheiden, grenzt im N. und O. an den Pruth und Rußland, im SO. an die Donau und Dobrudscha, im S. an den Sereth und die Walachei und zählt auf 38000 qkm etwa 2 Mill. E.

Das Fürstentum M. (rum. Moldava; lat. Moldavia; türk. Kara-Bogdan), nach dem Fluß Moldava genannt, bestand als eigener Staat vom 14. Jahrh. bis 1859. Die M. entstand später als die Walachei, um 1350, wo Bogdan (in der Sage Dragosch), ein Wojwoda der Rumänen in der Marmarosch an der obern Theiß, von dem Lande Besitz ergriff. Die nominelle ungar. Oberhoheit, um deren Befestigung sich König Sigismund und später König Matthias Corvinus vergeblich bemühten, war frühzeitig dem poln. Einfluß gewichen; schon Fürst Peter huldigte 1387 in Lemberg dem König Wladislaw Ⅱ. Die M. umfaßte die Bukowina und ganz Bessarabien samt der Pontusküste. Der Wojwoda (der im Ausland gebrauchte Name Hospodar war nicht landesüblich) residierte in Suceava, später in Jassy. Landeswappen war ein Auerochsenkopf. Die regierende Klasse war der Adel der Bojaren, in der M. zahlreicher und ärmer als in der Walachei. Die Türken, welche die Walachei bald unter ihre Hoheit gebracht hatten, kamen mit der M. erst später in Berührung. Fürst Stephan der Große (1457‒1504) schlug ein türk. Heer 1475 bei Racova, worauf 1476 Sultan Mohammed Ⅱ. bis Suceava vordrang, ohne aber das Land unterwerfen zu können, das sich auch Bajazets Ⅱ. siegreich erwehrte. Unter Stephans Sohn Bogdan wurde die M. 1511 dem Sultan Selim Ⅰ. zinsbar, und dies Verhältnis wurde unter Fürst Peter Raresch 1529 durch eine neue Vereinbarung mit Suleiman Ⅱ. befestigt. Derselbe Sultan vertrieb 1538 den Fürsten Peter und errichtete im Küstengebiet der M. in Akjerman und Kilia eine eigene türk. Provinz; die Errichtung türk. Festungen in Bender und Cbotin kettete das Land noch mehr an die Pforte. Die Fürsten, seit dem Aussterben der alten Dynastie im 16. Jahrh. von den Bojaren aus deren Mitte gewählt und von der Pforte bestätigt, durften ein kleines Heer, aber ohne Geschütz, unterhalten und mußten wie die der Walachei im Kriege ein Reiterkontingent stellen; das Land war außer dem Tribut zu großen Naturallieferungen an die türk. Festungen und an Konstantinopel verpflichtet. Fortwährende Thronstreitigkeiten zerrissen das Land, 1546‒1634 folgten 17, 1653‒85 aber 12 Fürsten auf dem Thron; den einzigen Lichtpunkt in dieser Zeit bildet die 19jährige Regierungszeit Basilius des Albanesen 1634‒53. Bei dem Feldzug Peters d. Gr. 1711 durch die M. zur Donau wollte Fürst Demeter Kantemir die Fürstenwürde in seiner Familie erblich machen, mußte aber nach der Niederlage der Russen am Pruth mit ihnen fliehen. Darauf wurden 1712‒1821 beide Donaufürstentümer von griech. Fürsten aus dem Fanar von Konstantinopel verwaltet, welche rasch wechselten und mit ihren Beamten das Land aussogen. In diese Zeit fallen die Kriege Rußlands und Österreichs mit der Türkei, deren Schauplatz größtenteils die M. und die Walachei bildeten. 1768‒74 waren die Fürstentümer von den Russen besetzt, worauf Österreich 1774 die bis dahin moldauische Bukowina dauernd in Besitz nahm, während Rußland in dem Frieden zu Küčük-Kainardža (1774) ein Protektorat über die Christen in den Donaufürstentümern erhielt, das ihm Gelegenheit zu fortwährenden Einmischungen gab. Nach einer neuen russ. Occupation 1788‒92 wurde die Pforte veranlaßt, durch den Hatt-i-Humajun von 1802 die Dauer der Fürstenwürde in beiden Ländern auf sieben Jahre festzustellen. Eine vorzeitige Absetzung der Fürsten gab Anlaß zu einer neuen russ. Occupation im Kriege 1806‒12. Im Frieden von Bukarest 1812 wurde ganz Bessarabien, bisher teils zur M. gehörig, teils türk. Festungsgebiet oder Steppe tatar. Nomaden, bis zum Pruth von der Pforte an Rußland abgetreten. Der Aufstand der griech. Hetärie in den Donaufürstentümern 1821 und die Niederwerfung desselben durch osman. Truppen brachte dem Lande großen Schaden, machte aber der Herrschaft der Fanarioten ein Ende; fortan wurden wieder einheimische Bojaren zu Fürsten ernannt, in der M. 1822 Joh. Sturdza. Nach einer neuen russ. Occupation 1828‒29 wurde im Frieden von Adrianopel bestimmt, daß die Fürsten auf Lebenszeit von den Bojarenlandtagen frei gewählt werden, die Fürstentümer aber, bei Belastung des tributären Verhältnisses zur Pforte, unter russ. Schutz gestellt werden sollten. Bis 1834 verwaltete sie der russ. Generallieutenant Graf Paul Kisselew. Ein aus den Diwans (Senaten) beider Länder zusammengesetztes Komitee arbeitete 1830 unter dem Vorsitz des russ. Generalkonsuls Mintschaki das «Organische Reglement» aus, das nur dazu dienen sollte, die M. und die Walachei für die endliche Einverleibung in Rußland vorzubereiten. Die Fürsten dieser Zeit waren in Wirklichkeit nur russ. Statthalter. Daher zeigte sich in der M. unter dem Fürsten Michael Sturdza (1834‒48) bald Unzufriedenheit gegen das Reglement und die russ. Schutzherrschaft. Dies führte 1848‒51 zu einer abermaligen russ. Besetzung der Fürstentümer. Die Regierung des Fürsten Gregor Ghika, der durch den Vertrag von Balta-Limani 1849 eingesetzt wurde, war kurz. Es folgte der Krimkrieg mit einer siebenten russ. (1853‒54) und einer österr. (1854‒57) Occupation. Während dieser ganzen Zeit, seit 1848, hatte man im Lande darauf hin-^[folgende Seite]