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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Niesekraut; Niesen; Niesky; Nießbrauch

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Niesekraut – Nießbrauch

«Erzählungen für das Volk» (Hamb. 1890), «Bilder und Skizzen aus Amerika» (Bresl. 1891), «Aus dän. Zeit. Bilder und Skizzen» (Lpz. 1892‒94), «Eine von den Jüngsten» (1. bis 3. Aufl., ebd. 1894), «Die Allerjüngste» (ebd. 1895), «Licht und Schatten» (ebd. 1895), «Erika» (Bielef. 1896), «Geschichten aus Holstein» (Lpz. 1896).

Niesekraut, s. Achillea.

Niesen (Sternutatio), das nach vorhergehendem Tiefeinatmen erfolgende gewaltsame und schnelle Ausstoßen der Luft durch die Nase allein oder teilweise mit durch den Mund mittels einer plötzlichen Zusammenziehung der Ausatmungsmuskeln des Bauchs und der Brust. Diese rasche, meist unwillkürliche, krampfartige Ausatmung beruht auf einer Reflexwirkung (s. Reflexbewegungen) durch den Nasociliarast des fünften Gehirnnerven, welcher die Nasenschleimhaut mit Empfindungsfasern versieht. (S. Nase.) Zur Hervorrufung des Nieskitzels dient jede Reizung der Nasenschleimhaut: unmittelbar durch fremde, in die Nasenhöhle gebrachte Körper oder beim Katarrh durch angehäuften starken Schleim und Thränenfeuchtigkeit; mittelbar durch Reizung der Augennasennerven beim Sehen in die Sonne oder auf sympathischem Wege bei Reizungen der Unterleibsnerven. Durch Erregung sensibler Nerven (Reiben der Nase) läßt sich das N. bisweilen unterdrücken. Eine eigenartige krampfhafte Reflexerregung ist der Nieskrampf, welcher sich bisweilen bei nervösen und hysterischen Personen einstellt und in einem lange fortdauernden heftigen N. besteht. Man benutzt das N. zuweilen als Heilmittel, z. B. bei Kopfschmerz, Benommenheit des Gehirns, oder um die Schleimhaut der Nase oder anderer nahe liegender Organe in erhöhte Thätigkeit zu versetzen, oder um eine heftige Erschütterung der Respirationsorgane, z. B. bei Scheintod, zu erzielen. In diesen Fällen wendet man entweder unmittelbare mechan. Reizung der Nasenschleimhaut (z. B. mittels Federposen) oder die Niesmittel (Sternutatoria) an, zu denen Tabak, Haselwurz, florentin. Violwurzel, Betonienwurzel, Nieswurz u. s. w. gehören und welche, fein gepulvert und auf die Nasenschleimhaut gebracht, diese teils mechanisch, teils chemisch reizen und Nieskitzel der Nase erregen.

Das N. spielt im Volksglauben vieler Völker eine Rolle. Man glaubte, wie noch heute manche Wilde thun, daß beim N. den Menschen ein Geist verlasse. Wahrsager und Zauberer der Sulus beten daher beim N., da der dem Menschen entfahrene Geist gegenwärtig ist. Die Alten, wie die meisten Kulturvölker der Gegenwart, wünschten sich beim N. Gesundheit oder Gottes Hilfe, die Araber grüßen beim N. Nach deutschem Aberglauben bedeutet N. beim Anziehen der Schuhe Unglück, beim Erzählen bekräftigt es die Wahrheit des Erzählten. Wer nüchtern niest, erfährt etwas Neues.

Niesen, Berg des Berner Oberlandes, in der Simmengruppe der Freiburger Alpen, erhebt sich als regelmäßige Pyramide, südlich von Thun zu 2366 m Höhe. Die Niesenkette, ein scharfer Grat, der vom Wildstrubel (3253 m) sich nördlich abzweigend die Thäler der Kander und der Simme scheidet, besteht aus Flysch, der bei Wimmis auch als Dachschiefer ausgebeutet wird, in der Höhe als dunkelgrauer Kalksandstein erscheint. Über dem meist beweideten Kamme erheben sich steile Felskegel, wie der Hohniesen (2456 m), die Männlifluh (2662 m), das Gsür (2711 m) und das Albristhorn (2764 m).

Niesky, Kolonie der evang. Brüdergemeine im Kreis Rothenburg des preuß. Reg.-Bez. Liegnitz, an der Linie Falkenberg-Kohlfurt der Preuß. Staatsbahnen, Sitz eines Amtsgerichts (Landgericht Görlitz) und Steueramtes, hat (1890) 1486 E., darunter 825 Mitglieder der Brüdergemeine, Post zweiter Klasse, Telegraph, Missions-Bildungsschule, Pädagogium, Schullehrerseminar, Erziehungsanstalten für Knaben und für Mädchen und in der Nähe das Diakonissenhaus Emmaus. N. wurde 1742 von böhm. Emigranten, die sich an die Brüdergemeine zu Herrnhut anschlossen, gegründet.

Nießbrauch (lat. ususfructus), dingliches, sofern die Vererbung nicht bestimmt ist, auf die Lebenszeit des Berechtigten beschränktes Recht (persönliche Dienstbarkeit) zur Ziehung aller Nutzungen. Der N. jurist. Personen erlischt nach Gemeinem Recht und dem Sächs. Bürgerl. Gesetzb. §. 656 nach Ablauf von 100 Jahren, nach Code civil Art. 619 nach 30 Jahren, nach Preuß. Allg. Landr. Ⅰ, 21, §. 179, Österr. Bürgerl. Gesetzb. §. 529 und dem Bürgerl. Gesetzbuch für das Deutsche Reich §. 1061 mit der Existenz der jurist. Person; der vermachte N. nach Preuß. Allg. Landr. Ⅰ, 12, §. 423, wenn nicht anders bestimmt ist, nach 50 Jahren. Die Nutzungen bestehen in dem Gebrauche und denjenigen abgetrennten Bestandteilen der Sache, welche unter den Begriff der Früchte fallen (Erzeugnisse und sonstige Ausbeute). Zu den letztern treten die sogenannten jurist. Früchte, welche die Sache vermöge eines Rechtsverhältnisses gewährt, insbesondere Miet- und Pachtgelder. Der Nießbraucher ist zu der Inhabung der Sache berechtigt, gewinnt an den Früchten Eigentum, ist dagegen aber auch verpflichtet, mit der Sache bei Ausübung seines Rechts sorglich und schonend zu verfahren.

Die Bestellung des N. pflegte ursprünglich im röm. Recht überwiegend durch Testament zu geschehen und zwar zu Versorgungszwecken, insbesondere zur Versorgung des derzeit nicht erbberechtigten überlebenden Ehegatten. Später hat im Familiengüterrecht vielfach das Gesetz den N., und zwar am ganzen Vermögen, dem Ehemann an dem Vermögen der Frau, dem Vater an dem Vermögen des Hauskindes überwiesen. Bei Unterstellung eines ganzen Vermögens gewinnt der N. eine besondere Gestalt als N. an verbrauchbaren Sachen (quasi-ususfructus) und als N. an Rechten. Verbrauchbare Sachen werden Eigentum des Nießbrauchers unter dessen Verbindlichkeit, bei Beendigung seines Rechts ebensoviel zurückzugeben. Rechte als Gegenstand des N. gewähren je nach Art ihres Inhalts entweder unmittelbare Nutzungen (Gebrauchsbefugnisse, Renten, Zinsen u. s. w.) oder sie führen durch ihre Realisierung zu der Erlangung des eigentlichen Nießbrauchsgegenstandes, insbesondere alle nicht auf Zinsen ausstehende Forderungsrechte. Bei Rechten auf wiederholentliche Leistungen, z. B. bei Leibrenten, werden dem Nießbraucher die einzelnen Leistungen zugesprochen. Der Gesichtspunkt der Kapitalerhaltung mit Unterscheidung von Amortisations- und Rentenbetrag wird nicht durchgeführt.

Die Grundsätze über N. finden aushilfsweise Anwendung bei allen Verhältnissen, in welchen ein zeitliches Zwischeneigentum stattfindet und das Recht des Nachfolgers gewahrt werden soll, so bei dem Verhältnisse des Fideïkommißbesitzers, des Vorerben