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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Nabonid - Nachbaur
Angabe Herodots, daß N. alle Monumente seiner
Vorganger habe zerstören lassen, wird durch die
Überreste der Keilschristlitteratur widerlegt. Die
nach ihm benannte Ära (s. d., Bd. 1, S. 780 a) wurde
in Babylonien selbst nicht gebraucht; dort wurde
nach den Jahren der regierenden Könige gerechnet.
Nabonid, Nabönnidos, auch Labynetos
(griech. Form des babylon. Nabünä'id), neu-
babylon. König (555 - 538 v. Chr.), nach dessen
Tode das babylon. Weltreich an die Perser fiel, war
nicht aus königl. Geblüt; wahrscheinlich war er an
der Ermordung seines Vorgängers Labarosoarchos
beteiligt gewesen. Von seinen polit. Unterneh-
mungen ist aus den Keilinschriften noch nichts be-
kannt. Diese (die sog. Annalen N.s) berichten nur
von seinen Kanal- und Tempelbauten in Babel, Ur,
Sippar und Charran, und ihre Berichte sind inso-
fern von hervorragender Wichtigkeit, als sich darin
chronol. Angaben über verschiedene altbabylon. Re-
genten finden. Die zahlreichen, aus N.s Regierungs-
zeit datierten Kontrakte sind gesammelt von Straß-
maier, Inschriften von Nabonidus (4 Hefte, Lpz.
1887-89). über N.s Vauinschriften im allgemeinen
vgl. Bezold in den "ki-ocesäin^F" der socist^ ok
Lidlical ^reksLolo^ (Jan. 1889).
Nabopolasfar, biblische Form des babylon.
Nabüpalusur ("der Gott Nebo beschütze den
Sohn"), babylon. König (625 - 605 v. Chr.), von
Geburt ein Chaldäer, Begründer des sog. neubabv-
lonischen Reichs, zerstörte nach den griech. Schrift-
stellern im Verein mit Kyaxares Ninive (606?). N.
trug viel zur Verschönerung Babylons, auch zur
Kanalisationsanlage bei.
Nabothseier, s. Gebärmutter.
Nabuchodonöfor, griech. Form von Nebu-
kadnezar (s. d.).
Nabulus, das Sichem (s. d.) der Bibel, später
dem Kaiser Flavius Vespanianus zu Ehren Fla-
via Neapolis, auch bloß Neapolis ("Neu-
stadt") genannt, Stadt in Palästina, 56 km nördlich
von Jerusalem in einem quellenreichen, 90 m brei-
ten Thal Mischen dem Dschebel et-Tor (Garizim
868 m) im S. und dem Dschebel es-Suleimije
(Ebal 938 m) im N., gerade auf der Wasserscheide
(572 m) zwischen dem Mittelmeer und dem Jordan.
Der Ort hat etwa 16000 E., darunter 600 Christen,
meist Griechen, einige Katholiken und Protestanten,
200 Juden und 130 Samaritaner oder Samariter.
Die Häuser sind aus Stein gebaut und zum Teil
ansehnlich, die Bazare gut eingerichtet und ziemlich
lebhast. N. treibt lebhaften Handel mit Seife, die
in 22 Siedereien aus Olivenöl bereitet wird, mit
Getreide, Wolle und Baumwolle, auch mit Vieh
nach Jaffa und dem Ostjordanlande. Die fruchtbare
Umgebung liefert vortrefflichen Weizen ("Hand
Gottes"); das Klima ist mild. Noch im vorigen
Jahrhundert war N. und Umgegend unter ein-
geborenen Häuptlingen so gut wie unabhängig.
Erst Ibrahim Pascha von Ägypten hat 1834 ihre
Macht gebrochen. N. hat jetzt türk. Besatzung. Der
Iakobsbrunnen (Evang. Joh. 4, 5 fg.), 2 km
südöstlich von der Stadt, unter den Trümmern einer
alten Kirche gelegen, ist eine cylindcrförmige Cisterne,
gegenwärtig stark verschüttet, jedoch noch 23 m tief,
ohne Wasser. Einige hundert Schritt nördlich von
ihm zeigt man Josephs Grab, einen kleinen, aber
festen^ Bau mit einem Dach.
X2.0, Natsch (ind., "Tanz"), s. Bajaderen.
Naeahuita, s. Anacahuiteholz.
Nachahmung, rechtlich eine Handlung nach
dem Muster einer fremden Handlung oder die Dar-
stellung eines Gegenstandes nach einem Vorbild
oder der Darstellung desselben Gegenstandes durch
einen andern. Die 35. ist unerlaubt, verpflichtet zum
Schadenersatz und wird bestraft, wenn das Original
gesetzlich geschützt ist, wie beim Erfinderpatent
(s.Patent), Gebrauchsmuster (s.d.), Geschmacksmuster
(s. Musterschutz), dem Warenzeichen (s. Markenschutz)
und wie der Nachdruck (s. d.), die Nachbildung und
die unbefugte Aufführung beim Urheberrecht (s.d.).
In der Musik ist N. (Imitation) die Wiederholung
und kunstvolle Umbildung der einzelnen Motive.
Mittel der N. sind die Wiederholung aus anderer
Tonstufe, die Wiederholung in Gegenbewegung,
die Verlängerung und die Verkürzung des Motivs.
Nachbarlosung, s. Losung (juristisch).
Nachbarrecht, der Inbegriff der Rechtsgrund-
sätze, welche sich auf das Verhältnis der benachbarten
Grundeigentümer beziehen. Hierher gehören die Be-
stimmungen über Grenze (s. d.) und Notweg (s. d.).
Ferner die Vorschriften, wonach der Nachbar die ge-
meinüblichen Einwirkungen, die sich von einem
Grundstück auf das andere erstrecken, dulden muß, wie
Zusendungen von Rauch, Dampf, Staub, Wärme,
Erschütterungen u. s. w., wenn sie nicht das orts-
übliche Maß überschreiten; ebenso den natürlichen
Wasserabfluß (abweichend die preuh. Vorschriften
über Vorflut, f. d.). Der Nachbar darf nicht so tief
und fo nahe der Grenze graben, daß er dem
Gebäude des andern fchadet. Grenzeinrichtungen
(Mauern, Gräben, Hecken, Planken) sind gemein-
schaftlich zu erbalten. Oft werden Merkmale auf-
gestellt (Anbringung der Pfosten bei Planken, der
Nischen bei Mauern), welche das Eigentum des
einen Nachbarn beweisen sollen (Preuß. AUg.
Landr. I, 8, §§. 121,154,156,162-, Ooäk civil Art.
666, 670; Sächs. Bürgert. Gesetzb. §. 366). Bei
Pflanzenanlagen wird bestimmt, wie weit das Hin-
überreichen der Zweige (15 Fuß über der Erde) ge-
duldet werden muß, die Teilung der Früchte des
Grenzbaumes, das Recht zum Abholen übergefalle-
ner Früchte, sofern sie nicht als Früchte des Nach-
bargrundstücks gelten (Bürgert. Gesetzbuch für das
Deutsche Reich §. 911). (S. auch Legalservituten.)
Nachbarschaftsgilden, engl. NeiZKdourliooä
Auilds, in den Verewigten Staaten von Amerika
und in England Vereinigungen, die den Zweck haben,
einenAusgleich der socialen Gegensätze vorzubereiten
und namentlich die untern Stände auf eine höhere
Stufe der menschlichen Gesellschaft zu heben. Ihr
Wesen besteht darin, daß die Arbeiterfamilien einer
oder mehrerer Straßen einer Stadt eine Reihe von
Vereinigungen (jede nicht größer als etwa 100 Fa-
milien, die in nächster Nachbarschaft wohnen) bil-
den und dazu gebracht werden, von innen heraus,
durch eigene materielle und geistige Mittel einzeln
oder im Verein mit benachbarten Vereinigungen
Reformen im Hauswesen, in der Erziehung, im
Gewerbe, in der Art der Erholung und in der
Sorge für die Zukunft hervorzubringen. Reli-
gion und Politik bleiben dabei gänzlich ausge-
schlossen. Die ersten N. entstanden 1837 in den
Arbeitervierteln Amerikas (Neuyork, Vrooklyn,
Philadelphia) und wurden 1889 auch nach London
übertragen. - Vgl. Coit. ^eiZiidourliooli ßuiläg
(Lond. 1891 u. ö.; deutsch Verl. 1893).
Nachbaur, Franz, Opernsänger, geb. 25. März
1835 zu Schloß Gießen am Bodensee, besuchte das